Koch zum Frühstück (German Edition)
Unterhaltsvorschusses.
Frau Schroth sieht mich mit diesem bescheuerten Sozialpädagogen-Lächeln auffordernd an. Ich schätze, ich sollte was sagen.
»Ich, also ich… das… wird nicht gehen. Ich… bin Koch. Ich arbeite viel und außerdem… bin ich schwul.«
»Ja«, erwidert sie ruhig. »Das wissen wir. Aber Sie leben doch in einer häuslichen Gemeinschaft und in Hamburg ist es überhaupt kein Problem für eine Einzelperson oder ein gleichgeschlechtliches Paar das Sorgerecht für ein Kind zugesprochen zu bekommen. Zumal Stella ja mit Ihnen verwandt ist.«
Wow. Frau Pädagogin hat nicht nur in meiner Akte, sondern ganz offensichtlich auch in meinem Privatleben rumgeschnüffelt. Nichts, was meine Laune hebt. Im Gegenteil. Und hat sie grade, als sie ‚gleichgeschlechtliches Paar‘ gesagt hat, wirklich gezwinkert?
»Nett, dass Sie sich über mich und meinen Lebensstil informiert haben.«
»Nun, wir mussten das Einwohnermeldeamt damit beauftragen, Ihre Adresse herauszufinden«, sagt sie entschuldigend. Woher sie weiß, dass ich schwul bin, erklärt sie mir allerdings nicht.
»Dann hat das Amt Ihnen bestimmt auch gesagt, dass ich keinen Platz für ein Kind hab'. Und schon gar keine Zeit.«
Das mit dem Platz ist gelogen. Aber ich glaube nicht, dass man beim Einwohnermeldeamt eine Akte darüber führt, wie groß oder geeignet meine Wohnung ist. Wobei, offensichtlich kann man dort ja sogar erfahren, mit wem ich vögle.
»Sie müssen das natürlich nicht sofort entscheiden. Wir wissen, dass das alles ein wenig plötzlich kommt. Selbstverständlich haben Sie genügend Zeit, sich mit Ihrem Partner zu besprechen.«
Partner… ich lach' mich gleich tot. Michael wird begeistert sein. Denn wenn irgendwer Kinder noch furchtbarer findet als ich, dann ist das er. Wenigstens das haben wir gemeinsam.
»Selbstverständlich können wir auch versuchen, Stella in einer Pflegefamilie unterzubringen. Allerdings wäre es für ihre weitere Entwicklung sicherlich besser, wenn sie bei jemandem sein könnte, den sie kennt und der ihr vertraut ist.«
»Ich glaube kaum, dass sie mich kennt«, sage ich. »Ich bin zwar… Ihre Mutter ist… war… meine Schwester, aber ich… wir… hatten nicht wirklich engen Kontakt.« Irgendwie hab' ich ein Problem damit zu sagen, dass ich ihr Onkel bin. ‚Onkel David‘ … wie beschissen klingt das denn, bitte?
»Ich verstehe Ihre Einwände, Herr Klein. Und natürlich kann ich nicht beurteilen, ob und wie ein kleines Mädchen in Ihre Lebensplanung passt. Aber vielleicht sollten Sie diese Sache nicht so schnell entscheiden. Lassen Sie es sacken. Nehmen Sie sich Zeit. Zunächst einmal ist es wichtig, dass Stella eine Bezugsperson hat. Sie muss mit dem Verlust ihrer Mutter fertig werden. Im Moment ist sie bei einer Nachbarin ihrer Schwester, die kurz auf sie aufpassen sollte, aber da kann sie langfristig natürlich nicht bleiben. Wir haben die letzten Tage, während wir Sie ausfindig gemacht haben, händeringend nach einer Notunterkunft gesucht. Irgendein Platz in einer Übergangspflegestation, bis entschieden ist, was weiter mit ihr passiert.«
»Was gibt es da für Möglichkeiten?«, frage ich leise. Und irgendwie komm' ich mir komischerweise schäbig dabei vor. Da sitzt ein kleines Mädchen irgendwo in Wilhelmsburg und ich sag' einer Tante vom Jugendamt, dass ich sie nicht haben will. Einfach so…
»Da wäre, wie gesagt, einmal die Möglichkeit, sie in einer Pflegefamilie unterzubringen. Wir versuchen immer im Sinne des Kindes zu handeln und ein stabiles Umfeld ist gerade in solch einem Fall von enormer Wichtigkeit. Alternativ käme auch eine Heimunterbringung in Frage. Allerdings ist die für Kinder diesen Alters schwierig.«
»Was ist mit einer Adoption?«, höre ich mich fragen. Adoptiveltern prüfen sie, was man so hört, doch immer auf Herz und Nieren. Und angeblich gibt es doch so viele Leute, die gerne ein Kind adoptieren wollen.
»Stella ist fünf. In diesem Alter gelingt es uns kaum noch, ein Kind zur Adoption zu vermitteln. Wir haben viele Bewerbungen, aber die Mehrheit der Paare möchte gerne ein Baby oder Kleinkind.« Sie macht ein Gesicht, das wohl mein Mitleid wecken soll.
»Ich weiß nicht. Ich glaube… sie wäre besser in einer Pflegefamilie aufgehoben… Ich kenn' sie doch gar nicht.« Ich muss hart bleiben. Ansonsten drücken die mir am Ende noch dieses Kind auf. Und wenn sie noch eine Weile von Heimen erzählt, dann hat sie mich…
»Wenn Sie möchten, können wir
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