Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knochensplitter

Knochensplitter

Titel: Knochensplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S MacBride
Vom Netzwerk:
neben einer großen Gefriertruhe standen eine Waschmaschine und ein Trockner, und dort, wo die Fenster sein sollten, waren von Feuchtigkeit aufgequollene Spanplatten an die Wand genagelt.
    Er ging über den nackten Betonboden auf die Zimmerecke zu, sah sich noch einmal nach McInnes um, der nach wie vor wimmernd dalag und sein ramponiertes Knie zusammenzuhalten versuchte, und bog dann um die Ecke in den langen Schenkel des L-förmigen Raums.
    Trisha Brown lehnte zusammengesunken an einem Nachtspeicherofen. Sie war nackt, ein Arm war an die Streben des Heizkörpers gefesselt. Ihr Handgelenk war ringsum aufgeschürft, der Arm von den Fingerspitzen bis fast zum Ellbogen mit Blut verschmiert. Und der andere Arm … Logan sah gleich wieder weg. Menschliche Gliedmaßen waren nicht dafür gedacht, sich so zu verbiegen. Die Beine sahen noch schlimmer aus: verdreht und gebrochen, bedeckt mit Schorf und Schwielen, die blassen Oberschenkel mit kleinen roten Brand- und Bissmalen übersät.
    Ein scharfer Geruch nach Urin und Tannenduft-Desinfektionsmittel lag in der Luft, überlagert von Schweiß und Kot.
    »Trisha?« Er schluckte. »Trisha, können Sie mich hören?« Er kniete sich neben sie, tastete nach einem Puls, fühlte ein kräftiges Pochen. »Trisha, es wird alles gut.« Er legte eine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an. »Scheiße …« Ihre Nase war nach links verzogen, beide Augen zugeschwollen, das Kinn schief, die Lippen aufgeplatzt und blutig, eine Wange irgendwie verformt – wahrscheinlich gebrochen – und jeder Quadratzentimeter Haut mit einem grellen Regenbogen von Blutergüssen bedeckt. »Sind Sie –«
    Ihr Kopf ruckte vor, sie riss den Mund auf, zackige Stümpfe ragten aus dem blutigen Zahnfleisch.
    Logan wich zurück und zog blitzschnell die Hand weg. Trisha wankte, ihre Schultern zuckten, dann fiel sie wieder schlaff gegen den verbeulten Radiator. Ein Laut irgendwo zwischen einem Knurren und einem Zischen entwich ihren wunden Lippen.
    O Gott.
    Logan wandte sich ab, ging um die Ecke und zurück in den Flur.
    » SIE !« Er packte ein Büschel von McInnes’ langen, fettigen grauen Haaren. »Wo ist der Schlüssel?«
    »Ich weiß nicht –«
    Logan zerrte an seinen Haaren. »Wo ist der Scheißschlüssel?«
    Der alte Mann schrie, ließ sein Knie los und packte Logans Hand, die ihn zu skalpieren drohte. »Im Kasten! Im Kasten!«
    Logan zerrte ihn über den Flur zu dem kleinen Holzkasten an der Wand, in dem auch der Garagenschlüssel gehangen hatte. McInnes schrie und heulte, hoppelte mit seinem gesunden Bein über den Teppich, während das andere kraftlos durch das Kistenchaos schleifte.
    Der Handschellenschlüssel war nicht schwer zu finden – Logan riss ihn vom Haken und zerrte McInnes mit sich durch die Tür in das L-förmige Zimmer.

46
    »Was hätte ich denn tun sollen?« Darren McInnes saß auf dem Rücksitz des Streifenwagens, die Hände hinter dem Rücken in Handschellen, einen Eisbeutel auf das angeschwollene Knie gebunden.
    Die Haustür ging auf, und eine Gestalt in einem grünen Overall schob sich im Rückwärtsgang heraus, in den Händen die Metallgriffe einer Krankentrage.
    McInnes lachte kurz auf und zuckte zusammen. Er sah zu, wie Trisha zu dem wartenden Krankenwagen getragen wurde. »Sie war meine Erste, haben Sie das gewusst? Mein erstes kleines Mädchen aus Fleisch und Blut.«
    Logan sah ihn an. »Seien Sie still.«
    »Davor waren es nur Bilder, aber dann wurde ich aus dem Gefängnis entlassen, und sie gaben mir eine Sozialwohnung, gleich bei Trisha um die Ecke … Sie war so klein und so hübsch, und ich weiß noch, wie sie einmal vom Rad gefallen ist und sich den Arm gebrochen hat, und ich wollte ihr nur das Gefühl geben, geliebt zu werden, also hab ich –«
    »Wenn Sie nicht bald von Ihrem Recht zu schweigen Gebrauch machen, dann schwör ich bei Gott …«
    Ein Seufzer. »Ihre Mutter war die meiste Zeit sturzbetrunken, oder sie brauchte dringend ’nen Schuss, und dann ist sie unten am Hafen auf den Strich gegangen, um sich das nächste High leisten zu können. So eine vielbeschäftigte alleinerziehende Mutter braucht ’nen Babysitter.«
    »McInnes –«
    »Ich habe nicht mehr lange zu leben.« Er drehte sich zu Logan um und lächelte. Die Haut um sein rechtes Auge herum war schon dunkelblau und lila verfärbt, die Lider dick angeschwollen, das Weiße blutig rot. »Krebs – Leber und Nieren, alles voller Metastasen. Der Arzt hat mir noch drei Monate gegeben, das ist jetzt vier

Weitere Kostenlose Bücher