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Knochensplitter

Knochensplitter

Titel: Knochensplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S MacBride
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dir besser?«
    Tapfere kleine Mädchen weinen nicht. »M-hm. Die Antibotiker machen meinen Bauch ganz grummelig.«
    Mami beugt sich herab und küsst sie auf den Kopf. »Ich weiß, Schätzchen, ich weiß. Aber sie helfen dir.«
    Jenny blinzelt die Tränen weg. »Sind wir bald tot?«
    »Schsch … Nur noch zwei Tage, dann lassen die bösen Männer uns nach Hause gehen. Dich, mich und Teddy Gordon.«
    Jenny hebt den Kopf und starrt mit gerunzelter Stirn zum Fußende des Betts, wo diese scheußlichen Toter-Fisch-Gierige-Krähen-Augen im Dunkeln schimmern. Teddy Gordon will nicht nach Hause. Teddy Gordon ist genau da, wo er von Anfang an sein wollte. Wo er zusehen kann, wie sie leiden.
    »Samantha? Samantha? Kannst du mich hören? Du musst jetzt meine Hand drücken, okay?«
    Der Rettungswagen raste durch die Straßen, mit blitzendem Blaulicht und kreischender Sirene; ein Streifenwagen als Vorhut. Logan saß auf dem kleinen Klappsitz, klammerte sich mit einer Hand an den Sicherheitsgurt und hielt mit der anderen die Sauerstoffmaske fest. Der Wagen schaukelte, als sie von der äußersten Spur des Mounthooly-Kreisels in die Hutcheon Street einbogen.
    »Komm schon, Samantha, drück meine Hand.«
    Der Infusionsbeutel, von dem der Schlauch sich zu Samanthas Handgelenk zog, schaukelte hin und her. Der Herzmonitor piepste. Die Sanitäter beugten sich über sie, als ob sie beteten.
    Vielleicht … Vielleicht war das ja keine so schlechte Idee.
    »Weiblich, Ende zwanzig, Aufpralltrauma und Rauchvergiftung.« Der Arzt lief neben der Rolltrage her und las von einem Klemmbrett ab, als sie durch die Notaufnahme stürmten.
    Unglückliche Menschen starrten sie vom Wartebereich aus an, als sie vorbeieilten und Logan humpelnd Schritt zu halten versuchte. Ein beklemmendes Gefühl in der Brust. Als hätte etwas Schweres sich daraufgesetzt.
    Der Arzt blätterte weiter zur nächsten Seite. »Ihr Blutdruck gefällt mir aber gar nicht.«
    Rumms, durch eine Doppeltür in einen Flur mit abgewetztem Boden, die Wände in rissigem Mintgrün gestrichen. Der Geruch nach gekochtem Kohl und Bleichmittel war so intensiv, dass er den Brandgestank überlagerte, der in Logans Kleidern und Haut hing.
    Samanthas Gesicht war entsetzlich bleich und zugleich schwarz von Dreck und Ruß.
    »Sir?«
    Eine Hand an seinem Arm.
    Logan lief weiter.
    »Sir, Sie müssen mit mir kommen, okay?«
    Er versuchte, seinen Arm loszureißen, aber die Hand hielt ihn fest gepackt, die Finger bohrten sich in seine wunde Haut. »Ich muss –«
    »Ich weiß, aber sie ist in guten Händen. Sie müssen die Ärzte ihre Arbeit machen lassen.«
    Er saß auf einer Untersuchungsliege, wo ein total übermüdet wirkender Arzt, dessen Namen Logan schon wieder vergessen hat, ihm Brust und Rücken abklopfte. »Nun ja, Sie haben wahrscheinlich so viel Rauch eingeatmet, dass es für die nächsten fünf Jahre reicht, aber abgesehen davon …«
    »Wie geht es ihr?«
    Er seufzte. Zuckte mit den Achseln. Unterdrückte ein Gähnen. »Es wird eine Weile dauern. Sie sollten nach Hause gehen. Sich ein bisschen ausruhen.«
    Nach Hause gehen – wie sollte er das denn bitte anstellen?
    Logan blickte von dem knarzenden Plastikstuhl auf, als eine Krankenschwester vorüberhetzte. Bei jedem Schritt gaben die Sohlen ihrer Turnschuhe kleine Quiekser von sich, die die summende Stille des Krankenhauses durchbrachen. »Kann mir vielleicht irgendjemand –«
    »Tut mir leid, ich weiß gar nichts.« Sie bremste nicht einmal ab.
    »Aber –«
    »Tut mir leid.« Und weg war sie.
    Logan blinzelte. Schüttelte sich. Der Flur war menschenleer, nur die Klimaanlage surrte vor sich hin, und irgendwo hustete jemand.
    Es war mitten in der Nacht, aber am Licht hätte man das nicht erkennen können. Es blieb vierundzwanzig Stunden am Tag gleich, dieses entsetzliche anstaltsmäßige Zwielicht, das zu den scheußlichen grünen Wänden und den gesprungenen Terrazzoplatten passte. Eine düstere, neonbeleuchtete Welt, die einen niemals losließ. Hier wurde man geboren, hier wurde man krank, und hier starb man.
    Bären. Schutt. Selbstmord. Feuer –
    »He, Alter, immer noch hier?«
    Logan schüttelte sich. Reckte sich in seinem Plastikgefängnis. »Tut mir leid –«
    »Alter, du solltest vielleicht mal ’ne Runde schlafen oder so.« Er sah aus, als wäre er keinen Tag über zwanzig. Lange Haare, Piercings in Nase, Ohren, Augenbrauen und Lippe, grauer Overall mit Namensschild. Er zog einen weißen Ohrhörer heraus und stützte sich auf

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