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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Brüllen gehört, und Louis' tiefes Mitleid galt seinem Freund Eugen. Nur wenn man bedachte, daß Eugen sechs Tage lang hier gut gelebt hatte, konnte man das Ertragen von Leo Kochlowsky als notwendige Gegenleistung betrachten. Grobheit gegen Schinkenbrot – das war ein gutes Geschäft für einen Künstler.
    »Sie bleiben, Landauer!« sagte Leo schon auf der Treppe. »Vorausgesetzt, daß Sie anders malen als mein Bruder dichtet! Haben Sie Bilder bei sich?«
    »Skizzen. In einer Mappe. Ich kann sie Ihnen nachher zeigen.« Landauer erhob sich von seinem Pappkoffer.
    »Wo haben Sie Eugen eigentlich kennengelernt?«
    »Auf dem Rindermarkt in Kochlowitz.«
    »Wieso denn das?«
    »Eugen sollte einen Artikel über den preisgekrönten Bullen schreiben. Ich hatte den Auftrag, die beste Milchkuh zu porträtieren. Größten Wert legte der Besitzer auf die naturgetreue Wiedergabe des prämiierten Euters …«
    »Und Sie wollen meine Sophie malen …«, sagte Leo dumpf.
    »Ich habe auch ein Porträt von Bismarck bei mir, gemalt nach einer Fotografie, aufgenommen auf einer Bromsilbergelatinetrockenplatte, wie Maddox sie erfunden hat …«
    Leo betrachtete Landauer mit einer Spur Wohlwollen. »Sie sind gar nicht so dämlich, wie Sie aussehen!« Das war eine echte Kochlowsky-Feststellung. Landauer nahm sie denn auch gelassen hin und sah sie als das an, was sie im Grunde auch war: ein Lob. »Was verlangen Sie für ein Ölbild?«
    »In diesem speziellen Fall …« Landauer zögerte. Welche Zahl soll man nennen? Was ist angemessen, wo fängt die Unverschämtheit an? Ab wann wirft Kochlowsky einen hinaus? »Ich werde mein ganzes Können in das Bild legen, meine ganze Seele … Darf ich sagen: fünfundvierzig Mark?«
    Leo fuhr sich durch seinen gepflegten Bart und schüttelte den Kopf. Zuviel, dachte Landauer erschrocken. Habe ich mir gleich gedacht. War ja auch eine gewagte Zahl. Für die Kuh habe ich fünfundzwanzig Mark und zwei Blutwürste bekommen. Und Verleger Bärwald zahlt Eugen für einen einspaltigen Artikel ganze fünf Mark!
    »Es ist erschütternd, mitzuerleben«, sagte Leo Kochlowsky, »wie sich zwei Rindviecher zu einer Wohngemeinschaft zusammengeschlossen haben. Fünfundvierzig Mark? Landauer, wenn Sie ein so großer Maler sind, würde ich für dieses lumpige Geld nicht mal einen Kälberschwanz malen! Ich würde dem, der mir so etwas anbietet, die Leinwand um die Ohren schlagen!«
    »Ja, Sie, Herr Verwalter!« Landauer hob die Schultern. »Unsereiner hört auf die Knurrtöne des Magens und das Gejammer der Zimmervermieterin. Vergessen wir löchrige Schuhsohlen und aufgeschlissene Kleidung … Wissen Sie, was man mit fünf Mark alles anfangen kann? Zehn Zentimeter einfache Leberwurst kosten fünfzehn Pfennig – das ist Aufstrich für drei Abende! Wenn wir eine Woche Leben gerettet haben, fassen wir uns an den Händen und tanzen Ringelreihen in der Wohnung. Was wissen Sie davon, Herr Verwalter!«
    »Nichts. Aber ich weiß, daß ihr zwei die größten Hohlköpfe seid! Wer nichts kostet, wer nichts fordert, ist nichts, kann nichts, traut sich selbst nichts zu. Wissen Sie, Landauer, was ich Ihnen für das Porträt biete?«
    »Schon angenommen«, sagte Landauer schnell.
    »Hundert Goldmark.«
    »Wieviel?« Landauer lehnte sich an die Dielenwand, als wolle er gleich umfallen. »Mein Ohr zuckt völlig idiotisch.«
    »Es hört richtig: hundert Goldmark.«
    »Ich bin kein Tizian oder Tintoretto …«
    »Wer weiß? Sie malen Sophie so schön, wie sie ist. Erkenne ich sie nicht wieder, bekommen Sie keine einzige Mark, sondern werden vor meinen Augen die Farben von der Leinwand ablecken!«
    »Ich fresse die Leinwand dazu, Herr Verwalter«, stotterte Louis Landauer. »Hundert Goldmark, das wagt man ja kaum auszusprechen! Wann, wann fangen wir an?«
    »Sobald ich weiß, wie man Mamsell Sophie vor die Leinwand bringt. Das ist gar nicht so einfach. Das ist sogar ein Problem. Sie soll davon nichts wissen, ja, nicht einmal merken.«
    »Aber ohne Modell kann ich nicht …« Landauer sah Kochlowsky hilflos an. »Wenn ein Foto existierte …«
    »Kaum. Und wenn – wie kommt man da heran?«
    »Wenn Sie Mamsell Sophie darum bitten …«
    »Unmöglich!« Leo stieß die Tür zum Wohnzimmer auf; Louis Landauer war im Haus aufgenommen. »Ich muß Ihnen da einiges erklären. Es ist alles ein wenig verworren. Wäre es normal, brauchte ich Eugen nicht – und Sie auch nicht.«
    »Dank sei der Kompliziertheit!« rief Landauer. »Sie macht mich zum

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