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Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)

Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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»Provenienz« sprang ihr allein auf der obersten Seite dreimal entgegen. Das Getty musste, wie alle großen Museen, äußerst penibel und gründlich vorgehen, was die Herkunft seiner Anschaffungen anging und klären, ob der Verkäufer oder Spender überhaupt der rechtmäßige Besitzer war.
    Glücklicherweise war Edens wilde Tiere nur eine Leihgabe, allein zu Zwecken der Restauration und Analyse im Museum, so wie man ein Auto nach dreißigtausend Meilen zur Inspektion in die Werkstatt brachte. Das war also ein Papierkrieg weniger, mit dem Beth sich herumquälen musste. Bis jetzt jedenfalls.
    Elvis hatte die jeweils zusammengehörenden Reklamanten in einer Zeile ausgedruckt, zuerst auf Latein und direkt dahinter die englische Übersetzung, die später noch gründlich überarbeitet werden musste.
    Als Beth die Seite von oben nach unten las, konnte sie das Gelesene mit Leichtigkeit zusammenbringen. Sie blieb inmitten der Geräte stehen, die schon wieder Druckaufträge von jemand anderem ausspuckten. Was sie da las, war entweder ein unglaublicher Zufall oder irgendein seltsames Spiel.
    Oder, und das war die dritte Möglichkeit, die sie nicht ausschließen konnte, sie war auf einen verblüffenden Zusammenhang gestoßen, der fast tausend Jahre darauf gewartet hatte, entdeckt zu werden.
    Nachdem sie alles gelesen hatte, was sie bisher rausgeschrieben hatten, ergaben die kombinierten Reklamanten: Hierhergebracht/in dieses Land/geehrter Gast/jetzt Gefangener/arbeitend im Verborgenen/mein Name wird vergessen sein (oder hieß es tatsächlich »vergangen«?).
    Beth stand da und las die Worte immer wieder, als müsste sie sich davon überzeugen, dass sie sich tatsächlich so ordentlich und logisch zusammenfügten. Am Ende verwarf sie die Idee, es könnte sich um einen Zufall handeln, gänzlich. Womit noch zwei Alternativen blieben: Entweder, es war nur ein kleiner Streich. Mönche und Schreiber neigten zu solchen Scherzen. Oftmals fügten sie am Ende einer Handschrift einen sogenannten Schreiberspruch hinzu, in dem sie ihrem Mäzen dankten, damit prahlten, wie mühsam die Arbeit gewesen war, und manchmal andeuteten, dass sie hofften, großzügig dafür entlohnt zu werden. In manchen italienischen Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts gingen die Schreiber sogar so weit, dass sie beschrieben, wofür sie das Geld auszugeben gedachten – für Wein und Weiber.
    Doch diese Botschaft, aus Reklamanten zusammengeflickt, war nichts dergleichen. Sie war weder prahlerisch noch fröhlich, und sie war auch nicht dazu gedacht, von jemand anderem außer einem Eingeweihtem gelesen zu werden, einem Schreiberkollegen, der des Lateinischen mächtig war. Beth wusste, dass viele Handschriften für Auftraggeber angefertigt wurden, die gar nicht in der Lage waren, den Text selbst zu lesen, wie es auch hier gut der Fall gewesen sein konnte. Ein Buch war eine Kostbarkeit, die vom Grad des Wohlstands und der Aufgeklärtheit seines Besitzers zeugte, und wenn es gelesen wurde, dann wurde es von einem ausgebildeten Diener vorgelesen. Edens wilde Tiere , geschaffen für eine reiche und mächtige Dynastie des Morgenlandes, war höchstwahrscheinlich solch eine Arbeit gewesen.
    Doch wie lauteten die restlichen Reklamanten, und was würde die komplette Botschaft besagen?
    Beth machte auf dem Absatz kehrt und eilte zurück in ihr Büro. Elvis hatte das Sandwich verputzt und machte sich gerade über einen Haferkeks von den Ausmaßen eines Frisbees her.
    »Ich habe den Buchstabenkatalog auf den neuesten Stand gebracht«, sagte er. »Mach schon – frag nach einem Buchstaben, irgendeinem.«
    »Jetzt nicht.«
    Elvis sah verletzt aus. Das war die Gefahr, dachte Beth, wenn man mit Kindern zusammenarbeitete.
    »Ich brauche dich, um eine Liste der Reklamanten zu erstellen.«
    »Das haben wir doch gerade gemacht.«
    »Nicht nur die, die wir bereits entziffert und katalogisiert haben. Ich will alle haben, die noch übrig sind. In genau derselben Reihenfolge, wie sie in den Lagen erscheinen.«
    »Machen wir da nicht irgendwie den zweiten Schritt vor dem ersten? Hast du nicht gesagt, dass man das so machen muss …«
    »Vergiss, was ich gesagt habe, okay? Das hier ist wichtiger.«
    Plötzlich wirkte Elvis wie elektrisiert. »Hey, du siehst aus, als wärst du auf irgendwas gestoßen.«
    Beth gab keine Antwort. Sie blätterte den Stapel Fotokopien auf ihrem Schreibtisch durch und zog alle Blätter hervor, die, als Zeichen, dass die Lage komplett war, in der unteren

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