Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
hellen Sommersprossen und kornblumenblauen Augen.
Die jüngere Version der Mutter. Die beiden hockten Händchen haltend auf dem wuchtigen königsblauen Damastsofa wie zwei Kobolde.
Das mit roter Seide tapezierte Wohnzimmer schimmerte
wie Blut unter dem Swarovski-Kronleuchter. Er hing an einer langen, mit aquamarinblauem Satin ummantelten Kette von der fünf Meter hohen vergoldeten Kassettendecke. Vor den Sprossenfenstern erstreckten sich samtige Zierrasenflächen. Auf beiden Seiten des Zimmers standen massive Steinkamine - über dem einen prangte ein Renoir, über dem anderen ein Matisse. Beide Gemälde sahen echt aus.
Wir hatten mehrere Minuten an dem Pförtnerhaus in Brentwood Park gewartet, bevor wir eingelassen worden waren.
»Ich bin ja so stolz auf Sarabeth«, sagte Hayley Oster. Sie trug einen pflaumenfarbenen Velourstrainingsanzug von Juicy Color . Ein heißer Tag, aber in der Villa war es so kalt wie in der Feinkostvitrine eines Supermarkts. Der Juicy ihrer Tochter war moosgrün.
Oster, wie die Malls und Einkaufszentren.
»Wir sind ebenfalls stolz, Ma’am«, sagte Milo. Als er lächelte, drückte sich Sarabeth noch enger an ihre Mutter.
Hayley Oster fragte noch einmal: »Sind Sie ganz sicher, dass ich Ihnen nichts zu trinken bringen darf? Es war überaus zuvorkommend von Ihnen, dass Sie uns die Fahrt zum Polizeirevier erspart haben.«
»Nein danke, Ma’am. Wir sind Ihnen sehr verbunden, dass Sie angerufen haben.«
»Das war das Mindeste, was ich tun konnte, Lieutenant. Als Sarabeth in diesen Wirbel um Chance Brandt in der Schule hineingezogen wurde, haben wir ihr klargemacht, dass sich etwas ändern muss. Stimmt’s, mein Schatz?«
Sie lächelte ihre Tochter an, versetzte ihr aber einen Stoß mit dem Ellbogen.
Sarabeth blickte zu Boden und nickte.
Hayley Oster sagte: »So wie mein Mann und ich die Sache sehen, Lieutenant, ist eine privilegierte Herkunft ein Geschenk,
das man nicht missbrauchen sollte. Keiner von uns kommt aus reicher Familie, und es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht unserem Glücksstern dafür danken, dass wir es so weit gebracht haben. Harvey und ich sind der Meinung, dass man Geschenke auf irgendeine Art vergelten sollte. Wir dulden keine Charakterschwäche. Deswegen hatten wir stets Vorbehalte, was Sarabeths Umgang mit Chance angeht.«
Das Mädchen schien etwas einwenden zu wollen, überlegte es sich aber anders.
»Ich weiß, dass du meinst, ich wäre zu hart, Liebes, aber eines Tages wirst du einsehen, dass ich recht habe. Chance ist oberflächlich . Alles an ihm ist nur Fassade und nichts dahinter. Schlimmer noch: Ihm fehlt jedes Rückgrat. In gewissem Sinne bin ich dadurch noch stolzer auf Sarabeth. Obwohl sie sich in amoralischer Gesellschaft befand, hat sie sich für eine eigene Meinung entschieden.«
Das Mädchen verdrehte die Augen.
Milo wandte sich an sie. »Warum erzählst du uns nicht einfach davon, Sarabeth?«
»Es war genauso, wie ich’s Mom erzählt habe.«
»Erzähl’s ihnen«, sagte Hayley Oster. »Sie müssen es von dir persönlich hören.«
Sarabeth holte tief Luft und schüttelte die Haare aus. »Okay … okay. Jemand hat letzte Nacht angerufen. Drüben bei Sean.«
»Welchem Sean?«, hakte Reed nach.
»Capelli.«
Hayley fügte hinzu: »Das ist ein anderer von diesen oberflächlichen jungen Männern. In Sarabeths Schule scheint man die regelrecht zu züchten.«
»Jemand hat Sean angerufen?«, fragte Milo.
»Hmm«, sagte Sarabeth. »Er hat Chance angerufen. Wir waren bei Sean.«
»Einfach rumgehangen?«
»Hmm.«
»Erzähl uns von dem Anruf.«
»Er hat gesagt, er wär ein Cop - einer von euch. Dann hat er gefragt, ob noch jemand ins Büro gekommen wäre, als Chance dort war. Chance hat ständig rumgeblödelt und ein ums andere Mal ›Yeah‹ gesagt. Er fand das irgendwie komisch.«
»Den Anruf?«
Das Mädchen antwortete nicht.
Ein weiterer Ellbogenstoß entlockte ihr ein »Autsch«.
»Mein armer Schatz«, sagte Hayley Oster mit verkniffenem Mund. »Bringen wir es schleunigst hinter uns, Sarabeth.«
»Er hat gelogen«, sagte Sarabeth. »Chance. Weil jemand reingekommen ist .«
»Ins Büro?«
»Yeah.«
»Wer?«
»Er hat bloß gesagt, dass er ihn gekannt hat, wollte es aber nicht verraten, weil er sonst noch mal von den Cops ausgequetscht werden würde und ihm sein Vater den Arsch …«
»Sara!«
»Was auch immer«, sagte das Mädchen.
»Was auch immer, in der Tat, junge Frau. Drücke dich gefälligst so aus, wie es sich für
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