Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
Carters Worten erfasste. Er hob das Taschentuch auf, nur um zu sehen, ob irgendetwas darunter lag, und ließ es wieder in die Schublade fallen. »Woher wussten sie, dass sie hier war?«
»Wer hat gewusst, dass sie hier war?«
»Diese Demonstranten, die NAGPRA-Leute.« Er sah Carter an, als frage er sich, warum dieser nicht schon längst eins und eins zusammengezählt hatte. »Sie wollten ihre Knochen ebenfalls haben und sie in irgendeinem heiligen Boden begraben. Und jetzt haben sie sie.« Er kratzte sich am Kopf. »Aber wie zum Teufel haben sie es hier herunter geschafft? Es ist nicht gerade einfach, an Hector vorbeizukommen.«
War es das?, fragte sich Carter. Waren es nur die Unterstützer von William Blackhawk Smith und des Native American Grave Repatriation Act gewesen? War es einfach nur ein geschickter und ausgeklügelter Diebstahl?
»Aber warum«, fragte Carter laut, »sollten sie ihre Knochen mitnehmen, aber seine liegenlassen?« Er blickte auf den La-Brea-Mann, der hinter ihnen auf dem Arbeitstisch lag. Es wäre wesentlich einfacher gewesen, alles mitzunehmen.
Selbst Del musste einen Moment überlegen. »Sie müssen es getan haben, nachdem du den Stein versteckt hast und bevor wir die Knochen des Mannes runtergebracht haben. Wenn du öfter hier gewesen wärst, wäre es dir früher aufgefallen.« Es tat ihm leid, das sagen zu müssen, aber es entsprach nun einmal der Wahrheit, und Del hatte ebenfalls ein Interesse daran gehabt, den geheimnisvollen Gegenstand zu enträtseln. Er war wütend. »Wir müssen die Polizei rufen. Vielleicht auch das FBI. Ich weiß nicht einmal, wer in so einem Fall zuständig ist.«
Aber das war das Letzte, was Carter wollte. Das wäre mit Sicherheit der letzte Nagel zu seinem Sarg im Page-Museum und, wenn man in Betracht zog, was an der New York University geschehen war, wahrscheinlich auch für seine Karriere. Eine Katastrophe konnte noch verziehen werden, doch zwei würden ihn für immer als entweder kriminell, inkompetent oder als verflucht brandmarken.
Außerdem glaubte er ohnehin nicht, dass es sich so zugetragen hatte. Carter hatte das Gefühl, dass hier etwas anderes im Gange war, etwas … noch Unglaublicheres.
»Gib mir einen Tag Zeit, um daraus schlau zu werden«, sagte Carter.
»Woraus willst du schlau werden? Irgendwelche verrückten Idioten haben sich hier reingeschlichen, das Schloss aufgebrochen und die Knochen gestohlen. Man braucht kein Columbo zu sein, um zu sehen, was hier passiert ist.«
»Wahrscheinlich hast du recht.« Er drehte sich zu Del um. »Aber lass mich noch einmal darüber schlafen. Wenn das rauskommt …« Er musste den Satz nicht beenden, damit Del wusste, worauf er hinauswollte. »Okay?«
Del schluckte seinen Eifer hinunter, die Polizei einzuschalten, und sagte: »Okay, Bones. Ich verstehe.« Traurig schüttelte er den Kopf über die geplünderte Schublade. »Aber lass den Bastarden nicht zu viel Zeit, um sich aus dem Staub zu machen.«
»Das werde ich nicht«, sagte Carter. Doch wenn Del recht hatte, konnten die Knochen inzwischen ohnehin längst irgendwo vergraben sein und würden womöglich niemals wiedergefunden werden.
»Und lass uns den hier irgendwo verstecken«, fügte Del mit Blick auf den La-Brea-Mann hinzu, »wo sie ihn nicht finden können.«
34. Kapitel
Am östlichen Himmel wird es hell; meine Zeit neigt sich ihrem Ende entgegen. Die Tür wird bewacht, das Fenster ist vergittert, doch selbst wenn es das nicht wäre: Der Turm ist hoch, und der Boden darunter besteht nur aus Felsen und Sand.
Meine Hand ermüdet; ich muss eine weitere Feder spitzen.
Beth konnte sich den Mann nur zu gut vorstellen, wie er an einem schmalen Fenster saß und die Spitze einer frischen Feder anschnitt. In der Regel benutzte man Gänsekiele, doch für eine so feine Arbeit wie diese könnte er auch die Federn einer Krähe oder eines Raben verwendet haben. Anschließend wandte er sich sicher wieder seiner Arbeit zu, solange es ihm gestattet war, ehe die Schergen des Sultans kommen und ihn in den Tod führen würden.
Ich weiß, was mich erwartet, denn ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Ich habe den Gefangenen gesehen, die Hände ungebunden, die Füße frei, wie er auf den Turnierplatz geführt wurde, wo al-Kalli und seine Gäste auf erhöhten Plätzen saßen. Unter ihnen liegt der Irrgarten mit seinen unzähligen Gängen und gewaltigen hohen Mauern, gebildet aus den grünen Blättern und dornigen Zweigen des Weißdorns. Der Irrgarten
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