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Knochenhaus (German Edition)

Knochenhaus (German Edition)

Titel: Knochenhaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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bunt gemischte Ansammlung von Menschen, die überteuerte Cocktails trinken und versuchen, das kleingedruckte Programm zu entziffern. Tony und Juan, Michelles Arbeitgeber, sind ebenfalls da, umringt von einem Grüppchen, das Nelson im Stillen als «exotisch» klassifiziert. Einige ältere Paare beäugen mit besorgter Miene die Fotos an den Wänden, auf denen Schauspieler griechische Masken und sonst herzlich wenig am Leib tragen. Und überall wimmelt es von Jungvolk, vermutlich hauptsächlich Studenten.
    «Die ist aber hübsch», bemerkt Michelle.
    «Wer?» Nelson hat sich gerade mit einem halben Pint Lager und einem Glas Weißwein von der Bar zu ihr zurückgekämpft.
    «Die Rothaarige da drüben.»
    Nelson schaut in die Richtung und sieht eine auffallend schöne Frau ganz in Schwarz, die ihm irgendwie bekannt vorkommt. Und neben ihr steht … ach du Schande!
    «Komm doch hier rüber.» Verzweifelt versucht er, Michelle in die Gegenrichtung zu steuern. «Da kann man sich hinsetzen.»
    «Ich will mich aber gar nicht hinsetzen. Wer ist denn das da neben ihr? Das ist ja Ruth! Harry, schau nur, da ist Ruth.»
    Und damit drängt sich Michelle auch schon durch die Menge. Nelson sieht zu, wie sie Ruth auf die Schulter tippt und der Rothaarigen vorgestellt wird, die er inzwischen als diese durchgeknallte Shona identifiziert hat, die in der Salzmoor-Sache mit drinhing. Ruth freut sich sichtlich, Michelle zu sehen. Sie ist ein wenig blass, sieht aber sonst gut aus in ihrer schwarzen Hose und dem weiten roten Oberteil. Gott sei Lob und Dank für weite Klamotten! Mit etwas Glück wird Michelle vielleicht denken, dass es nur die neueste Mode ist.
    «Harry!» Michelle winkt ihn streng heran.
    Nelson stapft zu den Frauen hinüber, und Ruth begrüßt ihn mit leicht schelmischem Grinsen.
    «Ich wusste ja gar nicht, dass dir so etwas gefällt, Nelson.»
    «War Michelles Idee.»
    «Ruth musste auch erst überredet werden.» Das kommt von Shona, die ihr Haar in den Nacken wirft und Nelson zuzwinkert. Er erwidert ihren Blick ausdruckslos.
    «Wir haben Leo auf einer Party von Edward Spens kennengelernt», erläutert Michelle. «Ich fand ihn faszinierend.»
    «Er hat ein paar hochspannende Elemente aus der altgriechischen und -römischen Theaterpraxis übernommen», sagt Shona, und ihre konzentriert angespannte Miene lässt Nelson befürchten, dass sich gleich ein intellektuelles Gespräch entspinnen wird.
    «Freust du dich schon auf das Stück?», fragt ihn Ruth. Sie hat ein Glas Orangensaft in der Hand und sieht so glücklich aus, wie Nelson sie seit Wochen nicht mehr gesehen hat. Er spürt, wie sich ein widerwilliges Lächeln über sein Gesicht breitet.
    «Nein. Du weißt doch, was für ein Banause ich bin. Ich esse nicht mal Joghurt, weil da Kulturen drin sind.»
    Ruth lacht. «Ich kann auch nicht behaupten, dass ich große Lust darauf habe, aber Shona meinte, es würde mir guttun, mal wieder ein bisschen auszugehen.»
    Nelson senkt die Stimme. «Und wie geht’s dir sonst?»
    «Bestens. Keinerlei Nachwirkungen. Heute war ich auf dem Grundstück an der Woolmarket Street.»
    «Allein?», entfährt es Nelson.
    «Ich bin Pater Hennessey über den Weg gelaufen.»
    «Hennessey? Was schnüffelt der denn da herum?»
    «Ich glaube, er wollte sich einfach ein bisschen umsehen. Du sagst doch selbst immer, dass es die Leute stets zum Schauplatz eines Verbrechens zurückzieht.»
    «Stimmt», erwidert Nelson nüchtern. «Nur müssen wir erst mal rausfinden, wessen Verbrechen das war.»

    Das Stück ist genau so schrecklich, wie Nelson befürchtet hat. Ein Mann mit Maske tritt vor einen schwarzen Vorhang und labert irgendwas über den Januar. Dann setzt er eine andere Maske auf und labert von Lotto, Wahlmöglichkeiten und allem möglichen anderen Zeugs. Immerhin fällt Nelson dadurch wieder ein, dass er noch keinen Tipp für die Ziehung am Mittwoch abgegeben hat. Danach geht der Vorhang hoch, und irgendwelche Gestalten in römischen Togas feiern eine Orgie, die allerdings nicht sonderlich überzeugend wirkt, weil die Inszenierung sich anscheinend nur vier Schauspieler leisten kann. Anschließend geht der Vorhang wieder runter, und der Mann mit der Maske redet von Frauenrechten, setzt dann seine andere Maske auf und erzählt was von Vergewaltigung. Der Vorhang geht hoch, und zwei Leute in viktorianischen Klamotten sitzen beim Frühstück. Irgendwann stellt sich raus, dass der Mann zu einer Hure gegangen ist, worauf die Frau sich umbringt. Zack, schon

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