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Kobra

Kobra

Titel: Kobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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rechtzeitig von der Bühne. Zu dieser Frage habe ich auch einige vage Vermutungen. Doch dazu später, jetzt muss ich mich bemühen, erträglich deutsch zu sprechen, denn am Eingang erscheint in Legrands Begleitung Frau Nilsson.
    Ich stehe auf, er nickt dezent und knapp und verschwindet.
    Ich muss gestehen, dass ich mir Frau Nilsson ganz anders vorgestellt habe. So, wie sie mir Sophie beschrieben hat – eine ältere Frau, fast eine Großmutter, die durch die Welt reist, um ihr Geld auszugeben. Doch Frau Nilsson gehört zu jenen eleganten, selbstsicheren und gepflegten Frauen, die hartnäckig unter vierzig bleiben und immer noch die Blicke der Männer auf sich ziehen, obwohl die jungen Männer in den Offices sie für großmütterlich halten. Eine Frage des Geschmacks. Und des Alters.
    Die Vorstellung ist kurz und wird von meiner plumpen Einladung begleitet, etwas zu bestellen. Frau Nilsson lächelt unmerklich, den Blick auf meine halb volle Tasse gerichtet. Offenbar hat sie schon Erfahrung mit dem zu starken Kaffee. Wir einigen uns auf einen Fruchtsaft mit Eisstückchen. Danach sieht sie mich an und sagt: „Bitte. Welchem Umstand verdanke ich Ihre Aufmerksamkeit?“ 
    Wenn man davon absieht, dass ein paar Falten am Hals ihr Alter verraten, bietet Frau Nilsson wirklich einen angenehmen Anblick. In kurzen Worten erkläre ich ihr, wer ich bin und dass ich diese Nacht zu ihrem Zimmernachbarn geholt worden bin, der einen Selbstmordversuch unternommen hat.
    Die leicht nachgezogenen Brauen heben sich ironisch.
    „Und mit welchem Ergebnis?“ 
    „Ihr Zimmernachbar, Herr Delacroix, ist noch nicht zu Bewusstsein gekommen“, erkläre ich. Das ist die pure Wahrheit, und ich sage es mit reinem Gewissen. Dass er sein Bewusstsein nie wieder erlangen wird, verrate ich nicht.  
    Der Fruchtsaft ist gebracht worden, Frau Nilsson zündet sich eine Zigarette an.
    „Es war schrecklich viel Lärm“, erzählt sie gleichgültig. „Dennoch verstehe ich nicht, womit ich Ihnen helfen kann.“ 
    Ich hole weit aus. Sie sei Herr Delacroix Zimmernachbarin. Wir müssen feststellen, wer ihn in letzter Zeit gesehen hat, wie er ausgesehen hat und so weiter. Ob etwas ihre Aufmerksamkeit erregt habe, etwas, das im Zusammenhang mit dem Vorfall stehen könne?
    „So können wir einem der Gäste helfen“, schließe ich pathetisch. 
    Frau Nilsson zieht an ihrer Zigarette und nickt höflich. Er ist offensichtlich, dass sie mir kein Wort glaubt, aber vielleicht sagt sie doch etwas.
    „Nein ... nichts Besonderes.“ 
    Hinter einem „nichts Besonderes“ können so viele besondere Dinge stecken, dass man hinterher Wochen braucht, bis man an sie herankommt. 
    „Trotzdem, Frau Nilsson. So unbedeutend es Ihnen auch erscheinen mag ...“ 
    Frau Nilsson hebt die Schultern.
    „Das dürfte kaum jemand interessieren. Aber ich glaube, Herr Delacroix hatte irgendwelchen Besuch.“ 
    Man brauchte nicht fünfzehn Jahre bei Police Nationale zu sein, um zu wissen, wenn eine Frau in so abfälligem Ton „irgendwelchen Besuch“ sagt, dann meint sie damit eine Frau. Ich nehme all meine Geduld zusammen, um ihr auseinanderzusetzen, dass dieser Besuch nur mich interessiert. 
    „Das ist etwas allzu Privates, Herr Dr. Bouché, und ich weiß nicht ...“ 
    Es ist klar wie der helle Tag, sie hat eine Frau gesehen.
    „Das ist mein Beruf, Frau Nilsson“, pflichte ich ihr bei. „Unser Fachgebiet sind die allzu privaten Dinge. Wie hat die Frau ausgesehen?“ 
    Frau Nilsson denkt einen Augenblick nach.
    „Das habe ich nicht bemerkt. Sie trat gerade in das Zimmer meines Nachbarn.“ 
    „Wann war das?“ 
    „Darauf habe ich nicht geachtet.“ 
    Eine erschöpfende Auskunft, alles, was Recht ist! Ich unterdrücke meine Ungeduld und beginne von neuem:
    „Wenigstens annähernd, Frau Nilsson. Vor oder nach zehn?“ 
    „Ich denke nach zehn, bin aber nicht sicher.“ 
    Hier ist ein Umstand, den ich gern klären möchte. Was hat Frau Nilsson auf dem Korridor gemacht, als sie die Frau bemerkte? Ich rätsele gerade herum, wie ich ihr diese Frage stellen soll, als sie sagt: „Ich habe im Bett gelesen, als mir so war, als klopfe jemand an meine Tür. Ich bin aufgestanden und habe aufgeschlossen, aber draußen war niemand. Da sah ich gerade noch den Absatz eines Stöckelschuhs und schon wurde die Tür vom Zimmer nebenan geschlossen. Ich nahm an, diese Frau hat sich einfach in der Tür geirrt, war aber ärgerlich. Immerhin hätte sie sich entschuldigen müssen, finden

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