Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
Phönix war nicht tot, er beschrieb lediglich im langsamen Gleitflug einen großen Kreis. Mit einem weiteren Schlag seiner rotgefiederten Schwingen, einem Flügelschlag, der einen zitternden Windhauch durch die gesamte Anlage sandte, schoss er ein weiteres Mal auf die geöffneten Türen zu. Sadowski feuerte und schoss daneben, doch der Vogel hatte seine zum Greifen so geeigneten Krallen ausgefahren. In seinem Blick loderte Feuer, den geierähnlichen Kopf hatte er tief eingezogen. Er hielt geradewegs auf seinen Angreifer zu, und ehe dieser auch nur darüber nachdenken konnte, den Schläger ein zweites Mal zu schwingen, hatte der Phönix ihn sich geschnappt. Eine der Krallen schien sich einmal ganz durch den Körper des Mannes zu bohren, und dann, mit wie bei einer Rakete zurückgelegten Flügeln, schoss er durch die offenen Türen hinaus ins Freie und außer Sicht.
Lediglich eine Staubwolke hing noch in der Luft. Alles, was von dem tätowierten Mann übriggeblieben war, war ein Baseballschläger aus Aluminium im Dreck auf dem Boden.
»Heilige verfickte Scheiße«, sagte Sadowski mechanisch in ungläubigem Ton, und Greer sagte: »Hab ich dir nicht gesagt, dass du totalen Mist gebaut hast?«
Der andere Mann mit dem Baseballschläger stand fassungslos da und starrte auf die Stelle, wo sein Kumpel noch vor wenigen Sekunden gestanden hatte. Dann warf er seinen eigenen Schläger auf den Boden, rannte zur Tür hinaus und überließ es Sadowski, sich alleine durchzuschlagen.
Erst jetzt dachte Carter daran, an der Käfigreihe entlangzublicken, und stellte fest, dass der Hebel, den Rashid umgelegt hatte, alle Gatter auf einmal geöffnet hatte. Die Tiere hatten noch nicht begriffen, dass sie frei waren, aber es würde nicht mehr lange dauern. Greer musste zum selben Schluss gekommen sein, denn er stürzte plötzlich auf den Hebel zu.
Sadowski brüllte: »Stehen bleiben!«, und feuerte erneut. Greer brach zusammen, Blut sprudelte aus seinem rechten Schenkel. »Verdammt, Sadowski! Das war mein gutes Bein!«
»Ich hab’ gesagt, rühr dich nicht!«
Doch irgendetwas rührte sich jetzt, und zwar im hintersten Käfig, in dem der Gorgon hauste. Carter sah, wie er die Spitze seiner gewaltigen Schnauze aus dem offenen Tor steckte, als sei er sich nicht sicher, ob das eine Falle war oder nicht. Dann tauchte sein ganzer Kopf auf und schwang, einem gewaltigen Pendel gleich, von einer Seite zur anderen, um die gesamte freie Fläche in sich aufzunehmen.
Jakob trat zwischen al-Kalli und dem zum Vorschein kommenden Ungeheuer und zog seine Waffe, doch al-Kalli schlug sie ihm wütend aus der Hand. »Was fällt dir ein?«
Jakob sah aus, als bräche eine Welt für ihn zusammen. Er hatte geglaubt, er würde seine Aufgabe erfüllen.
» Mir wird er nichts zuleide tun.«
In diesem Moment begriff Carter, wie verrückt Mohammed al-Kalli wirklich war.
Die Bestie näherte sich langsam und schwang weiterhin den behäbigen Kopf von einer Seite zur anderen, so dass seine knolligen Augen, die zu beiden Seiten ziemlich weit hinten am Schädel saßen, die gesamte Umgebung erfassen konnten. Es war, als würde man einem Panzer zusehen, der vorsichtig über vermintes Gelände rumpelte.
Jakob wich zurück, ohne das Tier aus den Augen zu lassen, und bewegte sich auf Sadowski zu, der keinen Ton herausbrachte und sich nicht von der Stelle rührte.
Al-Kalli hingegen machte tatsächlich ein paar Schritte nach vorn. Er breitete die Arme aus, die weißen Ärmel blähten sich, und er sagte etwas zu der Bestie, doch nicht auf Englisch.
Carter wusste, dass das Geschöpf auf Bewegungen reagierte und alles wahrnahm, was sich rührte, also versuchte er, sich so unmerklich wie möglich zurückzuziehen. Als die Schnauze des Tieres direkt auf ihn zeigte und er sich daher vorübergehend nicht in seinem Blickfeld befand, machte er einen Riesenschritt zurück. Und dann, Sekunden später, noch einen. Er blickte über die Schulter zurück, aber Jakob und Sadowski waren bereits verschwunden. Greer humpelte ebenfalls auf das Tor zu. Er benutzte einen der Baseballschläger als Krücke und hinterließ eine deutlich sichtbare Blutspur.
Die Türen nach draußen waren immer noch weit geöffnet, und das schwindende Sonnenlicht warf ein goldenes Rechteck auf den festgestampften Boden direkt hinter dem Eingang.
Al-Kalli sprach erneut, arabisch, wie es schien, und Carter nahm eine Bewegung in den Gehegen wahr, in denen die Basilisken und die Greife gehalten wurden. Jeden
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