Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
wissen Sie, weil …«
Wallenburg ging weg.
»Der richtige Zeitpunkt ist entscheidend, Deb. Sobald wir einen Durchsuchungsbefehl für dieses Haus haben, kann keiner mehr sagen, wie es ausgeht.«
»Sie leben im Märchenland, Milo . Ich meine damit, dass Sie keinerlei Begründung dafür haben.«
»Sagen Sie das Richterin Stern.«
»Lisa war eine Klassenkameradin von mir.«
»Dann wissen Sie ja, was sie von Opferrechten hält. Und wie sie zu Rechtsvertretern steht, die sich in sachfremde Angelegenheiten einmischen.«
Wallenburg strich sich mit einem manikürten Fingernagel
über die Lippen. »Was für ein netter Mann Sie doch sind.«
Dann stieg sie in den Maybach und raste davon.
»Wann hast du Richterin Stern angerufen?«, fragte ich.
»Muss zwei Jahre her sein«, sagte er. »Bandenschießerei, Volltreffer, bin mühelos an meinen Wisch gekommen.«
»Die Kunst der Kriegführung.«
»Es war eher wie ein Marsch im Dunkeln.«
Um 16.47 Uhr hielt ein Schulbus vor dem Haus. Ein blondes Mädchen in einem roten T-Shirt, Jeans und Sneakers stieg aus und lief zur Tür. Sie war etwa zehn Jahre alt, schmächtig und zartgliedrig und schleppte einen riesigen Rucksack.
»Baby Brandeen«, sagte ich, eher um den Klang zu hören, als es Milo mitzuteilen.
»Macht mich trübsinnig. Sie werden so schnell groß.«
Bevor das Mädchen an der Tür war, wurde sie bereits geöffnet. Eine kleine, dicke, weißhaarige Frau streckte den Arm aus und zog sie hinein. Statt die Tür zu schließen, warf sie uns einen funkelnden Blick zu. Ein großer, schwarzer, bärtiger Mann tauchte hinter ihr auf. Schon von weitem sah man, dass er müde Augen hatte.
Wilfred Adams sagte etwas zu seiner Frau.
Sie schnauzte ihn an, wandte sich von uns ab und knallte die Tür zu.
»Vielleicht ist Huck tatsächlich noch am Leben. Sie verbirgt mit Sicherheit irgendwas«, meinte Milo.
Sein Telefon klingelte wieder. Moe Reed meldete sich zum zweiten Mal, diesmal vom Westrand der Marsch. Es gebe keinerlei Hinweise auf einen Eingriff in die Natur, aber der gleiche Leichenhund sei mittlerweile eingetroffen und wirke »interessiert«.
»Hübsches Plätzchen«, sagte Reed. »Hat irgendwas vom Garten Eden an sich.«
»Suchen Sie mir die Schlange«, erwiderte Milo.
Er zündete sich eine Zigarre an und hatte erst zweimal gezogen, als Debora Wallenburgs Maybach von Norden her auf uns zugedonnert kam. Der Wagen hielt neben unserem. Lautlos senkte sich ein getöntes Fenster.
Wallenburgs Haare waren offen. Sie hatte ihr Make-up erneuert, konnte die Müdigkeit aber nicht verbergen.
»Sie haben mich wohl vermisst?«, sagte Milo.
»Oh, ich habe mich vor Sehnsucht verzehrt«, versetzte sie. »Vielleicht können wir miteinander klarkommen, aber zunächst ein paar Grundregeln. Ich weiß, dass Sie einen Verdächtigen von Rechts wegen nach Strich und Faden belügen dürfen. Aber im Beisein eines Anwalts würde ich Ihnen das nicht empfehlen.«
»Der Mandant ist …«
»Sie müssen offen zu mir sein.«
»Ich bin durch und durch ehrlich.«
»Was Sie vorhin gesagt haben - dass Sie Travis nicht als Hauptverdächtigen betrachten. War das nur dummes Gerede?«
»Nein.«
»Ich meine es ernst, Lieutenant. Sie müssen mir versichern, dass wir uns auf dem gleichen Terrain bewegen. Außerdem darf es zu keinerlei Grobheiten kommen.«
»Inwiefern grob?«
»Sondereinsatzkommando, Gebäudeschäden, ein kleines Kind erschrecken. Im Gegenzug sichere ich Ihnen eine umfassende Aufklärung zu.«
»Eine Aufklärung wovon?«
»Dazu kann ich zum jetzigen Zeitpunkt keine näheren Angaben machen.«
Milo blies einen Rauchring, dann einen zweiten, der den ersten durchbohrte.
»Sie müssen mir vertrauen«, sagte Debora Wallenburg.
Er legte den Kopf an die Sitzlehne. »Wann und wo?«
»Das erfahren Sie zum gegebenen Zeitpunkt. Darf ich davon ausgehen, dass Dr. Delaware dabei sein wird?«
»Braucht Huck psychologischen Beistand?«
»Mir wäre wohler, wenn er dabei wäre. Ist Ihnen das recht, Doktor?«
Ich war ihr noch nicht vorgestellt worden. »Klar.«
»Mal Worthy, Trish Mantle und Len Krobsky sind in meinem Tennisclub«, sagte sie und zählte damit gleich drei hochkarätige Familienanwälte auf.
»Bestellen Sie ihnen Grüße von mir.«
»Sie mögen Sie alle.« Zu Milo gewandt, sagte sie: »So, damit wären wir uns einig. Ich rufe Sie an.« Ein kurzes Zwinkern. »Vielleicht simse ich auch.«
37
Travis Huck zitterte.
Adern schlängelten sich über seine Schläfen, durch
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