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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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alles wissen, um zu verstehen, daß Wanda nicht ohne Hemmungen nackt auf die Chaiselongue hüpfte, um sich als Maja malen zu lassen – als Geschenk für Jakob Reichert, der damit, rückblickend, die Nummer eins in ihrem Leben bedeutete.
    Landauer war mit Staffelei, Palette und einer Leinwand 70 cm x 50 cm, gedacht als Breitformat, erschienen, sich wohl bewußt, daß es galt, Rubenssche Massen festzuhalten.
    Wanda empfing ihn an der Gartenpforte wie einen Verschwörer, zog ihn ins Schloß und flüsterte ihm zu: »Ich habe einen Raum! Da kommt niemand um diese Zeit hin! Ich habe drei Petroleumlampen aufgestellt – reicht das aus?«
    »Goya malte bei Kerzenlicht.«
    »Muß das sein? Ist das Vorbedingung? Ich kann auch Kerzen holen.«
    »Petroleum gibt mehr Licht. Ich kann mehr von Ihnen sehen, Einzelheiten …«
    Wanda Lubkenski errötete tief, verkrampfte die Finger wie eine betastete Jungfer und führte Landauer in das Möbelmagazin III. Die Chaiselongue war schon in die Mitte gerückt, aus rotem Samt – eine Farbe verführerischer Schwüle.
    »Wo ist Sophie?« fragte Landauer und baute seine Staffelei auf.
    »In meiner Wohnung. Dort ist sie am sichersten. Sie wartet, bis ich zurückkomme. Wie lange dauert es?«
    »Überanstrengen wir uns nicht. Pro Sitzung zwei Stunden.«
    »Das nennt man Sitzung?«
    »Ja.«
    »Auch wenn ich liege?«
    »Es gibt keine Liegungen!« Landauer zog seinen Rock aus, krempelte die Hemdsärmel hoch, öffnete den Farbenkasten und setzte sich auf einen Korbstuhl. Wanda stand vor der Chaiselongue und kaute am linken Daumennagel.
    »Können wir?« fragte der Maler.
    »Wir können.«
    Landauer blickte hoch. »Was ist denn?«
    »Was soll denn sein?«
    »Warum sind Sie noch nicht nackt?«
    »Müssen Sie das so brutal aussprechen?« Wanda ging um die Chaiselongue herum und knöpfte ihren Rock auf. »Gucken Sie weg, Louis.«
    »Ich sehe Sie nachher doch auch ohne alles.«
    »Da liege ich, da bin ich ein Kunstmodell. Aber wenn Sie mir beim Ausziehen zugucken, ist das eine Intimität. Kopf rum!«
    Landauer bückte sich, bereitete seine Palette vor, prüfte Pinsel, suchte die Kohle für die Vorskizze heraus und schaute erst wieder hoch, als Wanda gequetscht sagte:
    »Jetzt geht es, Louis …«
    Sie lag auf dem roten Samt, ein in den Proportionen gar nicht so auseinanderfließender Fleischberg, wie Landauer befürchtet hatte, wenn das Korsett gefallen war. Es war alles festes Muskelgewebe, besaß Formen und sogar Anziehungskraft. Nur war das Weibliche etwas überdimensional. Für Liebhaber sylphider Formen war das nichts, aber für Männer, die Handfestes, Griffiges vorziehen, war Wanda Lubkenski eine durchaus schöne Person.
    »Sie versetzen mich in Erstaunen«, sagte Landauer. Er betrachtete Wanda mit geneigtem Kopf.
    »Glotzen Sie nicht so dämlich!« fauchte sie. »Was ist denn?«
    »Dürer und Rubens hätten Ihnen zu Füßen gelegen, Wanda. Das ist wahr! Eine Frage: Woher haben Sie die großen roten Hautflecken?«
    »Ich habe mich vorhin heiß gebadet«, sagte sie rauh. »Die Flecken kommen vom Schrubben. Zufrieden? Die malen Sie doch nicht mit?«
    »Ich werde Sie makellos wiedergeben, Wanda. Und jetzt liegen Sie still, denken Sie an etwas Schönes, und entspannen Sie sich. Ganz locker, Wanda. Denken Sie immer: Der da drüben ist kein Mann, das ist ein Maler. Ein Neutrum! – Woran werden Sie denken?«
    »An Leo Kochlowsky …«
    »Das beruhigt Sie?«
    »Ja – ich werde denken, er sei beim Teufel!«
    Landauer zeichnete mit schnellen Strichen und einem Kohlestift die groben Umrisse von Wandas Körper und legte so das Bild in den Ansätzen fest. Es war die nackte Maja seitenverkehrt. Während Goyas Geliebte, die Herzogin von Alba, sich von rechts nach links ausstreckt, lag Wanda Lubkenski von links nach rechts. Das rechte Bein hatte sie etwas angezogen … Landauer würde einen gewaltigen Oberschenkel malen.
    Man konnte fast auf kannibalische Gedanken kommen.
    Sophie war nicht sicher, ob sie auf das laute Klopfen an der Tür öffnen sollte oder ob sie Wandas strikte Anweisung befolgen mußte: »Mach keinem auf! Laß sie gegen die Tür hämmern! Wenn ich komme, mache ich dreimal bum-bum-bum, dann Ruhe, und dann wieder dreimal bum-bum-bum. Dann weißt du, wer es ist. Aber alles andere Klopfen – taub sein, mein Kindchen! Hier hat keiner was an der Tür zu suchen!«
    Nun klopfte es aber doch, und es klopfte hart und energisch, immer und immer wieder, zuerst mit dem Fingerknöchel, das hörte man

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