Knochenjagd (German Edition)
Orten.«
»Das könnte durchaus stimmen.«
»Warum zum Teufel hat er dann nichts gesagt? Du und ich, wir hätten Snook übernehmen können. Oder Sergeant Holzkopf.«
Ich ignorierte das. »Das heißt, niemand bewacht das Haus an der Ragged Ass?«
»Weißt du, wie viele Morde es jährlich in Yellowknife gibt?«
Wusste ich nicht.
»Jeder Trottel mit einer Dienstmarke wird seine Nase da reinstecken wollen.«
»Ist Unka ein Verdächtiger?«
»Einer von vielen.«
»Wo ist er?«
»Verschwunden.«
»Was ist mit Scar?«
»Ebenso.«
»Scheiße.«
»Genau. Ich fahre jetzt zum Tatort.«
Ich schnappte mir meine Jacke, und wir liefen zum Camry.
Ryan rauchte. Fragte nicht, ob ich etwas dagegen hätte. Zündete sich einfach eine an.
Ich fuhr mit heruntergelassenem Fenster und atmete so flach wie möglich, ohne dass mir schwindelig wurde.
Castains Freundin war eine Stripperin namens Merilee Twiller. Zum Glück wohnte sie nicht weit vom Explorer entfernt.
Ollies Wegbeschreibung führte uns zum Sunnyvale Court, einem Hufeisen aus winzigen Bungalows auf winzigen Grundstücken. Ein paar waren noch einigermaßen gut in Schuss, die meisten jedoch heruntergekommen, ein paar sogar vernagelt und verlassen. Ich nahm an, es war schon eine Weile her, dass der Court seinem Namen Ehre gemacht hatte.
Twillers Adresse lag am hinteren Ende, auf der Nordseite der Kurve. Das Haus brauchte einen neuen Anstrich, neue Fliegengitter und einen Eimer Unkrautvernichter. Vielleicht einen Bulldozer. Twillers Nachbar hatte zwei Mülleimer auf seiner Vordertreppe und ein Auto auf Betonblöcken in der Einfahrt stehen.
Als wir ankamen, herrschte die übliche hektische Betriebsamkeit. Twillers Haustür stand offen, und drinnen wie draußen brannte jede verfügbare Glühbirne. Blaue und gelbe Leuchtmarker sprenkelten den Rasen und zeigten die Fundstellen von Spuren an, vielleicht auch Teile von Castain.
Eine zugedeckte Leiche lag auf einem Pfad, der zu einer Veranda mit verrostetem Eisengeländer führte. Absperrband spannte sich in einem Dreieck zwischen zwei Krüppelkiefern und dem Geländer. Fahrbare Halogenscheinwerfer waren darauf gerichtet.
Ein weiteres Band verlief parallel zum Bordstein auf der anderen Seite der Sackgasse, um Gaffer abzuhalten, die sich an fremdem Elend weiden wollten. Und möglicherweise auch die Medien.
Ryan hatte recht. Es sah aus, als wäre jede vorstellbare Spielart von Gesetzeshüter hier versammelt. Ich sah Streifenwagen von der RCMP und der MED , einen Leichenwagen, einen Kastenwagen und mindestens ein Dutzend zivile Pkw s und Pick-ups. Die meisten hatten ein Blinklicht auf dem Dach oder dem Armaturenbrett. Das statische Knistern von Funkgeräten mischte sich in die Kakofonie hin und her schreiender Stimmen.
Ollie stand etwas abseits und sprach mit einer Frau, deren Kleid zu kurz und zu eng war für ihre dicken Schenkel und die Speckrollen, die sich um ihren BH abzeichneten. Merilee Twiller, nahm ich an.
Ryan stellte sich hinter das letzte geparkte Fahrzeug. Ein RCMP -Corporal kam an seine Tür. Ryan zeigte ihm seine Marke. Wir stiegen aus und gingen zu Ollie.
Im Näherkommen sah ich, dass Twiller Mitte vierzig war, sich aber große Mühe gab, nicht so auszusehen. Trotz einer Überdosis Make-up fielen mir verquollene untere Lider auf, ganze Netzwerke aus Fältchen und geplatzten Äderchen zu beiden Seiten ihrer Nase.
Ollie stellte uns nicht vor. »Habt ihr ihn euch schon angesehen?«
Ryan antwortete für uns beide. »Noch nicht. Was habt ihr bis jetzt?«
»So gegen sieben kam Castain für eine kleine Nummer mit der Liebe seines Lebens hier vorbei.« Ollie deutete mit dem Daumen auf Twiller.
»Wichser«, sagte sie.
»Gegen acht verließ Castain das Haus wieder. Schaffte es nicht bis zur Grundstücksgrenze.«
»Irgendwelche Zeugen?«, fragte Ryan.
»Die trauernde Freundin sagt, sie hätte Schüsse und dann quietschende Reifen gehört. Aber weder den Schützen noch das Auto gesehen.«
»So ist es eben abgelaufen«, verteidigte sich Twiller.
»Wohin wollte der Geliebte denn?«
»Das hatten wir doch schon alles.« Twiller nahm ihre wütenden Regenbogenaugen nicht von Ollie.
»Ich bin ein bisschen langsam. Also noch mal.«
»Arty hat keinen Ton gesagt.«
»Und du hast nicht gefragt.«
»Nein.«
»Schätze, er wollte Ware ausliefern. Deswegen war er doch hier, oder? Du hängst doch an der Nadel, oder, Prinzessin?«
»Ihr könnt mich mal, du und deine Fragen.«
»Wie wär’s mit ’ner Spritztour
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