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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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steckenbleibt!«
    Er klemmte die Peitsche unter den Arm – und ging hinüber zum Waldrand. Leutnant von Seynck folgte ihm. Jakob Reichert rang die Hände und wandte sich zu Sophie um.
    »Nun sag doch was!« bettelte er. »Tu was, Sophie! Sie werden sich zerfleischen.«
    »Er wird nicht auf mich hören, Jakob.«
    »Versuch es wenigstens.«
    »Was soll ich denn sagen?«
    »Von mir aus … daß du ihn liebst. Auch wenn es gelogen ist.«
    »Ich lüge nicht, das weißt du.«
    »Nur jetzt, Sophie, nur dieses eine Mal. Du kannst ein Unglück verhindern. Mein Gott, hast du dich denn in den Leutnant verliebt?«
    »Nein.«
    »Dann ruf Leo zurück.«
    »Das wird den Leutnant nicht hindern, seine Ehre wiederherstellen zu wollen.«
    »O Gott!« Reichert warf die Hände vor sein Gesicht. Kochlowsky und von Seynck standen sich am Waldrand mit einer Distanz von vier Metern gegenüber. Jeder konnte den anderen mit der langen Peitschenschnur erreichen. »In welcher verrückten Welt leben wir! Warum kann man nicht miteinander reden, warum immer gleich Blut …«
    Sophie erhob sich von ihrem Sitz. Sie stand hoch aufgerichtet in der Kutsche, hob den Sonnenschirm mit ausgestrecktem Arm in den Himmel und schwenkte ihn hin und her.
    »Leo!« rief sie mit ihrer hellen Stimme. »Leo! Komm her! Laß das sein! Entschuldige dich und fahr weiter …«
    »Hast du das gehört?« fragte Kochlowsky und ließ die Peitsche in seiner Hand wippen. »Entschuldigen soll ich mich. Ehe ich das tue, fresse ich lieber Katzenscheiße! Ein Kochlowsky entschuldigt sich nicht. Er steht zu dem, was er gesagt oder getan hat! So bin ich aufgewachsen: ehrlich und nie den Nacken beugen. Vor keinem!«
    »Sie sind der größte Flegel unter Gottes Himmel!« sagte von Seynck bebend. »Es ist eine Schande, daß die Sonne Sie bescheint!«
    »Du adelige Null!« Kochlowsky zog die Peitsche an sich und ließ die Lederschnur durch seine Finger gleiten. »Wenn du ein Handwerker wärst, ein Bauer, ein Lakai, ein Händler, irgendwer aus dem Volk, ich hätte mit dir um Sophie gekämpft wie ein echter Rivale. Aber der Herr Leutnant wollte ja bloß ein Abenteuer, ein Späßchen mit einem Weibchen, das noch ein halbes Kind ist. Verderben wollte er es und sich dann die Hände reiben und sagen: Auch das habe ich geschafft! Und was zurückbleibt an Schmerz und Tränen, was kümmert's mich? – Du bist eine Drecksau, Leutnant von Seynck!«
    Eberhard von Seynck zog den Kopf ein. Er hob die Peitsche und ließ die Lederschnur durch die Luft zischen. Genau auf Leos Kopf schnellte das Leder, aber Kochlowsky sprang im letzten Moment zur Seite. Der Schlag pfiff knapp neben ihm ins Gras. Eine kleine Staubwolke quoll auf. Der Boden war nach dem langen heißen Sommer trocken wie Pulver.
    Gleichzeitig mit dem Sprung zur Seite vollführte Leo einen Peitschenhieb, instinktiv die Reaktion seines Gegners vorausahnend, genau in die Richtung, wohin von Seynck auswich.
    Die Lederschnur traf, sie zischte über Schulter und Brust des Leutnants. Es war kein großer Schmerz, aber die Schmach, von einem Peitschenhieb getroffen zu sein, brannte heißer als jede offene Wunde.
    Eberhard von Seynck schlug zurück. Mit völliger Verwunderung sah er, daß Leo Kochlowsky diesmal nicht versuchte, dem Schlag zu entkommen. Breitbeinig stand er da, hatte seine Peitsche mit beiden Händen gepackt und schwang sie, schleuderte den Lederriemen auf von Seynck und nahm ungerührt die Treffer hin, die sein Gegner anbrachte. Über Kopf und Schulter zischte das Leder, über die Brust und gegen die Beine, quer zur Brust und einmal längs durch das Gesicht. Aber Kochlowsky stand.
    Es war das merkwürdigste Duell, das je stattgefunden hatte. Nur das Pfeifen der Peitschenschnüre war zu hören, wenn sie durch die heiße Abendluft zischten, und nur das trockene Klatschen der Treffer.
    Von Seynck blutete bereits stark aus einem Striemen an der Stirn. Nach den ersten Schlägen, die er verbissen hingenommen hatte, spürte er jetzt jeden Hieb auf seinem Körper, als habe er keine Uniform mehr an, sondern stehe nackt vor seinem Gegner. Die Lederschnur schnitt in seine Haut, als habe sie stählerne Widerhaken … Er fühlte, wie sich überall dort, wo er getroffen wurde, seine Haut aufwölbte und höllisch zu brennen begann.
    Aber auch Kochlowskys Körper brannte. Ein paarmal gelang es ihm, die Schnur des Leutnants mit seiner eigenen Peitsche abzufangen – dann zerrten sich die beiden Männer gegenseitig hin und her, bis sich die Schnüre

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