Koch zum Frühstück (German Edition)
Ten meiner abturnendsten Momente ever eingestiegen ist.
»Kann die auch reden oder nur glotzen?«, höre ich Michael überflüssigerweise vom Kopfende fragen. Und es klingt ziemlich, ziemlich angepisst. Verständlich, denn offensichtlich fand nicht nur ich es grade ziemlich geil.
Wir hätten die Tür abschließen sollen. Aber ich hab' nicht dran gedacht. Wie auch, ich hab' ja nicht jeden Tag ein Kind auf dem Sofa.
»Jetzt lass sie doch!«, zische ich. Endlich bekomme ich seine Pyjamahose zu fassen, drehe ihr den Rücken zu, setze mich auf und schlüpfe hastig hinein.
»Na komm«, sage ich dann auffordernd zu ihr, »ich bring' dich zurück aufs Sofa.«
»Aber da ist es dunkel«, sagt sie mit dünner Stimme. »Und in der Küche ist ein böser Mann.«
»In der Küche?« Ich bin mir ziemlich sicher, dass da niemand ist.
»Und da ist gar kein Licht, nur dunkel.«
»Es ist Nacht, da braucht man kein Licht. Und da ist ganz sicher kein Mann, Stella. Bestimmt hast du nur geträumt.«
»Aber ich hab' ihn gesehen. Und er macht Geräusche.«
»Oh… die…« Ich sehe zur Seite, weil mich der vage Verdacht beschleicht, dass die Geräusche, die sie meint, wohl eher aus dem Schlafzimmer gekommen sind.
»Hm, weißt du, hier im Haus wohnen noch andere Leute und… na ja… wir waren auch noch wach, vielleicht hast du uns gehört. Wir haben… uns unterhalten.« Unterhalten … ist klar…
»Ich hab' Angst.« Ihr Tonfall ist weinerlich. »Ich will zu meiner Mama.«
»Ja, ich weiß«, sage ich hilflos und versuche, liebevoll dabei zu klingen. In meinem Hals macht sich ein Kloß breit. Ein ziemlich großer. Dabei ist es doch ihre Mutter, die gestorben ist. Und ich versuche, seit ich das weiß, mir einzureden, ich hätte kein Problem damit. Hab' ich auch nicht. Trotzdem berührt es mich irgendwie.
»Ich… bring' dich zurück aufs Sofa und warte bei dir, bis du wieder eingeschlafen bist«, biete ich an. Aber sie bleibt ohne jede Reaktion einfach da im Türrahmen stehen.
»Komm schon, Stella!« Ich mache einen Schritt auf sie zu, fasse sie an der Schulter und versuche, sie aus der Tür zu schieben. Aber sie bewegt sich nicht, stattdessen geht ein Beben durch ihren kleinen Körper. Sie atmet ein und dann hält sie für einen Moment die Luft an, bevor sie anfängt zu schluchzen.
»Na super«, kommentiert Michael aus dem Off.
»Kannst du mal bitte die Schnauze halten!«, blaffe ich. Ist ja nicht so, dass ich heulende Kinder sonderlich erquicklich finde. Vielleicht ein bisschen zu grob schiebe ich sie einen Schritt nach vorn, nehme sie gegen ihren Widerstand hoch und schließe mit dem Fuß die Tür hinter uns. Ich schätze, diese Sache mit dem bösen Mann in der Küche regle ich lieber ohne Publikum. Darüber, wie ich die Sache mit dem angepissten Kerl in meinem Bett wieder grade rücke, denke ich später nach.
***
»Mike?« Vorsichtig öffne ich die Schlafzimmertür.
Seit gut einer halben Stunde versuche ich, sie zu beruhigen. Der böse Mann hat sich als Kühlschrank rausgestellt.
Ich hab' die Schreibtischlampe aus dem Arbeitszimmer geholt und ein Geschirrhandtuch drum geknotet. Irgendwann hat Claas mir da mal was von seiner Tochter erzählt, dass sie nur schlafen kann, wenn so ein komisches Nachtlicht an ist.
Jetzt schimmert der Wohnraum bläulich und sie meinte tapfer, wenn ich bei ihr bleibe, dann sei es okay. Aber sie zuckt immer noch zusammen, wenn der Kühlschrank anfängt zu brummen, heult tonlos vor sich hin, egal was ich mache, und eingeschlafen ist sie natürlich trotzdem nicht.
Ich hab' fünf Minuten. Na ja, eher sieben. Sie kann noch keine Uhr lesen und wohl auch keine Zahlen. Also hab' ich ihr erklärt, dass das so lange ist, bis der große Zeiger auf der Uhr unten in der Mitte ist. Es ist halb zwölf mittlerweile. Ich bin wirklich müde und ich hab' keinen Bock mehr. Nicht auf dieses Kind, auch wenn sie eigentlich ganz süß ist, nicht auf Stress mit Michael und auch absolut keinen mehr auf Sex.
»Hm?«, kommt es eher brummend von seiner Seite. Er hat das Licht ausgemacht und versucht wohl auch grade einzuschlafen.
»Könntest du… Ich… sie… beruhigt sich nicht. Und sie hat echt Angst vor dem Kühlschrank. Meinst du, du könntest heute Nacht… vielleicht… auf dem Sofa…«
»Wie bitte?« Ich höre, wie er sich aufrichtet und nach dem Lichtschalter tastet. Ich komme ihm zuvor und drücke auf den Schalter neben der Tür. Er blinzelt, setzt sich vollends auf, lehnt sich ans
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