Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
bemühte mich darum, so dienstbeflissen wie möglich zu wirken, als wir uns die Hand schüttelten. Ihre sachliche Art und meine Gedanken an DeMaura Montouthe halfen mir dabei.
Als sie mich in ein freies Behandlungszimmer führte, erkundigte sie sich, was ein Psychologe bei der Polizei machte. Ich gab ihr eine kurze Erklärung, und sie schien damit zufrieden zu sein.
Das Zimmer roch nach rohem Steak und Pfefferminz. Poster über Zahnfleischpflege und bedrohliche Fotos über die Folgen einer nachlässigen Zahnfleischpflege klebten an den Wänden. Neben verchromten Reinigungsinstrumenten, Küretten und Flaschen mit Wattebäuschen standen Behälter mit kostenlosen Zahnbürsten und Zahnpasta. An der einen Seite lag eine hellrote Behandlungskarte.
Faye Martin hockte sich auf einen Rollstuhl und legte die Hand auf die Karte. Sie schlug die Beine übereinander und knöpfte ihren Kittel auf, unter dem eine schwarze Bluse, eine schwarze Hose und eine goldene Kette mit einem wuchtigen Amethyst zum Vorschein kamen. Sie war fülliger, als sie auf den ersten Blick gewirkt hatte. Sie schien sich ihres Aussehens nicht bewusst zu sein.
Die einzige andere Sitzgelegenheit war der Behandlungsstuhl, der noch zurückgekippt war. »Oh, sorry«, sagte sie, stand auf, stellte ihn hoch. Ich setzte mich darauf.
»Machen Sie den Mund weit auf, solange Sie hier sind, und lassen Sie mich einen Blick auf Ihr Gebiss werfen - tut mir leid, die Sache mit DeMaura ist schrecklich, ich sollte keine Scherze machen.«
»Es gibt keinen besseren Grund für Scherze«, entgegnete ich.
Faye Martin zuckte die Achseln. »Vermutlich … Ich nehme an, es war ein gewaltsamer Tod?«
»Wenn es sich um ihre Leiche handelt, dann ja.«
»Ihre Leiche.« Sie setzte sich wieder. »Arme DeMaura. Haben Sie eine Ahnung, wer es gewesen ist?«
»Noch nicht. Wenn Sie mir ihre Identität bestätigen könnten, wäre das eine große Hilfe.« Ich beschrieb ihr das auffällige Zahnbild, das Dr. Hargrove aufgelistet hatte.
»Das ist sie«, sagte Fay Martin. »Verdammt.«
»Müssen Sie sich die Röntgenbilder ansehen?«
»Bevor ich irgendwas beschwöre, muss ich es tun, aber sie ist es ganz sicher. Diese Verbindung von Anomalien ist selten. DeMaura und ich haben uns immer darüber lustig gemacht. Milchzähne. ›Ich glaub, ich bin nie erwachsen geworden, Doc‹, hat sie immer gesagt.«
Sie nahm die Karte, las ein paar Sekunden, legte sie wieder hin. »Sie hatte ein hübsches Lachen. Alles andere war so … Was kann man bei einer derartigen Lebensweise schon erwarten. Aber ihre Zähne hätten einer gesunden Frau gehören können.«
Ein nicht lackierter Fingernagel schnippte an einen Knopf ihres weißen Kittels. »Sie war ein netter Mensch, Dr. Delaware. Fast immer fröhlich. Ich fand das ziemlich bemerkenswert in Anbetracht ihrer Lage.«
»Klingt, als hätten Sie sie ziemlich gut gekannt.«
»Soweit man unter diesen Umständen jemanden kennen kann«, schränkte sie ein. »Von den Kindern einmal abgesehen,
behandeln wir größtenteils Menschen ohne festen Wohnsitz. Aber DeMaura ließ sich ziemlich regelmäßig einen Termin geben.«
Faye Martin blickte erneut auf die Karte. »Sie kommt seit drei Jahren. In den ersten sechs Monaten war sie bei Dr. Chan. Als er in den Ruhestand ging, habe ich sie übernommen.«
»Die Patienten bekommen feste Zahnärzte zugeteilt?«
»Wenn es die Arbeit zulässt, versuchen wir so weit wie möglich wie eine Privatpraxis zu arbeiten. Bei DeMaura war das leicht, weil sie lediglich die Zähne reinigen lassen musste - oh, ja, und ganz am Anfang musste eine Plombe ersetzt werden.«
»Warum musste sie regelmäßig kommen, wenn ihre Zähne bloß gereinigt wurden?«
»Sie neigte zur Plaquebildung, aber nicht über die Maßen.« Dr. Martin spielte mit der Karte. »Dr. Chan ließ sie zweimal im Jahr kommen, aber ich habe sie alle drei Monate herbestellt. Um sie im Auge zu behalten, nicht nur wegen der Zähne, sondern insgesamt. Ich hatte das Gefühl, dass sie nur dann eine regelmäßige medizinische Betreuung bekam, wenn ich sie überwies.«
»Klingt, als hätte sie Ihnen vertraut.«
»Sie ließ sich Zeit und hörte zu. Ehrlich gesagt, habe ich gern mit ihr geredet. Sie konnte so lustig sein. Leider kam sie dann nicht mehr …« Faye Martin blätterte um. »… seit fünfzehn Monaten. Wann genau ist sie gestorben?«
»Möglicherweise um diese Zeit.«
»Ich hätte mir darüber klar sein müssen, dass etwas passiert ist; sie war immer so
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