Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
Einträge. Ich hatte vor, sie heute zu googeln.«
Milo loggte sich in Reeds Funkterminal ein und ging ins Internet. »Schön, dass man direkt mit Gott sprechen kann … Da haben wir’s - zwei Treffer, einer die genaue Kopie vom andern … Anscheinend ist sie Klavierlehrerin - stellt einen Schüler bei einem Konzert vor … Name … Kelvin Vander.«
Eine Bildsuche brachte nichts.
Reed schüttelte den Kopf. »Klavierlehrerin ist nicht gerade ein hochriskanter Beruf.«
»Geht doch nichts über’nen traurigen Song zum Wochenanfang«, entgegnete Milo.
»Was ist mit den anderen Leichen, Lieutenant?«
»Mal sehn, was die Knochensammler rauskriegen. Bis dahin arbeiten wir mit dem, was wir haben.«
Ich warf ein, dass es sich bei dem Mörder um jemanden mit einer Fixierung auf die Marsch handeln könnte.
»Könnte sein«, sagte Milo.
Reed blieb stumm.
Selena Bass’ Apartment befand sich in einer umgebauten Doppelgarage, die hinter einem weiß verputzten, eingeschossigen Doppelhaus stand.
Im vorderen Teil, der von Bananenstauden und Pfeifensträuchern umgeben war, wohnte die Besitzerin und Vermieterin, eine altehrwürdige Dame im Rollstuhl, die Anuta Rosenfield hieß. Eine fröhliche philippinische Haushälterin führte uns in ein kleines Wohnzimmer mit rosa Samtvorhängen, das voller Zimmerpflanzen und Porzellanfiguren mit kippligen Füßen stand.
»Sie wird kommenden Januar hundert !«, sagte sie.
Die alte Frau regte sich nicht. Ihre Augen waren offen, aber trüb, ihr Schoß zu schmächtig, um eine der zierlichen Puppen zu tragen.
»Das ist ja wunderbar«, sagte Milo und beugte sich zu dem Rollstuhl hinab. »Ma’am, könnten wir den Schlüssel zu Ms. Bass’ Apartment bekommen?«
Die Haushälterin sagte: »Sie ist taub, sieht auch nichts mehr. Fragen Sie mich.« Sie deutete auf ihre Brust. »Luz.«
»Luz, könnten wir …«
»Selbstverständlich, Jungs!« Sie zog den Schlüssel aus ihrer Schürzentasche.
»Besten Dank.«
»Ist mit ihr alles in Ordnung - mit Selena, meine ich?«
»Kennen Sie sie?«
»Kennen kann man nicht gerade sagen, aber manchmal seh ich sie. Meistens, wenn ich gehe. Manchmal geht sie auch weg.«
»Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
»Hmm … Jetzt, wo Sie’s sagen, schon eine ganze Weile nicht mehr. Und wissen Sie was, ich hab bei ihr kein Licht mehr gesehn … schon seit ein paar Tagen, mindestens.« Sie holte tief Luft. »Und jetzt seid ihr hier. Oh Mann.«
»Ein paar Tage?«, fragte Reed.
»Vier vielleicht«, entgegnete Luz. »Könnten auch fünf gewesen sein, ich hab nicht mitgezählt.«
»Und wie ist sie so?«
»Ich habe nie mit ihr geredet, wir lächeln uns bloß zu und grüßen einander. Sie schien nett zu sein. Hübsches Mädchen, ziemlich dürr - kein Hintern, so wie sie heutzutage alle sind.«
»Wann gehen Sie normalerweise heim?«, erkundigte sich Milo.
»Um sieben.«
»Dann übernimmt also jemand anders die Nachtschicht?«
»Mrs. Rosenfields Tochter kommt um sieben heim. Elizabeth, die ist Schwester am St. Johns.« Verschwörerisch flüsternd fügte sie hinzu: »Sie ist einundsiebzig, aber sie arbeitet nach wie vor auf der Intensivstation für Neugeborene. So hab ich sie kennen gelernt. Ich bin gelernte Säuglingsschwester, ich war ebenfalls auf der Intensiven. Ich mag Babys, aber das hier gefällt mir besser.«
Sie tätschelte die Schulter ihrer Schutzbefohlenen. »Mrs. R. ist ein netter Mensch.« Ein Lächeln spielte um die Lippen der alten Frau. Jemand hatte ihr das Gesicht gepudert, blauen Lidschatten aufgetragen und die Nägel gepflegt. Die Luft in dem Zimmer war schwer und stickig. Rosen und Wintergrün.
»Was können Sie uns sonst noch zu Selena Bass sagen?«, fragte Milo.
»Hmm«, sagte Luz. »Wie schon gesagt, sie ist nett, vielleicht ein bisschen schüchtern. Sie hat immer ein bisschen gewirkt wie jemand, der keine langen Gespräche führen will. Na ja, und dann hab ich auch nie gehört, dass sich Elizabeth über sie beklagt hat, und Elizabeth beklagt sich oft.«
»Wie heißt Elizabeth mit vollem Namen?«
»Elizabeth Mayer. Sie ist Witwe, genau wie ihre Mama.« Luz senkte den Blick. »Das haben wir alle drei gemeinsam.«
»Ah«, sagte Milo. »Mein Beileid.«
»Ist schon lange her.«
Mrs. Rosenfield lächelte wieder. Schwer festzustellen, was das zu bedeuten hatte.
Reed sagte: »Wer wohnt in dem anderen Teil?«
»Ein Mann aus Frankreich, der fast nie da ist. Ein Professor, für Französisch, glaub ich. Ist meistens in
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