Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
nicht, dachte ich und überlegte noch einmal: Warum war Silford Duboff in den Tod gelockt worden?
Ihn zu beseitigen passte nicht zu einem Sexualtäter und Psychopathen, dem es auf den Kitzel ankam. Das einzig nachvollziehbare Motiv wäre, dass er zu viel gewusst hatte - Kenntnis von irgendetwas hatte, das ihm selbst möglicherweise völlig harmlos vorkam.
Lagen noch weitere Knochen im Schlamm? Die Luftaufnahmen hatten nichts ergeben, aber die Erde hat ihre ureigene Art, Tode zu schlucken und zu verdauen.
Vielleicht hatte auch Alma Reynolds recht, und Duboffs Wunsch, den Retter zu spielen - sein Kindheitstrauma zu überwinden -, hatte ihn letztlich in die Falle tappen lassen.
Vom analytischen Standpunkt her fühlte sich das ganz stimmig an, aber sosehr ich die Sache auch drehte und wendete, es kam nichts weiter dabei heraus. Ein leises Klopfen an meiner Bürotür riss mich aus der Endlosschleife.
»Du wirkst völlig versunken«, sagte Robin.
»Nein, ich bin fertig.«
»Wenn nicht, kann ich auch kochen.«
Ich stand auf und ging mit ihr in die Küche.
»Die eiserne Ration aus dem Supermarkt, genau wie in der Sesamstraße «, sagte sie. »Möchtest du Ernie oder Bert sein?«
»Vielleicht Oscar.«
»So ein Tag, was?«
Blanche kam hereingetrottet und lächelte.
»Sie kann den Tisch decken«, sagte ich.
23
»Kopf, Arme und Beine in Missouri«, sagte Moe Reed. »Kopf, Hände und Füße in New Jersey. Drei Hände und nur die Füße in …« Er überflog seine Notizen. »Im Staat Washington, in West Virginia und in Ohio.«
»Nirgendwo bloß Hände?«, fragte Milo.
»Nee. Und auch kein Säurebad. Außerdem hat man in drei Fällen eine Ahnung, wer es war, aber nicht genug Beweise, um Anklage zu erheben.«
Wir saßen am Ende eines weiteren zähen Tages in einem Vernehmungsraum an der Westside. Auf Milos telefonische Nachfrage bei Buddy Weir hin hatte ihm die Anwaltsgehilfin mitgeteilt, dass man »noch mit der Sache beschäftigt« sei. Die Observation des Hauses an der Calle Maritimo durch Streifenpolizisten in Zivil hatte nichts gebracht, wenn man einmal vom Eintreffen eines Gärtnertrupps absah. Die Gärtner hatten keine Ahnung, ob Huck im Haus war, und als Milo sie überredete zu klingeln, meldete sich niemand.
Huck reagierte nach wie vor nicht auf die telefonische Aufforderung, mit der Polizei zu sprechen.
Reed sagte: »Bei der Sache in New Jersey ist man sich sicher, dass es sich um eine Mobgeschichte handelt. Das Opfer wurde anhand einer Operationsnarbe am Rücken identifiziert.«
»Ein Mafioso mit’nem Bandscheibenschaden. Sonst noch was?«
Reed schüttelte den Kopf.
»Hat bei irgendeiner dieser Amputationen nur eine Hand gefehlt?«, sagte ich.
»Nee.«
»Weil das Abhacken dazu diente, die Ermittlungen zu erschweren. Darum geht es bei unserem Fall nicht. Unsere Hände haben symbolischen Charakter.«
»Wofür?«, hakte Milo nach.
»Ich verstehe mich auf Fragen, nicht auf Antworten«, sagte ich. »Aber vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass Selena Klavier gespielt hat?«
»Klavier spielt man mit beiden Händen, Alex.«
»Die rechte Hand spielt die Melodie.«
Ihre Mienen sahen aus, als wollten sie danke sagen, aber nein danke.
»Es könnte auch sein«, sagte ich, »dass jemand bewusst versucht, die Morde bizarr wirken zu lassen.«
»Du meinst einen vorgetäuschten psychosexuellen Hintergrund«, fragte Milo, »aber um was zu verbergen?«
»Ich muss immer wieder auf Selena zurückkommen. Sie hebt sich wirklich von den anderen ab. Was ist, wenn es bei der ganzen Sache um sie ging und die anderen Frauen nur zur Vorbereitung dienten?«
»Über ein Jahr Vorbereitung?«, wandte Milo ein. »Warum soll Selena so wichtig gewesen sein?«
»Weil sie irgendwas wusste und dadurch zu einer Gefahr wurde. Irgendwas so Schwerwiegendes, dass ihr Computer
mitgenommen wurde. Aus dem gleichen Grund wurde auch Duboff umgebracht.«
»Bei langer Planung geht es für gewöhnlich um Geld.«
Reed sagte: »Und die Vanders haben viel Geld - wir kommen immer wieder auf sie zurück. Und auf Huck, der für sie arbeitet.«
»Wenn du recht hast, was die anderen Frauen angeht«, sagte Milo, »dann vergeuden wir nur unsere Zeit, wenn wir nach Hintergrundinformationen über sie suchen.«
»Irgendwie muss der Mörder Kontakt zu ihnen aufgenommen haben«, gab ich zu bedenken. »Daher könnte es trotzdem nützlich sein.«
»Ich habe den ganzen Flughafenstrich abgeklappert«, berichtete Reed, »und niemand erinnert sich
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