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Knochenfinder

Knochenfinder

Titel: Knochenfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Lahmer
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Geräusch, als er sie losließ. Natascha sah ihm ins Gesicht: Man merkte ihm die Anspannung deutlich an. Aber auch über dem Rest des Teams lag eine gespannte Erwartung. Sie alle wussten, was jetzt auf sie zukommen könnte. Ein weiterer Finger. Vielleicht sogar noch mehr. Lorenz ballte die Hände zu Fäusten, Winterberg rieb sich nervös über den Lockenschopf. Fischer räusperte sich und ging in die Hocke. Natascha beugte sich nach vorne, um ihm über die Schulter schauen zu können. Der Polizist mit der Kamera bückte sich ebenfalls, um den Fund und seine Lage fotografisch festzuhalten.
    Zwischen den Wurzeln eines dornigen Busches lagen Reisig und Steine übereinander. Wer nur flüchtig hinsah, würde an dieser Stelle nichts Auffälliges bemerken. Bei genauerer Betrachtung erkannte man jedoch, dass dieser kleine Haufen von einem oder mehreren Menschen angelegt worden war.
    Fischer entfernte vorsichtig die oben liegenden Zweige und ein paar der Steine darunter. Ein weißer Streifen wurde sichtbar. Dann nahm Fischer auch die anderen Steine fort. Er hielt zwischendurch kurz inne, damit auch der Fotograf seine Arbeit machen konnte. Schließlich legte Fischer eine weiße Frischhaltedose frei. Sie fasste ungefähr zwei Liter, und auf dem Deckel prangte ein großer Aufkleber mit der Aufschrift: Bitte nicht entfernen, dieser Behälter ist Teil eines weltweiten Spiels.
    Natascha musste sich zusammenreißen, um die Dose nicht einfach unter den Himbeersträuchern hervorzuholen und sogleich zu öffnen. Sie hatte das Gefühl, vor Ungeduld zu platzen, und kaute nervös auf ihrer Unterlippe. Fischer hingegen war die Ruhe in Person. Vorsichtig ergriff er die Dose und hob sie hoch. Sie schien nicht besonders schwer zu sein.
    Aber was wiegt schon ein Finger, dachte Natascha.
    Fischer trug die Cachedose zu dem Polizeibus neben der Grillhütte; seine Sohlen knirschten auf dem Kies. Mehrere der anderen Polizisten folgten ihm. Ein Mitarbeiter der Kriminaltechnik, leicht erkennbar am weißen Schutzanzug mit großer Kapuze, nahm das Behältnis in Empfang und stellte es auf einen kleinen Tisch im Bus. Als er den Kopf hob, erkannte Natascha, dass es sich um Schmitz handelte.
    Er zwinkerte ihr zu. »Ihr wollt wahrscheinlich zugucken, während ich die Dose öffne.«
    »Ja«, bestätigte Winterberg. »Und wenn es nötig ist, dann erklär uns, was du gefunden hast. Vielleicht muss ja jemand von uns wegschauen.« Die letzten Worte waren nicht scherzhaft gemeint.
    Schmitz setzte sich an den Tisch und zog eine Schutzmaske über Mund und Nase. Natascha stand mit Winterberg und Lorenz vor der geöffneten Bustür, André Fischer und ein weiterer Kollege hatten sich daneben gestellt. Der Kollege mit der Kamera kam von der Fundstelle angelaufen, hinter ihm sicherten andere Polizisten die Stelle im Himbeergebüsch.
    Die Anspannung in der Gruppe war weiter angewachsen. Niemand sprach, alle schauten gebannt zu Schmitz im Bus. Natascha hielt unwillkürlich den Atem an. In wenigen Sekunden würden sie erfahren, ob in dem Bonuscache ein besonders grausiger Fund versteckt war. Vielleicht eine ganze Hand, dachte Natascha, und sofort krochen ihr dunkelblaue Kügelchen des Grauens die Wirbelsäule empor: Das geschah jetzt schon das zweite Mal, seit sie sich mit den Fingerfunden beschäftigen musste.
    Schmitz öffnete die Dose langsam mit seinen behandschuhten Fingern. Es gab ein leises Plopp. Der Kriminaltechniker beugte unbewusst den Kopf nach hinten, als könnte er sich so vor plötzlichem Verwesungsgestank schützen. Natascha stellte sich auf die Zehenspitzen, um mehr sehen zu können, und die Männer schoben sich noch näher an den Bus heran.
    Schmitz packte den Deckel in einen Klarsichtbeutel, beschriftete ihn und nahm sich dann die Dose vor. Seiner Augenpartie oberhalb der Schutzmaske war keine Regung anzusehen, er kaute noch nicht einmal Kaugummi. Zuerst holte er ein kleines Notizbuch aus der Dose, dann einen Traumfänger mit roten Federn. Beides packte er ebenfalls in Beutel und verschloss sie. Als Nächstes nahm er ein Kartenspiel heraus. »Binokel«, murmelte er. »Jetzt liegt nur noch ein Zettel hier drin.« Er zog ein laminiertes DIN-A5-Blatt hervor und zeigte es seinen Zuschauern.
    »Herzlichen Glückwunsch«, las Natascha laut vor. »Du hast das Rätsel um die Siegerland-Caches gelöst!«
    »Sonst ist da nichts?«, fragte Winterberg.
    Schmitz schüttelte den Kopf. »Mehr ist nicht in der Dose. Keine sichtbaren Blutspuren, auch sonst nichts

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