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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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Handy, wählte Winterbergs Nummer und hievte sich aus dem Sofa. Während er telefonierte, lief er vor dem Couchtisch unruhig auf und ab; die freie Hand bewegte er nervös und ballte sie immer wieder zur Faust. Dabei murmelte er so leise ins Telefon, dass Natascha nicht verstehen konnte, was er sagte. Aber an seiner Mimik erkannte sie, dass Winterberg noch nicht auf anderem Wege von den beiden weiteren Caches erfahren hatte.
    Natascha hätte Schuster am liebsten aus seinem alten Sessel gezogen. Doch endlich erwachte er aus seiner Erstarrung. Wie ein aufgescheuchtes Eichhörnchen lief er in ein Zimmer am Ende des Flures und kam mit einem großen Ordner wieder.
    »Hier habe ich die Computerausdrucke. Sie können die gern mitnehmen. Ich will jetzt sowieso erst mal nicht cachen gehen; ich will nicht noch weiter verdächtigt werden. Das reicht mir jetzt!«
    Er holte zwei Blätter aus dem Ordner und zeigte sie Natascha, die sie überflog und dann an Lorenz weiterreichte. Ihr Kollege gab die Koordinaten an Winterberg weiter.
    »Danke«, sagte Lorenz zum Rentner. »Und jetzt brauchen wir noch Ihre Messer. Wo haben Sie die?«
    »Im Keller. Soll ich die grad holen?« Schuster schien plötzlich von neuer Energie getrieben. Er zeigte auf eine Tür im Flur, hinter der sich vermutlich die Kellertreppe befand.
    Doch Lorenz marschierte selbst dorthin, öffnete die Tür und suchte den Lichtschalter. Als er ihn eingeschaltet hatte, befahl er Schuster: »Sie gehen vor! Und wir folgen Ihnen.«
    Schuster stieg die Treppe hinab, und Lorenz marschierte hinter ihm her. Natascha folgte ihrem Kollegen. Angesichts der engen Kellertreppe beschlich sie eine unbestimmte Angst. Wer konnte schon wissen, was sie dort unten erwartete?
    Unten gelangten sie zunächst in einen Gang. Lorenz leuchtete ihn mit seiner Taschenlampe aus, da die kleine Deckenlampe nur ein dämmriges Licht spendete. Der Keller schien in seinem Grundriss dem Erdgeschoss zu ähneln; und Schuster öffnete die Tür zu einem Raum, der in etwa unter dem Wohnzimmer liegen musste. Lorenz leuchtete in den Raum und hob die Augenbrauen an, während Schuster hineinging.
    Lorenz drehte sich zu Natascha um. »Das musst du dir anschauen!«
    Der Raum, den sie betraten, erinnerte an die Kulisse eines Gruselfilms aus den Siebzigerjahren. An der Wand gegenüber der Tür stand ein wuchtiger Wohnzimmerschrank: Stil Gelsenkirchener Barock. Die Wände waren ungefähr bis auf Brusthöhe holzvertäfelt, an der Decke hingen mehrere Lampen mit rechteckigen grünen Glasschirmen. Sie sahen aus, als entstammten sie einem Spielkasino, und spendeten nur eine schummrige grünliche Beleuchtung. Doch Lorenz’ Taschenlampe warf helle Lichtkreise an die Wände, sodass gut zu sehen war, was sich dort befand: riesige Greifzähne, bloßgelegte Lefzen und scharfe Krallen. Auch mehrere Krähen sowie ein Hahn mit aufrechtem Kamm und buntem Gefieder waren zu erkennen.
    Auf kleineren Tischen unter den Kasinolampen gab es weitere ausgestopfte Tiere: auf dem einen Mäuse, auf einem anderen ein Marder. Ein Fuchs und ein Dachs standen in stiller Eintracht nebeneinander und nahmen die Raummitte in Anspruch.
    Lorenz leuchtete jedes einzelne Tier an. Schließlich ging er näher an einen Greifvogel heran und betrachtete ihn aus der Nähe. »Präparieren Sie die Tiere selbst?«
    Schuster betrachtete voller Freude seine Sammlung. »Die Tiere sind alle selbst erlegt. Meinen ersten Fuchs, einen Winterfuchs, habe ich mir präparieren lassen, ebenso meinen ersten Marder. Doch der Dachs hier ist mein ganzer Stolz.« Er ging zu der Dermoplastik und berührte zaghaft das Fell. Plötzlich schien er sich wieder an Lorenz’ Frage zu erinnern. »Leider kann ich sie nicht selbst präparieren. Die Taxodermie erfordert ein besonderes Geschick, das mir leider nicht gegeben ist. Ich habe aber einen Bekannten, der mir gegen einen Freundschaftspreis verschiedene Schätze herstellt.« Er grinste, als habe er sie gerade an einem pikanten Geheimnis teilhaben lassen. »Der Raum ist allerdings langsam ein bisschen zu klein für all die guten Stücke. Ich überlege, noch einen zweiten Kellerraum dafür zu opfern. Aber ich bin mir da noch nicht ganz sicher.«
    Natascha spürte, wie sie auf den Armen und dem Oberkörper eine Gänsehaut bekam. Und das lag nicht allein an der Kälte hier unten. Der Geruch war einfach ekelerregend. Es stank nach muffigem Keller, vergammelten Lebensmitteln und feuchtem Tierfell. Über allem lag noch ein anderer Geruch: etwas

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