Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
operierten Gesicht.
»Klingt wie der typische Macker aus L.A.«
»Sie haben nicht zufällig eine Ahnung, wer das sein könnte?«
»Wieso sollte ich? Wiedersehn, und verjubeln Sie nicht alles auf einmal.«
»Noch eine Sache«, sagte ich.
»Bei Leuten wie Ihnen gibt es immer noch eine Sache.«
»Mit Leuten wie uns meinen Sie …«
»Vertreter des Staates.«
»Alles ist politisch«, erwiderte ich.
»Das sollten Sie besser glauben.«
»Gilt das auch für das Messer in Sils Leib?«
Ihre Arme wurden steif. »Ach, Sie sind ein Prachtkerl. Erst kommen Sie ganz sensibel daher, aber Sie haben einen grausamen Zug und sind auch jederzeit bereit, ihn einzusetzen.«
»Ich versuche zur Wahrheit durchzudringen. Ich dachte, das ist unser beider Ziel.«
»Die Wahrheit ist Blödsinn . Die Wahrheit ändert sich mit dem Kontext .«
»Der Kontext ist genau das, was ich suche, Alma. Wenn Sie Sil heiligsprechen wollen, bitte sehr. Aber wenn Sie so weit aufgeschlossen sind, dass Sie auch über eine Alternative nachdenken, könnten wir vielleicht in Erfahrung bringen, wer ihn ermordet hat.«
Ich hätte mich nicht gewundert, wenn sie gegangen wäre.
Doch sie stand nur da. »Was für eine Alternative?«
»Bedenken Sie doch mal, dass Sil möglicherweise geschmiert wurde. Nicht wegen irgendwas Illegalem, vielleicht nur, um ein paar Regeln zurechtzubiegen. Ich glaube, derjenige, der ihm Geld gegeben hat, hat ihn auch dorthin gelockt - es muss jemand gewesen sein, der die Marsch kennt und der Meinung war, dass Sil zum Schweigen gebracht werden müsste.«
»Reiche Mistkerle«, sagte sie »Tja, es ist eben doch alles politisch.«
»Denken Sie an irgendeinen speziellen reichen Mistkerl?«
»Wie wär’s denn für den Anfang mit diesen Filmgaunern? Geld korrumpiert, und die haben unverschämt viel Geld. Sie
haben RDM finanziert, aber ich gehe jede Wette ein, dass sie nach wie vor gierig auf das Land sind. Sil hat ihr Geld genommen, aber er hat sie verachtet.«
»Wäre Sil wegen einem ihrer Lakaien mitten in der Nacht losgezogen?«
Schweigen.
»Aber wem hat er vertraut, Alma?«, hakte ich nach.
»Niemandem. Sil war kein vertrauensseliger Mensch. Ich bin die Einzige, der er getraut hat, und selbst bei mir war er auf der Hut.«
»In welcher Hinsicht?«
»Er war launisch, konnte dichtmachen wie eine Muschel, so dass man einfach nicht mehr an ihn rankam. Dieser verdammte Schlammhaufen war sein Ein und Alles. Außerdem, wofür sollte ihn jemand schmieren?«
»Ich weiß es nicht.«
»Tja, ich auch nicht. Wiedersehn.«
Ich öffnete den Koffer, holte das Schmuckkästchen heraus und drückte es ihr in die Hand.
Sie schüttelte energisch den Kopf, stieß es aber nicht weg.
»Je nachdem, wie die Sache ausgeht, kann ich Ihnen vielleicht auch das Geld geben.«
»Ich will es nicht - warum, zum Teufel, tun Sie das? Wer, zum Teufel, sind Sie?«
»Bloß ein Typ, der eine behütete Kindheit hatte.«
Sie musterte mich. »Wenn ich mich da geirrt habe, tut es mir leid, aber das ändert grundsätzlich nichts an den Tatsachen. Sie sind ein Büttel der Regierung.«
»Sie müssen sich nicht entschuldigen. Ich habe Sie unter Druck gesetzt.«
»Ja, das haben Sie.« Ihre Hand schloss sich um das Kästchen. »Es war die Hölle, aber da muss ich durch.«
Als ich sie hinausbegleitete, musterte sie jedes Zimmer,
durch das wir gingen. Als wir zu dem VW kamen, sagte sie: »Die einzige Möglichkeit wäre, dass Sil … nein, das ergibt keinen Sinn. Das wäre keine fünfzehntausend stinkige Dollar wert.«
»Sagen Sie’s mir trotzdem.«
»Es gibt noch einen anderen Weg in die Marsch. Genau auf der entgegengesetzten Seite vom offiziellen Zugang, auf der Westseite. Ursprünglich sollte das der Eingang werden, aber dort gab es zu viele Pflanzen, und Sil bestand darauf, dass sie nicht angerührt werden sollten. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre das ganze Gelände für Besucher gesperrt gewesen.«
»Wo auf der Westseite?«
»Genau in der Mitte. Er ist zugewachsen, von der Straße aus nicht zu sehen, aber wenn man sich durchzwängt, stößt man auf ein Tor. Sil hat es mit einem Vorhängeschloss versperrt. Er ist gern dorthin gegangen - es war sein geheimer Unterschlupf. Manchmal hat er mich mitgenommen.« Sie errötete. »Es ist herrlich dort: mächtige Weiden, hohes Schilf, kleine, brackige Tümpel, in denen Frösche und Kaulquappen leben. Jede Menge Vögel, weil es näher zum Ozean ist.«
»Wie oft ist Sil dort hingegangen?«
»Das weiß ich
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