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Knochenerbe

Knochenerbe

Titel: Knochenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Zeitlupentempo. Was danach kam, spielte sich so schnell ab, dass ich es hinterher nicht wieder abspulen konnte.
     

     
    An diesem Tag kam ich zu der Erkenntnis, dass es sich bei dem Toten nicht um Macons Sohn handelte. Beziehungsweise: Falls es doch Edward war, den der Schwarze gerade gefunden hatte, dann hatte nicht Macon ihn getötet. Macons Gesicht ließ nicht den leisesten Verdacht aufkommen, dass der Fund etwas mit ihm zu tun haben könnte. Der Zeitungsmann war aufgeregt, neugierig und so erpicht darauf, sofort die Polizei zu verständigen, dass er fast seine Tür aufgebrochen hätte, als er nicht gleich seinen Schlüssel fand.
    Lynn trat aus ihrem Haus, als der Polizeiwagen vorfuhr. Sie wirkte blass und unglücklich und folgte ihrem dicken Bauch, als sei er ein Schlepper, der sie hinter sich herzog. „Was soll die ganze Aufregung?“, fragte sie, mit dem Kinn auf die drei Arbeiter deutend, die ihr Abenteuer gerade noch einmal erregt und von vielen Gesten und Zitaten begleitet für den Streifenbeamten nachspielten, der ein wenig hilflos in das dichte Gestrüpp starrte, das den Fuß des Straßenschildes zu erwürgen drohte.
    „Ich glaube, sie haben ein Skelett gefunden“, erläuterte ich vorsichtig. Dabei war ich mir ziemlich sicher, dass es sich hier auf jeden Fall nicht um ein vollständiges Skelett handelte.
    Lynn schien ungerührt. „Höchstwahrscheinlich eine Dogge oder sonst ein großer Hund. Oder sogar die Gebeine eines Rinds oder Hirschs. Überreste irgendeiner Hausschlachtung.“
    „Kann sein.“ Ich blickte sie an. Lynns Hand massierte ihren vorstehenden Bauch, ohne dass es ihr bewusst zu sein schien. „Wie geht es dir denn so?“
    „Ich fühle mich …“ Darüber musste sie erst einmal kurz nachdenken. „Ich habe das Gefühl, wenn ich mich vorbeuge, kann ich dem Baby die Hand schütteln!“
    „Oh!“ Ich versuchte, mir das vorzustellen – kein schöner Gedanke.
    „Du warst nie schwanger“, verkündete Lynn schlicht, Mitglied eines Clubs, dem ich nie angehört hatte. „Das ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst! Wenn man bedenkt, dass Frauen das schon seit Millionen von Jahren machen …“ Lynn interessierte sich momentan viel mehr für ihren eigenen Körper als für den leblosen, den man am Ende ihrer Straße gefunden hatte.
    „Dann arbeitest du derzeit nicht?“, fragte ich, ohne den Streifenpolizisten aus dem Auge zu lassen, der gerade in sein Funkgerät sprach. Die Arbeiter hatten sich beruhigt und waren in den Schatten eines Baumes in Macons Garten umgezogen. Macon verschwand im Haus, um gleich darauf mit Fotoapparat und Notizblock bewaffnet wieder aufzutauchen.
    „Nein. Mein Arzt meinte, ich sollte aufhören zu arbeiten und die Füße jeden Tag so lange hochlegen, wie ich es schaffe. Da die meisten Kartons ausgepackt sind und das Kinderzimmer eingerichtet ist, werkele ich jeden Tag nur so ein, zwei Stunden im Haus herum und ruhe mich ansonsten aus.“ Lynn verzog das Gesicht. „Momentan warte ich nur noch.“
    Das hört sich so … so gar nicht nach Lynn an.
    „Bist du aufgeregt?“, fragte ich zögernd.
    „Dazu geht’s mir zu schlecht. Es ist einfach unangenehm. Außerdem ist Arthur so aufgeregt, das reicht für uns beide.“
    Was ich mir nur schwer vorstellen konnte.
    „Dir macht es nichts mehr aus, oder?“, fragte Lynn unerwartet.
    „Nein.“
    „Bist du mit jemand anderem zusammen?“
    „Irgendwie ja. Aber es hat einfach aufgehört, mir etwas auszumachen.“
    Zum Glück beließ sie es dabei und bohrte nicht weiter. Ich hätte nicht gewusst, was ich zu dem Thema sonst noch hätte sagen sollen.
    „Wirst du das Haus behalten?“, fragte sie. „Was meinst du?“
    „Noch keinen blassen Schimmer.“ Fast hätte ich gefragt, ob es ihr etwas ausmachen würde, mich als Nachbarin zu haben. Aber dann wurde mir klar, dass ich das eigentlich gar nicht wissen wollte.
    „Kommst du zu der Party?“, fragte mich Lynn nach einer Weile.
    „Wir auch. Nehme ich an, obwohl ich nicht gerade in bester Partyverfassung bin. Diese Marcia hat mich angestarrt, als sie die Einladung vorbeibrachte – als hätte sie noch nie eine Schwangere gesehen. Ich kam mir vor wie eine Mischung aus dem Michelin-Männchen und einem ungemachten Bett.“
    Das konnte ich mir lebhaft vorstellen, wenn ich an Marcias fast schon aggressiv perfekte Aufmachung dachte.
    „Ich gehe mal rein und schaue nach den Kätzchen“, sagte ich. Unten auf der Straße tat sich nichts. Der Streifenbeamte lehnte an

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