Knochenjagd (German Edition)
stattfinden.
»Das werde ich.«
Lake zuckte die Achseln. »So was passiert schon mal.«
Bevor ich fragen konnte, was er meinte, drehte er sich um und ging zum Hotel.
Was passiert schon mal? Dass Leute erschossen werden? Leichen verschwinden?
Dass Besoffene Polizisten in die Irre führen?
Mit glühenden Wangen sah ich zu, wie Lake aus dem Wald trat. Es war ihm egal, dass ich zögerte. Er drehte sich nicht einmal um.
Über mir krächzte ein Rabe.
Dabei fiel mir etwas ein.
»Tank«, rief ich.
Wartete.
»Komm her, Tank.«
Ich ging zurück, rief noch einmal nach dem Hund.
Einige Eichhörnchen flohen vor mir.
Aber kein Hund.
In meinem Zimmer schaltete ich den Fernseher ein und fuhr meinen Laptop hoch.
Zwanzig Minuten später sah ich nicht mehr, was ich auf meinem Monitor hatte. Bekam nicht mit, was im Fernseher lief.
Schlechtes Gewissen wegen Ruben. Sorge um Katy. Eine böse Vorahnung, was Lakes Bemerkung bedeuten könnte. Mein Gott. Wie viele Leute dachten eigentlich, dass ich mich zugesoffen und mir die Schüsse nur eingebildet hatte?
Und dieser gottverdammte Hund.
Während ich auf meinem hübschen, kleinen Arsch saß, machten Ollie und Ryan Jagd auf Scar.
Scheiß drauf.
Ich steckte eine Akte in meine Handtasche, zog meine Jacke an und ging in die Lobby hinunter.
Durch die Eingangstür sah ich den Camry auf dem Parkplatz gegenüber der Zufahrt stehen. Da ich Ryans Gewohnheiten kannte, ging ich zur Rezeption. Dahinter stand eine Frau, auf deren Namensschild »Nora« stand.
»Entschuldigen Sie, Nora. Detective Ryan hat eben angerufen und mich gebeten, ihm so schnell wie möglich eine Akte zu bringen. Ich weiß, es ist ungewöhnlich, aber könnte ich vielleicht den Schlüssel zu zwei-null-sieben haben?«
»Tut mir leid, Miss Brennan. Aber wir brauchen eine explizite Erlaubnis, um einen Gast in das Zimmer eines anderen zu lassen.«
»Es geht um Folgendes.« Ich beugte mich über den Tresen, eine Informatin mit streng geheimen Informationen. »Detective Ryan ist an einem Tatort und darf nicht gestört werden.«
Wie ich vermutet hatte, war der Mord an Castain inzwischen Tagesgespräch in Yellowknife. Mit einem verschwörerischen Nicken gab Nora mir die Schlüsselkarte.
»Danke«, flüsterte ich.
»Ich hoffe, es hilft«, flüsterte Nora zurück.
Wir würdigten die Bedeutung dieser Handlung, indem wir uns beide feierlich in die Augen schauten.
»Übrigens«, fragte ich, »arbeitet Nellie Snook heute?«
Nora schüttelte den Kopf. »Sie hat am Wochenende immer frei.«
Die Schlüssel lagen auf Ryans Nachtkästchen.
Ich lief zum Camry, startete den Motor und raste die Zufahrt hinunter. Es fühlte sich verdammt gut an.
Als ich in der Ragged Ass parkte, sah ich Nellie Snook unter dem Carport, wo sie Katzenstreu in einem Körbchen auswechselte. Sie trug ein weites, schwarzes Sweatshirt und dieselben ausgewaschenen Jeans wie tags zuvor. Ich stieg aus und ging zu ihr.
Als sie mich sah, ließ Snook den Sack fallen, rannte durch die Seitentür ins Haus und versuchte, sie zuzuwerfen. Ich schoss nach vorne und drückte mit einer Hand gegen die Tür.
»Gehen Sie«, rief sie durch den Spalt.
»Annaliese Ruben ist tot.«
»Ich rufe die Polizei.«
»Man hat sie erschossen.«
»Sie lügen.«
»Ich war dabei.«
Von drinnen wurde noch stärker gegen die Tür gedrückt.
»Ist Annaliese gestern Nacht zurückgekommen?«, fragte ich.
Das Schweigen verriet mir, dass die Frage sie getroffen hatte.
»Ich war nicht ganz ehrlich zu Ihnen, Nellie. Es ist Zeit, dass ich Ihnen sage, warum ich nach Ihrer Schwester gesucht habe.«
Mit der linken Hand zog ich die Akte aus meiner Handtasche und schob sie durch den Spalt. Ich hörte, wie sie zu Boden fiel.
»Ich nehme jetzt meine Hand weg. Aber bitten, schauen Sie sich an, was in der Akte ist.«
Die Tür wurde so heftig zugeworfen, dass der Rahmen zitterte.
Während ich wartete, füllte ich das Katzenkörbchen auf. Dann band ich den Sack zu und stellte ihn an die Wand.
Schließlich hörte ich das Schloss wieder klicken.
Langsam schwang die Tür nach innen.
28
Snooks Augen waren tief umschattet. »Warum tun Sie uns das an?«
»Darf ich reinkommen?«
»Was ist das?« Sie hielt den braunen Aktendeckel mit den Fotos der toten Babys hoch.
»Können wir darüber reden?«
Zwischen den Brauen gruben sich vertikale Linien in die Haut. Ihr Blick wanderte von mir zum Katzenkörbchen und wieder zurück zu meinem Gesicht. »Haben Sie die gemacht?«
»Das sind offizielle
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