Knockemstiff (German Edition)
Anthrax«, murmelte er bei sich.
»Und was ist mit dem Zippo?« fragte ich, zog es aus der Tasche und hielt es ihm hin, ein letzter Versuch, ihn davon zu überzeugen, dass ich Probleme hatte.
Er linste über die Brille hinweg auf das glänzende Feuerzeug und sah auf die Uhr. »Bernard, Sie sollten nicht rauchen«, erklärte er. Dann reichte er mir eine kleine Tüte voller Musterpräparate und führte mich hinaus.
Ich verstand nicht, was er mir damit sagen wollte, aber ich weiß, mein Problem hat nichts mit Giftpuder oder kostenlosen Tabletten zu tun. Der arme Kerl wusste einfach nicht, was er anstellen sollte, deshalb hat er versucht, das Ganze aufzubauschen und so aussehen zu lassen, als würde es um jemand anderen gehen. Das Leben ist einfach viel zu kompliziert, selbst für die Experten.
Ich fahre an das Mikrofon heran und greife nach den von der Sonne ausgebleichten Magentabletten, die auf dem Armaturenbrett liegen. Ich bestelle genug Junk, um mich durch den Rest des Nachmittags zu bringen. Der Chevy hat neuerdings Aussetzer, und ich habe vor, ihn auf dem Highway auszufahren und die Zylinder durchzupusten, sobald wir heute Abend Jerry zu Bett gebracht haben. »Es gibt einen Unterschied«, sagt Jill aus heiterem Himmel. Wider besseres Wissen frage ich, was zum Teufel sie damit meinte. »Zwischen groß und fett«, erklärt sie.
»Groß und fett«, wiederhole ich langsam und warte darauf, das mir der verdammte Witz um die Ohren fliegt.
»Ja«, sagt sie, »ich meine, so wie ich das sehe, ist groß so was wie dieser Arnold Dingsda in den Filmen, aber fett ist so jemand wie deine Tante Gloria. Ich hab mich eh schon immer gefragt, warum man dich Big Bernie nennt und nicht Fat Bernie.«
Ich reiße drei krümelige Rolaids aus der Verpackung und zerkaue sie, während ich den kleinen Lautsprecher anstarre, der zwischen den riesigen Fotos von Chocolate Rocks und Dilly Bars herausragt. Selbst wenn ich die gesamte Speisekarte essen würde, hätte ich immer noch Hunger. Weißer Schaum dringt mir aus dem Mund. Ich sehe aus wie der tollwütige Köter aus dem Horrorfilm, den Jerry letzten Winter immer und immer wieder sehen wollte, bis Jill schließlich die Kassette so zurichtete, dass sie aussah, als wäre sie im Rekorder kaputtgegangen. »Vielleicht schläfst du heute Nacht lieber im anderen Zimmer«, sagt Jill und rutscht seitlich bis an die Tür.
Ein Kombi voller Kinder in Badeklamotten steht vor uns in der Schlange. Ein kleiner Junge albert hinten herum und macht mit seiner Zunge in unsere Richtung Bewegungen, die Kinder in dem Alter eigentlich noch nicht kennen sollten. »Vielleicht sollten wir ihn mit nach Hause nehmen«, sage ich in einem schwachen Versuch, den lausigen Tag noch irgendwie zu retten. Ich könnte mir in den Hintern treten, dass ich so über das halb tote Hühnchen meiner Schwiegermutter gelästert habe. »Bei den vielen Kindern, die die Frau da hat, fällt das gar nicht auf.«
»Ich glaube, er isst seine eigene Scheiße«, sagt Jill und setzt ihre Sonnenbrille auf, damit niemand sie erkennt.
»Also wirklich, Jill«, erwidere ich, »wie kommst du nur auf so etwas? Das Kind albert doch nur rum.« Gerade als der Junge sich umdrehen und sein Eishörnchen nehmen will, schneide ich ihm eine Grimasse. Ich denke an die Zeit zurück, als Jerry in dem Alter war. Ich fühle mich beschissen dabei, das zuzugeben, aber es gibt Tage, da würde ich alles darum geben, ihn einfach nur wie ein kaputtes Küchengerät an die Straße stellen zu können, damit die Müllabfuhr ihn mitnimmt. Und als könne er meine Gedanken lesen, fängt Jerry wieder an, so trocken und von tief unten heraus zu husten, wie er das schon den ganzen Sommer über macht. Es ist die Art von Geräusch, bei der man mit den Zähnen knirschen möchte.
»Nicht das Kind, du Idiot«, fährt mich Jill an. »Jerry!«
Immer wenn ich denke, schlimmer kann’s nicht werden, wird es noch schlimmer. Weil ich der Regel zu gehorchen versuche, nicht in Jerrys Gegenwart über ihn zu reden, beschließe ich, darauf nichts zu erwidern. Außerdem ertrage ich den Gedanken an einen weiteren Streit nicht. Seit Monaten geht das schon so. Neuerdings meckert sie über das alte Auto, das ich fahre, einen aufgemotzten 59er Chevrolet mit Haifischflossen, für den ich meinen Pick-up eingetauscht habe, damit ich bei den Cruiser-Treffen auf den Fast-Food-Parkplätzen was zum Vorzeigen habe. Das ist nur ein Vorwand, um aus dem Haus zu kommen, aber Jill mäkelt und mäkelt und
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