Koch zum Frühstück (German Edition)
waren. Also hab' ich sie ein bisschen angebaggert. Allerdings sagt sie noch heute, ich sei echt schlecht darin gewesen.
Jahre später sind wir uns dann zufällig in Paris über den Weg gelaufen. Ich hab' im ‚Ledoyen‘ bei Le Squer gekocht und sie hatte mittlerweile angefangen mit ihrem Studium. Ist jetzt bestimmt schon mindestens acht Jahre her.
Wir sind immer noch befreundet. Obwohl ich auch darin echt schlecht bin. Manchmal wundere ich mich darüber, dass sie's immer noch mit mir aushält. Ich hab' keine Zeit für Freundschaften, obwohl ich Nina wirklich gut leiden kann. Zum Glück scheint wenigstens sie Wert drauf zu legen, dass wir ab und an telefonieren oder mal zusammen frühstücken.
»Meine Nichte«, beantworte ich ihre Frage.
»Du hast eine Nichte? Ja, sicher, netter Versuch…« Sie lacht. »Also sag' schon, du Superkoch, wer ist sie wirklich?«
»Sie ist wirklich meine Nichte«, brumme ich in den Hörer.
»Und jetzt erzählst du mir gleich, deine Schwester ist zu Besuch.« Sie weiß, dass wir nicht das beste Verhältnis hatten. Nina weiß sowieso viel zu viele Dinge über mich.
»Nein, das nun nicht und sie ist auch irgendwie nicht zu Besuch. Also schon, aber… sie bleibt wohl ein bisschen länger…«
»Länger?«, fragt sie gedehnt. »Was ist los, David?« Hat eine Ewigkeit gedauert, ihr das Däivid abzugewöhnen.
»Pamela… also, meine Schwester… sie hatte einen Autounfall mit ihrem Macker und… na ja, sie sind beide tot. Das Jugendamt hat meine Adresse rausgefunden und mich gefragt, ob ich sie nehme.«
»Du?« Es klingt ungläubig… und entsetzt.
»Schätze, die Auswahl ist nicht sehr groß. Ich bin ihr einzig näherer Verwandter. Meine Mutter lebt nicht mehr und… na ja, ihr Vater, der hat sich aus dem Staub gemacht…«
»Suchen sie ihn?«
»Weiß ich nicht«, gebe ich zu. Das war in den Gesprächen mit Frau Schroth nie wirklich ein Thema. Aber wenn sie ihn fünf Jahre lang nicht gefunden haben, werden sie ihn wohl kaum ausgerechnet jetzt aus dem Hut zaubern.
»Na ja, sie kann ja schlecht für immer bei dir bleiben.« Das klingt wie eine Feststellung.
»Erstmal schon.«
»Weiß Michael Bescheid?«
»Mehr oder weniger.«
»Gott… Scheiße. Das glaub' ich jetzt nicht. Die stellen dir einfach ein Kind vor die Tür? Dir? Das ist nicht echt jetzt, oder? Ich meine, ich hab' schon viel vom Hamburger Jugendamt gehört, aber… du und ein Kind… Ach du meine Güte…« Sie lacht. Aber nicht, weil sie amüsiert ist, sondern weil diese Scheiß-Situation so verdammt absurd ist.
»Ist aber so. Sie sitzt grade auf meinem Sofa… komm vorbei und überzeug' dich, wenn du's nicht glaubst…«
»Du hast echt einen schlechten Sinn für Humor, aber über so was würdest nicht mal du Witze machen.«
Ich sage nichts dazu.
»Geht's dir gut?«, will sie nach einer gefühlten Ewigkeit wissen. »Ich meine, kommst du klar?«
»Keine Ahnung, ich… muss ihre Sachen waschen und…« Vielleicht sollte ich sie mal fragen, ob sie Hunger hat.
»Soll ich vorbeikommen?«, bietet sie an.
»Nein, das ist schon in Ordnung. Ich glaube, ich koche ihr was… Aber wenn du Zeit hättest, vielleicht so gegen drei, dann…«
»Hab' ich«, sagt sie sofort.
»Wirklich? Ich meine, ich müsste kurz ins Restaurant und… na ja, ich würde sie sofort wieder abholen hinterher und… Aber das wäre…«
»Bin da«, sagt sie nur. »Aber das wirst du nicht mit einem kleinen Nachtisch wieder gut machen können…«
»Was willst du?«, frage ich gespielt ergeben.
»Fingerfood voraus. So kleine, lustige Sachen, ein bisschen abgefahren angerichtet, so wie dieses Krautzeugs auf geviertelten Orangenschalen, das du letzte Weihnachten mitgebracht hast. Und habt ihr solche gebogenen Löffel? Und Kaviar wäre fein. Maries Freund bringt nämlich seinen Bruder mit, den muss ich beeindrucken.«
»Mit Partylöffeln?«
»Nein. Aber ich sag' dann natürlich, ich hätt' das alles selbst gemacht.« Sie lacht.
»Na, dann muss ich mir ja nicht allzu viel Mühe geben mit dem Anrichten…«
»Doch, solltest du. Ich hab' ihn auf Facebook gestalked. Er sieht ziemlich gut aus und er hat keine Altlasten. Also keine Kinder, keine Exfrau… ein völlig unverbrauchter Single...«
»Sonst noch irgendwelche Wünsche?«
»Aufmerksam, liebevoll, treu…«
»Ich meinte das Essen.«
»Ja, nimm besser den roten Kaviar. Den schwarzen mag ich nicht.«
»Wie viele Personen?«, frage ich. »Also, außer dem Bruder vom Freund von Marie ohne
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