Knochenpfade
explosiv, niemand hält dieses Warten gut aus. Wir werden wohl damit rechnen müssen, dass einige ausrasten.”
Rita erschien wieder. Sie trug ein halbes Dutzend Teller, die sie auf dem Tisch vor den beiden absetzte. Maggie musste zugeben, dass alles wunderbar duftete. Dabei fiel ihr ein, dass sie am Tag zuvor das Abendessen ausgelassen hatte. Nach ihrem Hubschraubererlebnis war sie nicht mehr zum Essen in der Lage gewesen.
Sie stach mit der Gabel in ihr Omelett, und geschmolzener Käse quoll heraus. Wurth schaufelte seine Maisgrütze in das Rührei. Mit einer Scheibe Toast als behelfsmäßigem Löffel begann er, die Mischung hinunterzuschlingen.
“Ich bin mir immer noch nicht so ganz sicher, was ich mit dir mache”, sagte er zwischen zwei Bissen.
“Du setzt mich einfach beim Gerichtsmediziner ab. Von da werde ich wohl allein ins Hotel zurückfinden.”
Er schüttelte den Kopf, während er die Kartoffelpuffer unter Salz und Pfeffer fast begrub. “Nein, nein. Ich werde dich abholen und ins Hotel fahren. Ich meinte, während des Hurrikans. Wir können nicht am Strand bleiben. Die meisten Hotelgäste haben heute Morgen ausgecheckt. Der Geschäftsführer tut uns den Gefallen und lässt uns dort wohnen, bis er selbst das Gebäude verlassen muss. Was sicher morgen der Fall sein wird. Das kommt darauf an, wann die Ausläufer des Sturms eintreffen.”
“Verlassen muss?”
“Es ist Vorschrift, den Strand zu evakuieren, genauso tiefer liegende Gebiete. Die Leute vom Sheriff gehen von Tür zu Tür. Jeder, der bleiben will, muss unterschreiben, dass er es auf eigene Gefahr tut und die Regierung von jeglicher Verantwortung entbindet.”
“Wo wirst du während des Sturms sein?”
“Wahrscheinlich werde ich in einer der Notunterkünfte arbeiten.”
“Dann werde ich das auch tun.”
“Das kann ich nicht von dir verlangen, Maggie.”
“Tust du ja auch nicht. Ich biete mich an.”
Er legte seine Gabel beiseite, lehnte sich zurück und blickte Maggie an. “Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, als ich dich bat, mit mir hierherzufahren. Bei allen drei Hurrikans in dieser Saison war ich sozusagen das Gegenstück zu Jim Cantore. Wo immer ich auftauchte, drehte der Sturm und zog in die entgegengesetzte Richtung. Aber ich hätte wissen müssen, dass mein Glück nicht lange vorhält. Jetzt habe ich dich mitten ins Geschehen gebracht. Und diesmal scheint es sich um ein echtes Monster zu handeln.”
“Charlie, ich kann auf mich aufpassen. Das ist nur ein Sturm. Wie schlimm kann es schon werden?”
Der Blick, den er ihr zuwarf, sagte: Du hast ja keine Ahnung.
32. KAPITEL
Pensacola
Scott Larsen war sehr früh aufgestanden. So schaffte er es, das Haus zu verlassen, bevor Trish aufwachte. Er fühlte sich, als hätte er überhaupt nicht geschlafen. Seine Lider waren bleischwer. Ihm dröhnte der Kopf. Außerdem hätte er schwören können, dass er einen Wattebausch verschluckt hatte. Selbst sein Haar schien ihm wehzutun, als er es kämmte. Er würde nie wieder so viel trinken. Eigentlich musste er überhaupt nie wieder Alkohol trinken, wenn es nach ihm ging.
Um alles noch schlimmer zu machen, stellte er fest, dass Joe noch einmal im Bestattungsinstitut gewesen war. Auf Knopfdruck konnte er an der Alarmanlage ablesen, dass jemand Scotts Schlüssel und Code benutzt hatte, um morgens um zehn nach drei ins Haus zu kommen und es dann um vier Uhr wieder zu verlassen. Was zum Teufel hatte Joe hier zu suchen gehabt?
Scott hoffte, dass er es nicht bereuen würde, Joe den Code anvertraut zu haben. Als er das Bestattungsinstitut durch den Hintereingang betrat, erwischte er sich dabei, wie er das Gesicht verzog. Das Dröhnen in seinem Kopf schien direkt von hinten gegen seine Augäpfel zu hämmern. Er befürchtete schon, wieder eine Sauerei im Einbalsamierraum vorzufinden. Ein beißender Geruch von Reinigungsmitteln begrüßte ihn, vermischt mit … ja, womit eigentlich? Oh, richtig. Menthol.
Bevor er die Tür öffnete, zögerte er kurz. Sauber. Gott sei Dank, alles war sauber. Die Gerüche stammten also noch von ihrer Arbeit am Nachmittag. Vielleicht hatte Joe ein paar Präparate in den begehbaren Kühlschrank gelegt. Scott war schon auf dem Weg, um nachzusehen, als der Summer an der Hintertür brummte. Er blickte auf seine Uhr. Der Elektriker, den er heute früh angerufen hatte, war pünktlich. Das sollte er auch zum Teufel noch mal besser sein. Bei dem Honorar, das er Scott abknöpfte, nur um ihm zu zeigen, wie er
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