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KNOI (German Edition)

KNOI (German Edition)

Titel: KNOI (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schalko
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am Strand halten. Auf Nauru, das müsse aber jetzt wirklich unter ihnen bleiben, gebe es noch viel mehr Phosphat als ursprünglich angenommen. Man habe sich ja bereits am Ende geglaubt, alles abgebaut, Nauru pleite, aber jetzt, unter den verdammten Korallenfelsen, da sei noch Phosphat aufgetaucht, also noch eine Runde im Karussell, lachte der Minister, und dann, mal sehen, sie müssten in die Zukunft investieren, wurde er plötzlich ernst. Dieses Mal könne nicht jeder Nauruer eine Putzfrau vom Staat zur Verfügung gestellt bekommen, keine Mona-Lisa-Musicals dürften finanziert werden, immerhin habe man es damit in die Geschichtsbücher geschafft, lachte der Minister, es gelte noch immer als der größte Misserfolg aller Zeiten, er räusperte sich, dieses Mal würde man sein Geld nicht in Immobilien anlegen. Und genau darüber wolle er mit Konrad sprechen, der die Anwesenheit da zum ersten Mal wieder spürte, hier am Strand, zwischen all diesen Vögeln im Vollmondlicht mit Blick auf die schwarze Wand, hinter der das Meer verschwand, da spürte er die Anwesenheit so stark, dass es ihn mit sanftem Druck aufs offene Meer zog. Ob es dem Minister etwas ausmache, wenn sie jetzt dinieren würden, sagte Konrad, I am starving, antwortete der Minister und griff sich an den korpulenten Bauch. Der Nauruer setzte sich im Auto noch einen Schuss Insulin, Diabetes, grunzte er, fast alle hier hätten Diabetes. Es sei ihnen einfach zu lange zu gut gegangen, lachte er, aber immerhin habe er noch alle Beine. Er öffnete das Fenster, um in dieser windstillen Nacht zumindest den Fahrtwind zu spüren. Dann saßen sie allein im Speisesaal und wurden von einem Filipino bedient. Der Minister seufzte zufrieden bei jedem Gang und platzierte die Serviette sakral auf seinem Wanst. Am Ende hatte man sich auf den Bankrott von Nauru geeinigt, ohne dass es der Minister gemerkt hatte. Trotzdem war Konrad nicht nach Feiern zumute, auch wenn der Jahresbonus damit einen neuen Rekordwert erreicht hatte. Für Konrad war Erfolg kein Grund mehr zur Freude, sondern eine Notwendigkeit, um seine Dienstreise fortsetzen zu können. Die Überlegenheitsfantasien hatten längst ihren Reiz verloren. Man war kein Jäger mehr, wenn man das Wild blind aufspürte.
    Niemand saß an der Rezeption. Konrad war allein im Hotel. Der Kolibri war durch die windstille Nacht geflattert, um sich neben den schlafenden Kakapo zu legen, wegen dem er einst den langen Weg über das Meer gekommen war. Abgestrampelt hatte sich der Kolibri aus Liebe zu diesem seltsamen Vogel, der keine natürlichen Feinde kannte, der zu dick war, um zu fliegen, und zu faul, um sich fortzupflanzen. Vom Aussterben sei er bedroht, das hatte ihm die kleine Kolibridame immer wieder vorgezwitschert, während sie unaufhörlich seinen großen, freundlichen Kopf umschwirrte. Diese Flügelschläge machten den Kakapo nervös, aber er ließ sich nichts anmerken, immerhin hatte dieser Kolibri einen weiten Weg auf sich genommen, nur um in den Nächten neben ihm zu liegen. Ob sie nicht die Insel wechseln wollten, fragte der Kolibri immer öfter, aber der Kakapo verwies darauf, dass er nicht fliegen könne und dass es ihm hier gefalle, schließlich gebe es keinen Grund, warum es jemandem hier nicht gefallen solle, was noch lange kein Grund sei, dass es einem gefallen müsse, erwiderte der Kolibri.
    - Wenn du nicht mitkommst, dann wird es dich nicht mehr lange geben, sagte der Kolibri, wobei dieser natürlich nicht den Kakapo selbst, sondern den Kakapo an sich meinte.
    Aber mit dem Kakapo an sich konnte der Kakapo selbst wenig anfangen, solange der Kakapo selbst genügend Essen und Schlaf bekam. Vögel gebe es genug, sagte er, man brauche nur an den Strand zu gehen, da werde jede Nacht Phosphat für sieben Inseln produziert, und der Kolibri sagte, dass er die Vorstellung, dass die Inseln aus der Verdauung heraus entstünden, eigentlich schön finde, worauf der Kakapo seufzte und sagte, er könne schon wieder, womit er das Essen und nicht das Schlafen meinte.
    Konrad war unwohl. Selbst wenn er sich Geschichten um den Kolibri ausdachte. Der Aufzug war nicht mehr defekt, das hatte er erst gemerkt, als er schon ausgestiegen war. Es war 411, oder? Er öffnete die Tür nur einen Spalt. Die Zimmer sahen völlig gleich aus. Das Kuvert am Schreibtisch war verschwunden. Vermutlich hatte es der Kolibri entfernt. Er hätte es nicht aus der Hand geben dürfen. 411. Sonst hätte der Schlüssel nicht gepasst. Das Zimmer war aufgeräumt

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