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Knochenfunde

Knochenfunde

Titel: Knochenfunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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ihn an diesem Fenster stehen sehen? Sie ging zu ihm hinüber. »Es ist wirklich sehr schön.«
    Sie betrachtete den See, der im Zwielicht golden schimmerte. »Ich fühle mich hier so wohl.«
    »Ich weiß.« Er schaute sie an. »Aber es wundert mich, dass du das jetzt sagst. Vor kurzem konntest du gar nicht schnell genug von hier fortkommen.«
    »Ich war verletzt.« Eves Blick wanderte zu dem Hügel hinüber, wo sie ihre Tochter begraben zu haben glaubte. »Alles hier erinnerte mich an das, was du getan hast.«
    Er zuckte zusammen. »Ist das jetzt vorbei?«
    Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie in der Vergangenheit gesprochen hatte. »Ich weiß nicht, Joe. Ich habe immer noch das Ge-fühl – Es ist noch nicht ausgestanden. Ich bin mir nicht sicher, ob es je ausgestanden sein wird.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt möchte.«
    »Wie bitte?«
    »Das wundert dich, nicht wahr?« Joe schaute wieder auf den See hinaus. »Möchte ich für den Rest meines Lebens mit dir zusammenleben? Ja, verdammt. Tut es mir Leid, dass ich dich verletzt habe?
    Du weißt, dass es mir Leid tut. Möchte ich das Leben wiederhaben, das wir vorher hatten? Ich hätte es gern wieder, aber ich glaube, es könnte noch besser werden.«
    »Glaubst du?«
    »Vor zwei Jahren habe ich dich gefragt, ob du mich heiraten
    willst. Du hast gesagt, dass du mich liebst. Warum hast du mich nicht geheiratet?«
    »Wir waren beide so beschäftigt. Wir sind einfach nicht dazu gekommen.«
    Joe sah ihr in die Augen.
    »Du hast aber auch nie darauf gedrängt«, sagte er.
    »Weil ich Angst hatte.«
    »Ich bin in unserer Beziehung immer der Bittsteller gewesen.«
    »So ein Blödsinn.«
    »Ich musste zehn Jahre warten, bis du mir endlich eingestanden hast, dass du mich liebst und mit mir zusammenleben willst. Glaubst du vielleicht, ich würde das alles gefährden, indem ich dich in eine Richtung dränge, in die du nicht gehen willst?«
    »Ich wollte dich doch heiraten.«
    »Warum hast du es dann nicht getan?«
    »Was versuchst du mir eigentlich zu sagen?«
    »Ich versuche dir zu sagen, dass ich große Fortschritte gemacht habe, aber neben Bonnie spielte ich immer noch die zweite Geige.«
    »Und ich nehme an, deswegen hast du mich angelogen?«
    »Quatsch. Ich hätte dasselbe getan, auch wenn ich davon über-
    zeugt gewesen wäre, dass ich auf Platz eins deiner Hitliste stehe. Ich wollte deiner verzweifelten Suche nach ihr ein Ende setzen.«
    »Indem du mich belogen hast.«
    »Es war ein Fehler. Aber es wäre keine Tragödie gewesen, wenn du es geschafft hättest, wieder in die Welt der Lebenden zurückzu-finden, bevor es so weit kommen musste.«
    »Du weißt ja nicht, wovon du redest«, sagte sie mit zitternder Stimme.
    »Niemand weiß so gut wie ich, wie weit du gekommen bist. Ich
    habe miterlebt, wie du Schmerz und Depression und Wahnsinn ü-
    berwunden hast. Was glaubst du eigentlich, warum ich dich so sehr liebe?« Er berührte zärtlich ihre Wange. »Du brauchst nur noch ein paar Schritte zu machen.«
    »Ich bin… verwirrt. Du stellst alles auf den Kopf.« Sie blinzelte, um ihre Tränen zurückzuhalten. »Und du bist nie ein Bittsteller gewesen, verdammt.«
    »Doch, und ich bin es immer noch. Ich bitte dich, mich bleiben zu lassen. Lass mich dir helfen, diese letzten Schritte zu machen.
    Jetzt ist alles offen. Wir können noch einmal von vorne anfangen.«
    »Joe…«
    »Du liebst mich. Du warst glücklich mit mir. Du kannst es wieder sein.«
    Sie sah ihn hilflos an.
    »Okay.« Er trat einen Schritt zurück. »Ich will dich nicht bedrängen.« Dann ging er wieder auf sie zu, nahm sie in die Arme und küsste sie leidenschaftlich. »Verdammt noch mal. Ich bin es leid, mich in Geduld zu üben. Wir brauchen einander, und ich werde nicht zulassen, dass du alles kaputtmachst.« Er ging in Richtung Haustür.
    »Wir sehen uns morgen früh.«
    Sie zuckte zusammen, als er die Tür zuschlug. Die Luft schien immer noch von seiner Leidenschaft zu vibrieren. Und nicht nur von seiner. Auch sie zitterte vor Erregung. All die Barrieren, die sie zu ihrem Schutz aufgebaut hatte, schienen in sich zusammenzufallen.
    Sie hob eine Hand an den Mund. Noch immer spürte sie den Druck seiner Lippen auf ihren.
    Joe…
    Warum hast du mich nicht geheiratet?
    Ja, warum hatte sie es nicht getan? Warum war sie davor zurück-geschreckt? Joe glaubte, die Antwort zu kennen, und er hatte sich damit abgefunden, die zweite Geige zu spielen.
    Aber er spielte nicht die zweite Geige. Er hatte noch

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