Koch zum Frühstück (German Edition)
München. Mein Lieblingsverein. Die Spieler sind einfach die besten… sie gewinnen immer…
Mama wollte mir einen Teddybär-Sportbeutel kaufen, aber ich hab' ihr gesagt, dass Teddybären nur was für Babys sind.
Ein kaputter Wasserhahn macht lustige Ploppgeräusche. Ich höre eine Weile zu und zähle die ‚Plopps‘ . Ich kann schon bis zweihundert zählen...
Mama guckt immer komisch, wenn sie die Umkleidekabine betritt. Sie sagt, sie mag den Geruch nicht. Ich atme tief ein. Hm… nein, ich rieche nichts. Alles ganz normal.
Dann quietscht es auf einmal und die blaue Tür geht auf.
»Tut mir leid, Abel«, sagt der Trainer. Er hat ein Netz in der Hand. In dem Netz sind die Fußbälle. Er lässt sie auf den Boden fallen. »Aber ich musste noch die Stangen einsammeln und die Hütchen aufräumen…«
»Ich hab' voll lang gewartet…«, sage ich. »Ich mag Warten nicht. Das ist langweilig.«
»Das waren vielleicht fünf Minuten«, meint der Trainer und setzt sich lächelnd neben mich.
»Nein, das war viel mehr«, widerspreche ich. »Bestimmt eine halbe Stunde…«
»Abel…«
»Ich hab' auf die Uhr geschaut…«
»Ja, aber…«
»Ich kenn‘ die Uhr. Ich weiß, was die Zeiger heißen…«
»Also gut…« Er seufzt und kratzt sich am Kopf. Er hat kurze, dünne, braune Haare.
»Der Minutenzeiger ist der große und der Stunden --«
»Abel!« Der Trainer hebt die Hand. Sein langer, dürrer Zeigefinger bedeutet, dass ich still sein muss.
Ich rutsche hin und her. Ich mag's nicht, wenn Erwachsene mich schimpfen.
»Abel, weißt du, warum ich dich gebeten habe, nach dem Training in der Umkleidekabine zu warten?« Der Trainer sieht mich an.
Er hat ein dünnes Gesicht. Seine Augen sind klein. Sie sitzen ganz tief in seinem Kopf wie in zwei Höhlen. Trotzdem schaut er immer freundlich. Immer nett… Auch jetzt.
»Weiß nicht«, murmle ich und zucke die Achseln.
»Du weiß nicht, warum ich mit dir sprechen wollte?«
»Nein.«
Er sieht mich wieder an. Ich mag diesen Blick nicht und schaue schnell woanders hin… auf den Boden…
»Abel, was hast du heute mit Lukas gemacht?«
Ich drücke den Sportbeutel noch fester an meine Brust.
Wieder baumle ich mit den Beinen.
»Nix.«
»Nix?« Der Trainer zieht beide Augenbrauen nach oben. »Und warum hat der Lukas dann geweint?«
»Der heult immer«, sage ich schnell. »Der ist eine Heulsuse… Der ist ein Weichei…«
»Das ist nicht wahr.« Der Trainer schüttelt den Kopf.
»Doch… neulich ist er von der Schaukel gefallen und hat sofort wieder angefangen zu flennen.«
»Ist er gefallen oder hast du ihn geschubst?« Er sieht mich an. Ganz fest…
In meinem Bauch tut es ein bisschen weh. Mein Gesicht wird warm…
»Ist doch egal…«, murmle ich schnell. »Er hat sich gar nichts getan… war nur ein Kratzer am Knie…« Ich verdrehe die Augen. »Der ist voll schwul.«
Der Trainer sieht mich immer noch an. Aber seine Augen sind auf einmal anders. Er sagt nichts. Er faltet die Hände. Die Finger bewegen sich die ganze Zeit. Man kann die Knochen sehen.
»Weißt du denn, was das bedeutet? Schwul sein?« Seine Stimme ist ruhig.
Ich taste wieder nach den im Holz eingeritzten Buchstaben.
Schwul...
Naja… sicher bin ich mir nicht. Aber es ist auf jeden Fall was Schlechtes. Ein Schimpfwort. Auf dem Schulhof hab' ich das schon öfter gehört… wenn sich ältere Jungs streiten…
»Das bedeutet, dass man schwach ist und immer heult…«, sage ich dann.
Ich sehe ihn an. Habe ich recht? Sag schon, Trainer, habe ich recht?
Er ist ganz still. Dann lächelt er. Ein komisches Lächeln…
»Nein, Abel, das ist komplett falsch.« Mehr sagt er jedoch nicht.
Ich traue mich nicht, weiter nachzufragen.
»Lukas hat gesagt, du hättest ihn nicht mitspielen lassen.« Der Trainer lässt nicht so schnell locker.
»Er ist schlecht«, verteidige ich mich. »Er kann nicht schnell rennen und er schießt auch nie Tore…«
»Aber wir sind doch hier, um zu lernen. Soweit ich weiß, ist noch keiner von euch Bundesligaprofi, oder?« Er zwinkert mir zu. »Und darum bekommt auch jeder die Chance seine Fähigkeiten zu verbessern.«
»Ich will ihn aber nicht in meiner Mannschaft haben«, erwidere ich laut.
»Das ist nicht deine Mannschaft, Abel…«
»Ich bin der Kapitän und alle hören auf mich.« Ich drücke die Brust raus und hebe das Kinn.
Der große, hagere Mann sieht mich wieder lange an. Und wieder ist er dabei ganz still.
»Ja, es ist wahr«, sagt er dann leise. »Du bist
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