Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knochenfunde

Knochenfunde

Titel: Knochenfunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
Vom Netzwerk:
nicht bezahlen lassen.
    »Danke. Ich bin Ihnen was schuldig.« Nathan machte sich auf den Weg zurück in sein Zimmer. Es hätte schlimmer kommen können. Er hatte getan, was er für nötig gehalten hatte, und er hatte keinen wirklichen Schaden angerichtet. Er hatte gehofft, etwas in Erfahrung zu bringen, aber er würde wohl einfach warten müssen.
    Aber Geduld war nicht gerade seine Stärke.
    Der Keller war hell erleuchtet, das Heiz- und Lüftungssystem neu und modern. Das Beste an amerikanischer Technik, dachte Jules, als er den Gang hinunterschlich.
    »He, was machen Sie da?«
    Jules schaute sich um. Ein uniformierter Wachmann trat aus dem Aufzug.
    »Hier weiß wohl die eine Hand nicht, was die andere tut, was?«
    Jules wedelte mit seinem Klemmbrett. »Das hab ich grade dem
    Wachmann am Eingang erklärt.« Er warf einen Blick auf das Na-
    mensschild des Mannes. »Alles in Ordnung, Phillips. Ich soll hier die jährliche Wartungskontrolle durchführen.«
    »Ich hab grade Kaffeepause gemacht«, erwiderte der Wachmann
    verlegen.
    Das wusste Jules. Er hatte nur nicht damit gerechnet, dass Phillips so schnell zurück sein würde, aber man musste jederzeit darauf gefasst sein, sich auf neue Situationen einzustellen. »Ich bin gleich fertig. Ist Ihnen auf Ihren Rundgängen irgendwas aufgefallen? Irgendwelche Pfützen? Dampfaustritt?«
    Phillips schüttelte den Kopf.
    »Da Sie nun schon mal hier sind, würde es Ihnen was ausmachen, mich in den Heizraum zu begleiten und meine Taschenlampe zu
    halten? Ich muss hinter die Heizkessel kriechen, und da sieht man fast nichts.«
    Phillips runzelte die Stirn. »Wenn’s nicht zu lange dauert. Ich muss zurück zum Eingang und Charley ablösen.«
    »Wie gesagt, ich bin fast fertig.« Jules nahm seine Werkzeugkiste und ging in Richtung Heizraum. »Dauert nur eine Minute.«
    Phillips folgte ihm. »Wenn Sie so sicher sind.«
    »Ganz sicher.« Jules lächelte ihn über die Schulter hinweg an.
    »In diesen Dingen hab ich Routine.«
    »Bist du bereit, Victor?«, murmelte Eve vor sich hin. »Wir sind gleich so weit.«
    »Haben Sie was gesagt, Eve?«, fragte Nathan von seinem Sessel aus.
    »Schsch. Ich will kein Wort von Ihnen hören, bis ich ganz fertig bin.«
    Der Ton war weich und fühlte sich kühl an unter ihren Finger-
    spitzen. Eve arbeitete behutsam und sorgfältig.
    Glätten.
    Nicht nachdenken.
    Auf den Instinkt verlassen.
    Ihre Finger bewegten sich schnell und geübt.
    Wer bist du, Victor? Sag’s mir. Hilf mir.
    Glätten. Modellieren. Ausgleichen.
    Sie hatte keine Idee, wie sie die Ohren formen sollte. Einfach die typische Form wählen.
    Der Mund. Gott, der Mund war schwierig. Sie kannte lediglich
    die Breite…
    Instinkt. Alles ausblenden, was sie nicht wusste und ihre Hände arbeiten lassen.
    Glätten. Modellieren. Ausgleichen.
    Es ging zu schnell.
    Einen Augenblick hielt sie inne und betrachtete die Augen, den Winkel der Augenhöhlen, das Stirnbein…
    Okay, weiter.
    Glätten. Modellieren. Ausgleichen.
    Die Lippenhöhe noch einmal überprüfen… 12 Millimeter. Das
    müsste stimmen. Nasenvorstand 18 Millimeter. Es sollten 19 sein.
    Das musste sie korrigieren.
    Glätten. Modellieren. Ausgleichen.
    Die Maße im Auge behalten, aber sich trotzdem ganz auf den Instinkt verlassen.
    Sag’s mir, Victor. Lass mich dich nach Hause bringen.
    Ihre Finger bewegten sich behände über das Gesicht. Ihre Fingerspitzen schienen ein Eigenleben zu entwickeln.
    Glätten.
    Modellieren.
    Ausgleichen.
    Galen stieg aus seinem Wagen und ging zu Hughes hinüber, der
    unter einer Straßenlaterne stand. »Irgendwas Neues?«
    Hughes schüttelte den Kopf. »Alles ruhig. Die Kleine ist zur üblichen Zeit mit ihrer Großmutter ins Haus gegangen. Vor fünf Minuten ist ein Streifenwagen vorbeigefahren. Die müssen noch mehr Zivilbeamte eingesetzt haben. Ich hab einen Mann, den ich nicht kannte, mit dem Wachmann an der Haustür sprechen sehen.« Er hob eine Hand, als Galen etwas sagen wollte. »Alles in Ordnung. Ich hab ihn beobachtet, und er ist vor zwanzig Minuten in einen der Streifenwagen gestiegen. Die Polizisten kennen ihn.«
    »Und drinnen?«
    »Ich habe einen Mann auf derselben Etage postiert, und er sagt, es ist alles ruhig. Was haben Sie denn die ganze Zeit getrieben?«
    »Ich habe mich umgesehen. Ein paar Straßen weiter steht ein
    Wagen vom Telefonservice. Was macht der hier so spät abends?
    Haben Sie ihn überprüft?«
    Hughes schüttelte den Kopf.
    »Warum nicht?«
    »Heute Nachmittag stand er

Weitere Kostenlose Bücher