Knochenzeichen
mögen Thai-Essen.« Sie hielt inne und musterte Cait kurz von Kopf bis Fuß. »Und dass Sie überhaupt essen.«
Cait unterdrückte den kurz in ihr aufflammenden Ärger und griff nach der Speisekarte. »Meine Zeit als hungerndes Model liegt schon über zehn Jahre hinter mir.«
Sheriff Andrews schnaubte. »Sie werden es nicht bereuen. Der Koch hier ist ein echter Könner.«
Erst nach einer ganzen Weile legte Andrews ihre Speisekarte ab und winkte dem Kellner. Cait wartete, bis er ihre Bestellungen notiert hatte und davongeeilt war, bevor sie die Frage stellte, die sie schon die ganze Zeit plagte, seit Andrews sie vor ein paar Stunden angerufen hatte. »Was gibt es? Ihr Anruf klang dringend.«
Sheriff Andrews zog über dem Rand ihres Wasserglases die Brauen hoch und trank. »Sollte er gar nicht. Ich wollte nur vor morgen früh mit Ihnen reden und dachte, ein gemeinsames Essen würde uns die Zeit und die Ungestörtheit geben, die wir brauchen.« Es war nicht zu übersehen, dass auch sie direkt aus der Arbeit kam. Sie trug noch ihre Uniform.
»Was ist denn morgen früh?«
»Pressekonferenz.«
Natürlich. Cait lehnte sich zurück und spürte zynische Gedanken in sich aufsteigen. Sharper hatte vor ein paar Tagen erwähnt, wie wenige Informationen die Medien erhalten hatten. Zu Caits Überraschung hatte es sich Sheriff Andrews nämlich verkniffen, regelmäßige Presse-Updates herauszugeben.
Das erinnerte sie ein weiteres Mal daran, dass die Frau nicht dumm war. Und dass sie einen Plan hatte, der weit über diesen Fall hinausreichte.
Was auch immer ihre Gründe sein mochten, bis jetzt war Cait von Sheriff Andrews’ Zurückhaltung durchaus angetan. Es gab nichts Schlimmeres als einen publicitygeilen Gesetzesvertreter, der Einzelheiten ausplauderte, die sie der Öffentlichkeit lieber vorenthalten hätte.
Was Andrews nun vorbrachte, entsprach ziemlich genau Caits Gedanken. »Ich habe regelmäßig mit der Presse gesprochen, aber ihnen so lange konkrete Einzelheiten verschwiegen, bis wir genau wussten, womit wir es zu tun haben.« Ihre Augen blitzten vor Scharfsinn. »Ich will nichts publik machen, was sich später als falsch herausstellt, aber Medienspekulationen können sich als ebenso schädlich erweisen. Ich überlasse denen daher einen Teil der Fakten und Ihre Ansicht als Expertin. Wir müssen also die Informationen, die wir haben, auseinanderdividieren, damit ich entscheiden kann, was ohne Gefahr an die Öffentlichkeit gelangen darf.«
Cait lehnte sich zurück, als der Kellner mit ihren Getränken kam. Sobald er wieder weg war, ergriff sie das Wort. »Ich nehme an, Deputy Barnes hat Sie über die Entdeckung informiert, die er heute ins Labor gebracht hat.« Als die andere Frau nickte, sprach sie weiter. »Die Ergebnisse der Tests, ob das Blut menschlich ist, kriegen wir erst morgen, aber ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, dass die Säge, die Ihr Mitarbeiter gefunden hat, nicht das Werkzeug ist, mit dem unsere Opfer enthauptet wurden, obwohl dazu eine Knochensäge benutzt wurde.«
Falls Sheriff Andrews von dieser Neuigkeit enttäuscht war, so zeigte sie es nicht. »Sind Sie sich da sicher?«
»Hundertprozentig. Ich habe eine Analyse der Sägespuren an den eingekerbten Stellen der Knochen vorgenommen. Wenn ich die Merkmale der Sägeschlitze untersuche, komme ich zu einer ziemlich genauen Schätzung von Größe, Form, Zahnhöhe, Zahnteilung und Schnittwinkel der benutzten Säge.« Sheriff Andrews hatte sich vorgebeugt und lauschte gespannt. »Die benutzte Säge ist eine von Hand geführte Säge mit zehn Zähnen pro Zoll und einem rechteckigen Blatt. Der Täter ist Rechtshänder. Und jetzt kommt die gute Nachricht.« Cait hielt inne und genoss die Genugtuung, die sie bei der Entdeckung empfunden hatte. »Bei allen Opfern wurde dasselbe Sägeblatt benutzt. Einer der Zähne hat eine kleine Scharte.«
»Wenn der Tatverdächtige also die Säge in seinem Besitz hat, bringt ihn das mit den Morden in Verbindung.«
Cait nickte. »Aber das sollten Sie lieber nicht an die Presse herausgeben.«
»Natürlich nicht.« Sheriff Andrews verstummte, als ihr Essen serviert wurde. Dann griff sie nach ihrer Gabel und machte sich über ihr Meeresfrüchte-Curry her. »Genauso wenig wie das mit den Käfern. Aber reden wir doch über das, was wir gefahrlos bekanntgeben können.«
»Die Höhle ist ein sekundärer Tatort.« Cait probierte ihr Wokgericht und stellte fest, dass es köstlich schmeckte. »Die jüngsten Knochen wurden
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