Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
lange sind Sie beide zusammen?«
»Offiziell neun Jahre«, sagte Brackle. »Hier drin« - er tippte sich ans Herz - »seit Ewigkeiten.«
Kelly Vander erzählte weiter: »Wir haben uns auf der Stelle angefreundet und uns gegenseitig akzeptiert. Das ist mir mit einem Mann noch nie passiert. Simon ist ein guter Mann, aber ich habe gewusst, dass ich ihn ständig enttäusche, und damit kann man nicht leben.«
»Die Cops sagen, Travis hat alle möglichen Drogen genommen«, hakte ich nach.
Keiner von beiden antwortete.
Ich versuchte es noch mal. »Die Reha hat Ihnen beiden also geholfen, aber bei Travis hat es nicht geklappt. Zwei Jahre später war er obdachlos.«
»Da habe ich ihn gesehen«, sagte Larry Brackle.
»Auf der Straße?«
»Ich habe früher in Hollywood gearbeitet, als stellvertretender Hausmeister in einem großen Apartmentgebäude. Es war ein hübsches Haus, westlich von der La Brea Avenue. Auf dem Heimweg bin ich immer den Boulevard entlanggefahren, am Chinese Theatre vorbei. Eines Abends hab ich Travis dort entdeckt, als er Touristen angebettelt hat. Er sah schlecht aus. Im Vergleich zu der Zeit im Pledges, meine ich. Seine Haare waren strähnig, er hatte einen Bart und ging total gebückt. Er kam bei den Touristen nicht gut weg, weil er niemanden anmachen wollte, aber so ist Travis nun mal. Er will niemand zu nahe treten. Ich bin um den Block gefahren, hab angehalten und ihm einen Zwanziger in die Hand gedrückt. Als er gesehen hat, dass ich es bin, fing er an zu weinen und hat gesagt, es täte ihm leid, dass er’s vermasselt hat.«
Kelly fügte hinzu: »Bevor wir entlassen wurden, haben wir drei uns versprochen, dass wir uns ändern und Kontakt miteinander aufnehmen, wenn wir auf dumme Gedanken kommen. Larry und ich haben uns dran gehalten, deswegen haben wir es ja auch geschafft. Aber wir haben den Kontakt zu Travis verloren.«
Brackle nickte. »Ich hab ihm gesagt: ›Niemand macht dir Vorwürfe, Mann. Komm mit mir nach Hause, iss was, nimm ein Bad.‹ Aber er ist einfach weggelaufen, und am nächsten Tag war er nicht mehr da, die ganze Woche nicht. Dann hab ich ihn doch wiedergesehen. Er ist die gleiche Tour gefahren, stand mit ausgestreckter Hand da - aber jetzt sah er noch schlimmer aus. Diesmal ist er mitgekommen. Anita war sauer und hat gesagt: ›Siehst du vielleicht ein Gästezimmer in dieser Bruchbude, du Genie?‹ Und sie hatte recht. Da waren sie, ich, die Kinder, außerdem hatten wir zwei Hunde. Ich habe ihr angeboten, dass ich draußen im Garten schlafe,
wenn es das besser macht. Sie hat gesagt: ›Vielleicht solltet ihr das beide machen.‹ Am Ende ist Travis im Geräteschuppen untergekommen. Ich hab den Schrott weggeräumt und eine Matratze reingelegt. Er ist gekommen und gegangen, wie es ihm gepasst hat. Ich hab ihm auch die Haare schneiden lassen. Als die weg waren, haben wir die ganzen Piercings gesehen, die er an den Ohren hatte. Er sah aus wie ein Pirat. Vor allem durch das Hinken hat er wie ein Seeräuber gewirkt. Die Kinder standen auf die Piercings, Anita hat sie gehasst.«
»Aber mit der Zeit mochte Anita Travis«, wandte Kelly ein.
»Ja, Anita hat ihre Meinung geändert, weil er gut zu den Kindern war. Kurz darauf hat sie ihn den Kindern Geschichten erzählen lassen. Er hat sogar das Baby auf den Arm genommen - war richtig lieb zu der Kleinen. Natürlich konnte Anita unberechenbar sein, wegen dem Trinken und dem Gras, daher war es nicht immer ideal. Aber meistens hatten wir Frieden.«
Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. »Travis mochte das Baby wirklich … Mann, ist das lange her. Und jetzt wollen Sie mir erzählen, dass Travis eine Art Monster ist, ein Mörder? Nie und nimmer. Ich bin kein Seelenklempner, aber ich kenne mich mit Menschen ziemlich gut aus, und Travis war ein guter Mensch.«
»Erzählen Sie mir von der Nacht, in der Brandi verschwand?«
»Sie ist nicht verschwunden , Sir. Sie ist mit ihm weggegangen. Dem Dreckskerl, dessen Namen wir hier nicht mehr nennen. Tja, der war von Grund auf böse - sogar seine eigenen Angehörigen hatten Angst vor ihm. Als Brandi nicht zurückkam, sind wir sofort zu ihnen - Travis und ich. Seine Leute waren verängstigt, haben gesagt, der kleine Scheißkerl hätte gesagt, dass er mit Brandi und dem Baby vorbeikommen
wollte, das wäre alles, was sie wüssten. Travis und ich haben die ganze Gegend abgesucht. Travis hat sich ein paar Straßen ausgesucht, ich habe die anderen übernommen. Er hat das Baby dann
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