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Knochenpfade

Knochenpfade

Titel: Knochenpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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Joe heute für ihn dagelassen?
    “Hey, Kumpel!” Joe kam vom begehbaren Kühlschrank den Flur entlang.
    Scott stellte fest, dass er nichts in den Händen hatte und nirgends Blutspritzer zu sehen waren. Er musste einen Seufzer der Erleichterung unterdrücken. Schnell warf er einen Blick in den Einbalsamierraum. Sauber. Was stank dann nur dermaßen?
    “Wahrscheinlich werden wir uns erst nach dem Sturm wiedersehen”, sagte Joe und warf sich seinen Rucksack über die Schulter.
    “Haust du ab?”
    Joe lachte. “So könnte man es nennen. Ich muss noch eine Sendung abholen, und dann will ich mein Boot in Sicherheit bringen.”
    “Du hast ein Boot?”
    “Das habe ich dir doch erzählt.”
    Aber Scott wusste genau, das hatte er nicht. Daran hätte er sich erinnert.
    “Damit bin ich nachher viel mobiler”, erklärte Joe, “wenn die Straßen und Brücken dicht sind. Aber ich muss es wegschaffen und mindestens hundertfünfzig Kilometer von hier zum Liegeplatz bringen.”
    “Wo denn? Biloxi? New Orleans?”
    “Da in der Gegend.”
    “Ich habe gerade gehört, dass der Hurrikan sich deutlich schneller bewegt, als ursprünglich vorhergesagt.”
    “Dann muss ich mich beeilen. Wir sehen uns in ein paar Tagen.”
    Scott sah ihm hinterher und wünschte, Joe hätte ihn eingeladen, mit ihm zu kommen. Dann begann er nach der Ursache des Geruchs zu suchen. Er schnupperte sogar an sich selbst herum, öffnete sein Hemd und hielt die Nase hinein. Auch den begehbaren Kühlschrank überprüfte er, aber der Geruch wurde nicht stärker. Vielleicht würde er das irgendwann nicht mehr riechen, wenn er erst mal begann, zu arbeiten.
    Er rollte einen Edelstahltisch mit dem Pressspansarg hervor, in dem sich Onkel Mel befand. Er musste den Typen immer noch einbalsamieren. Das konnte er genauso gut auch vor dem Sturm erledigen. Er hatte den Familienangehörigen einen teuren Sarg verkauft, obwohl sie ihn für die Zeremonie nicht geöffnet haben wollten. Eigentlich war es immer einfacher, etwas Teures an die Familien zu verkaufen, die keine traditionelle Totenwache wollten. Auf diese Weise versuchten sie wohl ihre Schuldgefühle zu kompensieren, weil sie ihre Verwandten nicht noch ein letztes Mal sehen wollten.
    Scott bereitete im Einbalsamierraum alles vor. Er zog seine Schutzkleidung über und öffnete den Sarg, bereit, mit der Arbeit zu beginnen.
    “Dieser verdammte Dreckskerl.”
    Onkel Mels Knie fehlten, und beide Hände waren abgeschnitten.

48. KAPITEL
    Hilton Hotel
    Pensacola Beach
    Das Wetter war über Nacht drastisch umgeschlagen, wie Maggie vom Schlafzimmerbalkon aus feststellte. Die Wellen schlugen viel höher und liefen schon ein ganzes Stück weiter den Strand herauf. Der Himmel war zu einer dicken grauen Decke geworden. Tief hängende Wolkenschichten, die sich in unterschiedlichen Geschwindigkeiten fortbewegten. Es war noch nicht einmal Mittag, und die Hitze und enorme Luftfeuchtigkeit erdrückten sie schon fast. Gerade hatte sie sich die Haare trocken gefönt, und schon waren sie wieder feucht. Die Bluse klebte ihr auf der Haut.
    Sie fand Platt und Wurth im Wohnzimmer der Suite, wo sie zusammen Donuts aßen. Einer der beiden hatte Kaffee aufgebrüht, und der Duft erfüllte den Raum. Bevor sie sich überhaupt gesetzt hatte, war Platt schon aufgesprungen, um ihr eine Pepsi Light aus der Minibar zu holen. Wurth wickelte derweil einen Schokoladen-Donut aus und legte ihn vor sie auf den Teller. Sie musste ein Grinsen unterdrücken. Und sie würde sich hüten, in Gegenwart der beiden Männer, die sie bedienten, einen Kommentar dazu abzugeben.
    “Die Ausläufer des Sturms könnten schon um ein Uhr nachmittags in dieser Region eintreffen”, brachte Wurth sie auf den neuesten Stand der Dinge. “Der Hurrikan trifft definitiv heute Abend aufs Festland. Wahrscheinlich nach Sonnenuntergang.”
    “Ist das nicht früher als erwartet?”, fragte Maggie.
    “Allerdings. Isaac hat ein bisschen an Tempo zugelegt. Keine Inseln weit und breit, die ihn abbremsen.”
    Platt war neben dem Schreibtisch stehengeblieben, um seinen Kaffee zu trinken. Jetzt wurde sein Blick von etwas angezogen. Maggie beobachtete, wie er den Plastikbeutel in die Hand nahm, den sie auf ihren Ordnern hatte liegen lassen. Er betastete das Metallstückchen darin.
    “Das hat der Gerichtsmediziner aus dem abgetrennten Fuß geholt”, sagte sie und begutachtete den Donut, der vor ihr lag.
    Sie liebte Schokoladen-Donuts. Aber seit jenem Tag in Quantico hatte sie keinen mehr

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