Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
sind gerade der letzte Schrei.« Nguyen berührte seinen dichten schwarzen Bürstenschnitt. »Tut mir leid, damit kriegt ihr von niemandem ein Papier.«
»Kommen Sie, John, wir haben mehr«, sagte Milo. »Travis Huck hat deutlich gezeigt, dass er uns aus dem Weg gehen will.«
»Weil er nicht daheim war, als ihr vorbeigeschaut habt? Außerdem trug er eine Mütze, so dass ihr euch nicht sicher sein könnt, dass er’ne Billardkugel ist.«
»Das, was unter der Mütze zu sehen war, war eindeutig kahl.«
»Was ist, wenn er sich seitlich rasiert und oben einen Wuschelkopf hat? Wie der Typ in dem Film, den David Lynch vor Jahren gedreht hat … Ihr wisst schon, welchen ich meine.«
Schweigen.
»Eraserhead«, sagte Nguyen. »Verdammt, was ist, wenn ihr ihm die Mütze runterreißt und ein riesiger Afro zum Vorschein kommt? Ihr verlasst euch auf eine mickrige Beschreibung, die weniger wert ist als ein Flohschiss. Aber ich will euch nicht aufhalten, angelt euch ruhig einen Richter. Ich kann bloß kein gutes Wort für euch einlegen, dazu ist die Sache viel zu blutarm.«
Er warf einen Blick auf Travis Hucks jüngstes Führerscheinfoto. »Hier hat er eine ziemlich üppige Lockenpracht. Aber nehmen wir mal an, er hat sich tatsächlich den Schädel
rasiert. Dann müsst ihr nachweisen, dass das im fraglichen Zeitrahmen passiert ist, so dass er der Typ sein könnte, den man mit Selena gesehen hat. Nein, sogar noch früher - mit Montouthe. Wann war das, vor zwei Jahren?«
»Vor fünfzehn Monaten«, sagte Milo.
Nguyen spielte noch ein bisschen mit dem Baseball. »Ich bin mir sicher, dass eure Intuition richtig ist, was diesen Typen angeht, aber was ihr vorliegen habt, ist einfach zu schwach. Selbst wenn wir mal davon absehen und sagen, ihr habt so viel ausgegraben, dass ein hinreichender Tatverdacht gegen Mr. Huck besteht, dann haben wir trotzdem noch Schwierigkeiten, ins Haus zu gelangen. Es ist nämlich nicht seines, sondern gehört seinem Arbeitgeber. Der nicht unter Verdacht steht.«
»Noch nicht«, entgegnete Moe Reed.
Nguyen rollte den Baseball zwischen den Fingerspitzen hin und her. »Wollen Sie mich damit auf irgendwas hinweisen? Ein Gesamtbild zum Beispiel?«
Milo berichtete von den Swingerpartys, die Selena Bass ihrem Bruder geschildert hatte, ihrer anschließenden Anstellung als Kelvin Vanders Klavierlehrerin. Der Abreise der Familie Vander.
»Okay, sie ist vom Partygirl zu Bach aufgestiegen«, sagte Nguyen. »Na und?«
»Vielleicht war Bach nur ein Vorwand, damit man sie regelmäßig ins Haus holen konnte«, wandte Reed ein.
»Verschrobene reiche Leute«, sagte Nguyen. »Junge, das ist ja was ganz Neues in Hollywurm. Die gleiche Frage, Jungs: Wer sagt denn, dass ›Swingerpartys‹ mehr sind als ein schöner, sauberer Zeitvertreib für Erwachsene? Ihr habt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass ein Zusammenhang zu dem SM-Zeug besteht, auf das sich zwei von euren Nutten angeblich eingelassen haben. Und offen gestanden klingt es
nicht so, als ob eure andere Nutte … diese Chenoweth, sich von irgendjemand hätte fesseln lassen. Ganz im Gegenteil.«
»Wir haben eine Reitgerte in Selenas …«
»Sie mag also Pferde. Das soll bei Mädchen vorkommen.« Nguyen drehte sich mit seinem Stuhl herum, legte den Baseball auf einen Plastikständer und stülpte liebevoll die Schachtel drüber. »Ich weiß, dass ich ein Arschloch bin, aber von der anderen Seite kann euch noch was viel Schlimmeres unterkommen, also geht lieber vorsichtig vor.«
»Was soll das heißen?«
»Besorgt euch besseres Beweismaterial.«
Ich fragte: »Wenn die Vanders eine Durchsuchung erlauben würden, wäre dann Hucks Unterkunft inbegriffen?«
Nguyen lehnte sich zurück. »Interessante Frage … Könnte davon abhängen, welche Vereinbarung Huck mit den Vanders getroffen hat. Ist sein Zimmer ebenso wie das Gehalt Bestandteil des Arbeitsvertrages? Wenn ja, dann wäre es eine ihm von Rechts wegen zustehende Unterkunft und würde juristisch behandelt wie jeder andere gemietete Wohnraum - dazu kann nur der Bewohner selbst Zugang gewähren.«
»Wenn der Bewohner noch in der Wohnung ist.«
Nguyen lächelte. »Sie hätten Anwalt werden können, Doc. Ja, wenn er weg ist und die Vanders gewähren den Zugang, kommt ihr natürlich rein. Und wenn es keine förmliche Vereinbarung in Zusammenhang mit dem Job war und er einfach eingezogen ist, könnte man vermutlich darauf verweisen, dass er nur ein Gast ist. Wie lange wohnt er schon dort?«
»Drei
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