Knochensplitter
ein kleines Kügelchen Blu-Tack aus der Tasche und drückte es auf den Türspion. Dann trat er einen Schritt zur Seite und klopfte.
Nichts.
Logan schlug mit der flachen Hand gegen das Holz, dass die ganze Tür erzitterte.
Pause.
»Vielleicht sind sie nicht …«
Von drinnen kam eine Stimme. »Okay, okay, nun mach mal halblang, ey!« Einen Moment lang hörte man nur leises Füßescharren. Vermutlich spähte der Sprecher gerade durch den Spion und sah, dass er rein gar nichts sehen konnte. »Wer ist da?«
Logan legte ein Zittern in seine Stimme. »Dave … Dave sagt, du könntest … weißt schon. Was besorgen und so?«
Wieder eine Pause.
»Wie viel?«
Ganz egal, wer es war – irgendeinen Dave kannten sie immer . »Fünfzig Pfund?«
Man hörte das Klacken und Rasseln von Riegeln und Ketten. Dann ging die Tür auf, und ein kleiner, stark behaarter Mann stand vor ihnen. Seine Jeans hing ihm fast auf den Oberschenkeln und gab den Blick auf seine Calvin-Klein-Unterhose frei. Ein Muscle-Shirt spannte sich über den stattlichen Bierbauch, und ein dichter Pelz wucherte auf seinen Schultern. Goldkettchen um den Hals und ein weißes Pulver in seinem dichten Schnauzbart. »Was darf’s denn sein? Wir haben …« Seine Augen weiteten sich. »Scheiße.«
DI Steel schob ihren Fuß in den Türspalt. »’n Abend, Willy, wie geht’s der Gattin und den Kinderlein?«
Der Zwiebelgeruch wurde stärker.
»Scheiße, verdammte.« Willy rieb sich mit der Hand über den Schnauzer und versuchte das Pulver wegzuwischen. »Es ist nicht das, wonach es aussieht, ich hab bloß … ich backe grad ’nen Kuchen, also ’ne Quiche, wollt ich sagen, und … Äh …«
»Ist dein Glückstag heute, Willy: Mich juckt weder, ob du gegen deine Bewährungsauflagen verstößt, noch deine Dealerei – ich will bloß mit Shuggie reden. Weißt du, wo er steckt?«
Die Augen des kleinen Mannes zuckten nach links. »Ich … hab ihn nicht gesehen. Schon ewig nicht mehr.«
Steel lächelte. »Dann nehm ich alles zurück. Ist doch nicht dein Glückstag heute.«
Logan zog seine Handschellen aus der Tasche. »William Cunningham, ich verhafte Sie wegen des Verdachts –«
»Er ist mein Kumpel, ich kann ihn doch nicht einfach –«
Steel nickte. »Verstehe, Willy, sehr nobel von dir. Sergeant?«
»– des Besitzes illegaler Drogen mit der Absicht des Verkaufs –«
»Ich bitte Sie, Inspector, Molly bringt mich um. Nun seien Sie doch vernünftig.«
»Willy, Willy, Willy – hast du mich schon jemals vernünftig erlebt?«
Er starrte auf den Boden. »Shuggie ist in der Küche. Könnten Sie nicht wenigstens die Wohnung stürmen oder so? Damit es so aussieht … Sie wissen schon?«
»Nix da.« Steel tätschelte ihm die haarige Schulter. »Nach dir, hm?«
Es war eine hübsche Wohnung. Nicht besonders groß, aber gut geschnitten und ordentlich aufgeräumt, in gedeckten Farben gestrichen, mit Fotos und Drucken an den Wänden. Als sie den Flur entlanggingen, zog Willy rasch die Wohnzimmertür zu, aber vorher erhaschte Logan noch einen Blick auf ein kleines Kind in einem Spiderman-Kostüm mit rosa glitzernden Feenflügeln am Rücken, das auf steifen, speckigen Beinchen herumhopste.
Willy hielt inne, die Klinke der Küchentür in der Hand. »Geben Sie mir ’ne Sekunde, okay?«
Steel versetzte ihm einen Stoß. »Los, rein mit dir.«
Er wankte mit erhobenen Händen in die Küche. »Shuggie, tut mir echt leid. Hatte keine Wahl …«
Shuggie Webster saß über einen kleinen Tisch gebeugt, der die Lücke zwischen Spüle und Wand ausfüllte. Aus einer Bratpfanne auf dem Herd stieg der süßlich-würzige Duft von gedünsteten Zwiebeln auf.
Shuggie schien eine Ewigkeit zu brauchen, um den Kopf zu heben und sich umzusehen. Seine Augen sahen aus wie zwei schwarze Knöpfe, die an sein teigiges Gesicht genäht waren. An Wange und Kinn hatte er Blutergüsse. Seine rechte Hand war mit einem schmuddeligen Verband umwickelt; nur der Daumen lugte aus dem mit roten und gelben Flecken gesprenkelten Gefängnis hervor. Ein getrockneter Blutspritzer zierte Shuggies Kapuzenshirt.
Er blinzelte. Runzelte die Stirn. Blinzelte noch einmal. Und schüttelte dann den Kopf.
Willy drückte sich an den Herd und rührte seine Zwiebeln um. »Kann sie ja nicht verbrennen lassen.« Auf einem Schneidbrett neben der Herdplatte lag ein heller Mürbeteigboden.
Logan trat in den kleinen Raum, wo es allmählich eng wurde. »Komm schon, Shuggie. Wir müssen jetzt aufs Präsidium.«
Es war
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