Knockemstiff (German Edition)
der Hose. Ich stecke den Kopf zum Fenster hinaus und knurre wie ein Hund. Dann strecke ich ihnen den Stinkefinger entgegen. Das Mädchen im Fenster kreischt: »Fetter Motherfucker!« Ich drehe mich um, drücke auf die Hupe, eine Minute lang. »Mein Gott«, sagt Jill. »Oh, mein Gott.« Sie hält sich die Ohren zu.
»He Jerry«, sage ich, »willst du mal fahren?« Ich schalte in den ersten Gang und gebe Gas, bis die Scheiben des Dairy Queen anfangen zu klappern. Die Kunden im Laden starren uns an, und ich winke. Im Außenspiegel sehe ich den Manager, der sich vorsichtig nähert und in ein Handy spricht. Plötzlich löst sich irgendwas im Vergaser, und eine riesige schwarze Rauchwolke schießt aus dem Auspuff.
»Dafür gehst du in den Knast«, sagt Jill.
Ich lache und donnere auf die High Street hinaus, gebe Gummi und hupe. »Nicht so schnell!« kreischt Jill. »Was zum Teufel ist denn los mit dir?«
Ich ziehe das Zippo aus der Tasche, reibe und drücke das Metall zwischen meinen fetten, schweißigen Fingern. Zwei Daten sind darin eingraviert wie auf einem Grabstein. Ich werfe das Feuerzeug zum Fenster hinaus und schalte in den zweiten Gang, dann trete ich das Gaspedal durch und dröhne die Straße entlang. Die Leute, die auf ihren Veranden rumhängen, zeigen auf uns, als wir im dritten Gang vorbeischießen. Eine alte Frau reißt ein kleines Mädchen vom Gehweg. In der Ferne jault eine Sirene auf.
Plötzlich durchfährt mich Freude wie ein Schwert. Ich strecke die Hand aus und packe Jills knubbeliges Knie, doch sie schiebt meine Hand beiseite. »Quak, quak!« macht Jerry und springt gegen sein Netz. Ich schnappe mir einen Hotdog aus der Tüte, reiße die Verpackung ab, stopfe ihn mir in den Mund. Im Rückspiegel sehe ich einen Streifenwagen mit pulsierenden Lichtern schnell näher kommen. Die Bäume, die Schilder, die ganze Welt biegt sich zurück, als wir so den Highway entlangrasen. »Quak, quak!« macht Jerry wieder, und ich knirsche fast mit den Zähnen. Doch dann reiße ich den Schaltknüppel in den vierten Gang und fange noch mal von vorn an.
GESEGNET
Ich war gerade am Telefon und versuchte einem Jäger, den ich aus Massieville kannte, heiße Ware anzudrehen, einen Allrad, als Tex Colburn bei mir anklopfte und sich vorstellte, als wollte er Staubsauger oder Versicherungen verkaufen. Ich kannte das Arschloch, aber ich stellte mich dumm, stand nur da und sah ihn an. Er zog die Pranken aus den Taschen seiner Lederjacke und zündete sich eine Zigarette an. »Ich brauche einen Mann im ersten Stock«, presste er schließlich aus dem Mundwinkel. Ich hatte schon gehört, dass er so redete, als hätte er sich zu viele alte Gangsterfilme angeschaut.
»Was zum Henker soll das heißen?« fragte ich.
»Himmel noch mal«, sagte er nur und schüttelte den Kopf. »Was soll ich noch anstellen, dir den Arsch küssen? Ich brauch ’nen Partner, verdammt.«
Ich warf einen Blick über seine Schulter und sah den glänzenden neuen Mustang hinter meinem rostigen Pinto stehen. Meine Frau und ich hatten gerade erst ein Kind gekriegt, einen Jungen namens Marshall, der andauernd neue Pampers brauchte und Kindermilch und all diesen Babyscheiß. Wir kamen gerade so zurecht, also nahm ich sein Angebot an, obwohl ich wusste, dass es besser war, allein zu arbeiten. Tex Colburn war eine große Nummer. Radlader, Juweliere, Autoklassiker – teures Zeug. Die Leute beauftragten ihn mit Diebstählen. Ich hatte nur mit Rasenmähern zu schaffen und mit Einbrüchen in Tante-Emma-Läden in irgendwelchen Käffern. Mich mit ihm zusammenzutun war eine Riesensache.
Ich arbeitete über ein Jahr mit ihm und machte mehr Geld, als ich als Dieb im südlichen Ohio zu hoffen gewagt hätte. Meine Frau und ich zogen in eine tolle Wohnung, kauften uns einen neuen Monte Carlo, setzten jeden Samstagabend hundert Dollar beim Super Lotto. Dee verlor schnell ihren Babybauch, und ich brachte zwei, drei Mal die Woche einen Porno mit nach Hause, um das alte Feuer wieder anzufachen. Für jede neue Stellung, die sie hinkriegte, schenkte ich ihr einen Spankorb von Longaberger. Schließlich fing ich an, unseren illegalen Wohlstand zu genießen.
Doch dann, mein Sohn war gerade alt genug, um sprechen zu können, kam ich fast ums Leben, als ich mitten in einer regnerischen Nacht in Meade, Ohio, vom Dach der Burchwell Pharmacy fiel. Als ich mit der Brechstange in der Hand auf dem Asphalt landete, war mein erster klarer Gedanke, dass Tex mich für die Bullen zurücklassen
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