Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
vermutlich sensibel genug, um zu spüren, dass irgendetwas vor sich ging, und al-Kalli würde sich Sorgen machen. Rashid war wahrscheinlich längst in hellem Aufruhr.
Und jetzt kam noch Carter dazu, zusammen mit einem unangekündigten Eindringling.
»Komm einfach mit«, sagte Carter zu Del und stieg aus dem Truck. »Und versprich mir, dass du nichts tust oder sagst, ehe ich es dir sage.«
»Du hast Glück, dass ich nicht zu den Leuten gehöre, die leicht beleidigt sind.«
»Darauf hatte ich gezählt.«
Carter ging voran, und sie schritten zügig um den Garagenflügel des Hofes herum und über den beeindruckend grünen Rasen.
»Sieht nicht so aus, als würde sich der Kerl um die Einschränkungen wegen der Dürre scheren«, sagte Del.
»Al-Kalli lebt nach seinen eigenen Regeln«, erklärte Carter.
»Er scheint es sich leisten zu können.«
Sie kamen an den Ställen vorbei, die aussahen, als wären sie fast leer. Die Stalltüren standen offen, und Bashir, der Stallbursche, führte ein geschmeidiges weißes Pferd heraus. Er hob grüßend die Hand, als Carter und Del vorbeihasteten, und wandte sich dann wieder dem sichtlich verängstigten Pferd zu.
Als ihre Schritte über den hölzernen Steg klapperten, hörten sie einen lauten erstickten Schrei hinter einer Baumgruppe. Carter blickte hinüber und konnte gerade noch einen der Pfauen erkennen, den purpurnen und blauen Schwanz in seiner ganzen Pracht aufgefächert.
»Es gibt noch mehr davon?«, fragte Del dicht hinter ihm.
»Vielleicht ein Dutzend«, sagte Carter. »Ich habe sie nie gezählt.«
»Wo hat dieser Typ das ganze Geld her?«, fragte Del, der kaum außer Atem war.
»Es ist sehr altes Geld.« Hinter einer Reihe Baumwipfeln kam das Dach des Bestiariums in Sicht. »Aus dem Irak.«
Del stieß einen Pfiff aus. »Ein Freund von Saddam?«
»Nein«, erwiderte Carter. »Sein größter Feind.«
Als Carter seine Schritte verlangsamte, tat Del es ihm gleich. »Eines Tages«, sagte er, »wenn wir nicht auf der Flucht sind, kannst du mir das alles erklären. Klingt nach einer verdammt interessanten Geschichte.«
»Das ist es.« Doch Carter war bereits auf der Hut und näherte sich den weißen Mauern des Bestiariums. Das Golfcart parkte direkt davor.
»Was ist das?«, wollte Del wissen. »Eine High-Tech-Scheune?«
»So ähnlich.« Carter drehte sich zu Del um. »Du musst mir jetzt einfach vertrauen. Ich möchte, dass du außer Sicht bleibst. Versteck dich hinter den Bäumen da«, sagte er und zeigte auf ein paar uralte Eukalyptusbäume mit dicken, knorrigen Stämmen, »und lass dich nicht blicken, bevor ich dir ein Zeichen geben.«
Del lachte leise, als frage er sich, was das für ein Spielchen sei. »Okay. Aber wie soll ich dich von jetzt an nennen – Bond, James Bond?« Er glaubte also, Carter würde einen Witz machen.
Carter trat näher zu ihm und sah ihm direkt in die Augen. »Ich meine es ernst, Del. Ich hätte dich nicht einmal so weit mitnehmen dürfen. Diese Leute können gefährlich sein. Du musst tun, was ich dir sage.«
Del verstand, Carters Gesichtsausdruck war nicht zu missdeuten. »Okay, Bones, ich hab’s begriffen.« Dann verschwand er hinter den Bäumen.
Als Carter sich den Türen des Bestiariums näherte, konnte er Rauch riechen, allerdings handelte es sich um Zigarettenrauch. Er wusste sogar, wer da wahrscheinlich rauchte.
»Captain Greer?«, rief er laut, und Greer kam von der anderen Seite des Gebäudes herbei, und versteckte seine Zigarette in der hohlen Hand.
»Was machen Sie hier, Cox?«, fragte Greer. »Es ist Feiertag. Machen Sie mal Pause!«
»Dasselbe könnte ich Sie fragen.«
»Ich würde nicht antworten.«
Carter wusste nie genau, in was für einem Verhältnis er zu Greer stand. Normalerweise plänkelten sie beide in einer Art gespieltem Machogehabe herum, aber bei Greer schwang immer etwas Bedrohliches mit. Carter könnte nicht sagen, ob Greer in ihm eine Gefahr oder nur einen weiteren von al-Kallis Lakaien sah.
»Ist er drin?«, fragte Carter.
Greer nickte. »Aber Sie sollten ihm im Moment besser nicht über den Weg laufen.« Er trat seine Zigarette auf dem Kiespfad aus. »Er verpasst Rashid gerade ein zweites Arschloch.«
Das überraschte Carter nicht. Seit Carter angefangen hatte, mit den Tieren zu arbeiten, war er mehrmals Zeuge geworden, mit welcher Verachtung al-Kalli Rashid behandelte, bis hin zur Anwendung körperlicher Gewalt. Und natürlich lag der Gedanke nahe, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis
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