Knochenzeichen
sie Drecker das Versprechen abgenommen hatte, sich unverzüglich um den DNA-Test zu kümmern, beendete Cait das Gespräch und hielt kurz inne, um den Adrenalinstoß zu besänftigen, der in ihr tobte. Wenn das DNA-Profil zeigte, dass die ältere Recinos eine Blutsverwandte der Überreste von Person weiblich C war, dann erschien die ganze Sache in einem völlig neuen Licht. Vielleicht hatten sie damit ein Motiv, sofern sich die Spur in Bezug auf das Geld verdichtete. Auf jeden Fall gäbe es Drecker die Rechtfertigung, der Frage nach dem Geldfluss genauer nachzugehen.
Doch genauso gut konnte es ihr vorläufiges Täterprofil komplett zertrümmern.
Mit nachdenklich gerunzelter Stirn trat sie wieder auf Sharper zu. Geld war ein allzu gewöhnliches Motiv für Mord. Doch ein Täter, der sich die Zeit nahm, winzige Szenen auf Knochen zu pinseln, stand definitiv außerhalb der Norm. Es könnte auf eine Form perverser Zuneigung zum Opfer oder auf Selbstbeweihräucherung vonseiten des Täters hinweisen, wobei im Fall eines Serienmörders Ersteres weitaus wahrscheinlicher war.
So oder so musste sie Sheriff Andrews über die neuesten Entwicklungen informieren. Sie blieb ein paar Schritte vor Sharper stehen und tippte die Kurzwahl für Andrews ein. »Ich muss mit Ihnen reden«, sagte sie ohne Umschweife, als sie nur die Mailbox erreichte. »Rufen Sie mich so schnell wie möglich zurück.«
Als sie fertig war, ging sie in die Hocke, um das Telefon wieder in die vordere Reißverschlusstasche des Rucksacks zu stecken, wobei sie vorgab, Zachs eindringlichen Blick nicht zu bemerken. »Wir können weitergehen.«
»Gibt es entscheidende Neuigkeiten in dem Fall?«
Sie warf ihm einen schiefen Blick zu. Sharper war nicht direkt an den Ermittlungen beteiligt. Sie musste aufpassen, was sie ihm sagte. Doch er war auch nicht dumm. Er würde seine eigenen Schlüsse aus dem ziehen, was er beobachtete, solange sie zusammen waren. Was er aufschnappte. Und dagegen konnte sie nur wenig tun. »Schon möglich. Mal sehen.« Sie stopfte den Verpackungsmüll oben in den Rucksack. »Bereit zum Weitergehen?« Sein intensiver Blick war Antwort genug. »Sharper, ich kann nicht darüber sprechen. Das wissen Sie.«
»Klar.« Begreiflicherweise lag eine gewisse Schärfe in seinem Ton. »Aber Sie können vielleicht wenigstens darüber sprechen, warum Sie Fingerabdrücke von mir brauchen. Das betrifft mich doch direkt, oder? Sind wir uns da einig?«
»Wir brauchen Fingerabdrücke, um die an den Ermittlungen beteiligten Personen ausschließen zu können«, erwiderte sie ruhig. Doch sie spürte den Sturm, der in ihm aufgezogen war, und sann darüber nach. »Wenn Sie sich dann besser fühlen, kann ich Ihnen verraten, dass meine Assistentin und ich ebenfalls unsere Fingerabdrücke abgeben müssen, genau wie die Mitarbeiter des Sheriff’s Department, die bei der Bergung der Skelette dabei waren.«
Seine Miene wurde um eine Winzigkeit entspannter. »Also … was? Sie haben einen Fingerabdruck an einem der Knochen gefunden? Ich habe jedenfalls keinen davon angefasst. Das habe ich auch Sheriff Andrews gesagt, als ich den Fund gemeldet habe.«
Cait ignorierte seine Frage und stapfte los. »Je mehr Personen wir eliminieren, desto näher kommen wir dem Täter.« Eine Hand an ihrem Ellbogen ließ sie stehen bleiben. Ihr Blick verharrte einen Moment lang darauf, ehe sie sich zu ihm umwandte.
»Damit sagen Sie also, dass derjenige, der den Abdruck hinterlassen hat, keine Vorstrafen hat. Denn dafür gibt es eine landesweite Datenbank, stimmt’s? Wenn der Kerl im System gespeichert wäre, hätten Sie längst einen Namen.«
Er war, so sinnierte sie bedauernd, eindeutig zu intelligent für ihr Seelenheil. »Das könnte man wohl so sagen.«
»Guter Gott.« Er ließ die Hand fallen, wich jedoch nicht von ihrer Seite. »Es wäre leichter zu glauben, dass der Täter ein Verbrecher aus der Großstadt mit einem ellenlangen Vorstrafenregister ist. Aber das heißt ja, dass es jeder sein könnte. Jemand, den kein Mensch verdächtigt. Läuft es nicht meistens so?«
»Sie haben einmal gesagt, Sie vermuten, dass der Killer ein Einheimischer ist.« Nach dem, was ihr Drecker heute Nachmittag mitgeteilt hatte, wurde das immer wahrscheinlicher. Und obwohl sie noch weit davon entfernt waren, das mit Gewissheit sagen zu können, wurde sie immer sicherer, dass er recht hatte.
Er warf ihr einen grimmigen Blick zu und marschierte weiter. »Muss fast so sein. Zumindest jemand aus der
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