Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
Alston »Buddy« Weirs Führerschein abgerufen hatten. Er war fünfundvierzig, blond, blauäugig, und sein breites Gesicht, das teils verkniffen wirke, teils so, als verliere es den Kampf gegen die Schwerkraft, war dunkel von Betakarotinbräune.
Dazu die gelangweilte, unverfrorene Miene eines Mannes, der Besseres zu tun hat, als sich für einen Bürogehilfen in Pose zu werfen. Niemand hatte an der Echtheit der Beachboy-Perücke gezweifelt.
Er hatte keine Vorstrafen, aber vor zwei Jahren war eine Beschwerde wegen Veruntreuung von Fondsgeldern bei der Anwaltskammer eingegangen, die noch anhängig war.
Chance Brandt ausfindig zu machen kostete über eine Stunde. Wir trafen den Jungen schließlich im Haus eines Freundes namens Bjorn Loftus in Westwood an.
Die Eltern waren im Urlaub, aufgemotzte SUVs standen auf der Auffahrt, ohrenbetäubende Musik und Marihuanadämpfe drangen aus der Tür, als Bjorn rausspitzte.
Er rasselte die unglaublichsten Lügen herunter, bis Milo ihm erklärte, dass er Chance sofort rausschicken solle. Kurz darauf torkelten beide Jungs heraus.
Chance feixte. »Schon wieder?«
»Erkennst du diesen Typ?«, fragte Milo.
»Yeah, das isser.«
»Wer?«
»Der Macker, den ich gesehn hab, als er diesem Wichser von Duboff den Umschlag gegeben hat.« Er nickte und wartete auf einen Lacher, der aber nicht kam. »Mister, schaun Sie mich an, ich bin total …« Chances Augen trübten sich, während er nach einer Pointe suchte.
»Schreib deinen Namen auf das Foto«, sagte Milo.
Er kritzelte mit unsicherer Hand. Reed ließ es ihn noch mal machen.
Bjorn Loftus gab ein bekifftes Kichern von sich. »Jetzt musst du aussagen , Mann.«
»Nie und nimmer«, erwiderte Chance und schaute uns um Bestätigung heischend an.
»Wir bleiben in Kontakt«, sagte Milo.
»Hast du das gehört, Mann? Die wollen mit dir in Kontakt bleiben, Mann.«
»Aber bloß, wenn sie schwul sind«, versetzte Chance und torkelte wieder hinein.
» Mann «, sagte Bjorn.
Milo musterte das unterzeichnete Foto. »Ich habe das Gefühl, mir zerspringt gleich der Schädel. Höchste Zeit für ein Advil und eine Verschnaufpause, bei der wir uns mit dem befassen, was wir haben und was nicht.«
Ich sagte: »Mein Haus ist zehn Minuten entfernt, und ich habe eine Packung Eis für deinen Nacken.«
»Ich habe Schädel gesagt, nicht Nacken.«
»Ich habe das Schleudertrauma gemeint, weil du ständig an der Nase rumgeführt wirst.«
Er und Reed lachten. »Yeah, kutschieren wir rüber zum Weißen Haus. Er hat’ne hübsche Bude, Moses. Eine niedliche Hündin ebenfalls. Vielleicht wird sie ja aus dem Ganzen schlau.«
»Es gibt noch einen weiteren Anreiz«, warf ich ein. »Fünfzehntausend in bar.«
36
Reed und Milo setzten sich auf die Ledercouch. Keiner hüpfte.
Blanche kuschelte sich in Milos Schoß. Sie lächelte; er nahm es nicht wahr.
Aller Augen ruhten auf dem Geld.
»Wann hat Ihnen das die Reynold gebracht?«, fragte Reed.
»Gestern«, sagte ich. »Ich wollte es euch gerade sagen, als Aaron reinkam.«
»Fünfzehn Riesen sind kein Schmiergeld für ein Picknick«, stellte Milo fest. »Vielleicht wird es jetzt doch Zeit für die Anthropologinnen. Und für die Leichenhunde.« Blanche spitzte die Ohren. »War nicht bös gemeint.«
Reed fragte: »Weir und Simone haben Duboff also möglicherweise geschmiert, damit sie Zugang zur Westseite kriegen und dort irgendwas Schlimmes anstellen können? Duboff findet aber raus, wofür ihr Bestechungsgeld ist, und wird umgebracht?«
»Ich bezweifele, dass er irgendetwas wusste, sonst hätte er Krach geschlagen«, wandte ich ein. »Aber sie konnten nicht riskieren, dass er es rausfindet.«
»Der Typ hat in der Marsch freie Hand. Wenn es irgendwer rausfindet, dann er. Was ist, wenn er’s rausgefunden hat und dann ein bisschen zusätzliche Knete rausholen wollte?«
»Einem Serienmörder wegen ein bisschen mehr Kohle Druck zu machen, ist ziemlich dumm«, sagte Milo. »Ein nächtliches Treffen nicht weniger. Ich glaube, man hat Duboff
mit einer Zusage hingelockt: Ich habe was, mit dem du zum Helden wirst. Der Anrufer war zudem glaubwürdig, weil er über den geheimen Teil der Marsch Bescheid wusste.«
Reed dachte nach. »Klingt nachvollziehbar, Lieutenant. Und Duboff hat die Reynolds mitgenommen, weil er nicht mit Ärger gerechnet hat. Der Typ hat sich für den Gott der Marsch gehalten. Aber egal, was Aaron gefunden hat, Huck ist damit noch nicht aus dem Schneider.«
»Gut ausgedrückt,
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