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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wecken. Alles ist draußen auf den Tischen.«
    »Das genügt.« Reichert ging in die Küche, holte den Milchtopf und den Butterwecken. Leo tauchte ihn in die Milch und schlürfte sie hinunter. Stumm sahen ihm Reichert und Wanda zu, bis er mit dem Essen fertig war.
    »Wo willst du jetzt hin?« fragte Wanda.
    »Ich will bei euch bleiben.«
    »In der Hochzeitsnacht?«
    »Mich stört das nicht.«
    »Aber mich!« schrie Wanda. »Gott im Himmel, nach Pest und Cholera hast du mit Leo Kochlowsky die nächste Plage geschaffen!«
    »Wo ist Sophie?« fragte Kochlowsky ruhig. Er trank den Rest Milch aus dem Topf. »Tanzt sie noch in der Scheune?«
    »Jetzt nicht mehr.« Reichert zog seine Hochzeitshose wieder an. Ihm war klar, daß er nicht mehr zu Wanda ins Bett konnte. »Warum hast du nie geschrieben?«
    »Warum hat sie nie geantwortet?«
    »Das ist eine saudumme Frage, Leo.«
    »Ich habe ihr in den vergangenen Monaten neununddreißig Briefe geschrieben.«
    »Das kann nicht sein!«
    »Ich habe die Kopien bei mir!«
    »Nicht einer ist bei Sophie angekommen!« Reichert starrte Wanda an. Sie schüttelte den Kopf, und er glaubte ihr. Nein, sie hatte diese Briefe nicht unterschlagen. »Nicht einer!«
    »Dann hat man sie alle abgefangen!« Leo Kochlowsky drückte das Kinn gegen die Brust. Man kannte das – jetzt lud er sich auf. Aber es war niemand da, den er anbrüllen konnte. »Neununddreißig Briefe. Und ich warte und warte und sage mir: Sie hat dich doch vergessen. Sieh, so schnell geht das. Aus den Augen – aus dem Sinn! Qualen habe ich gelitten …«
    »Sie hat dich nie vergessen. Jeden Tag spricht sie von dir! Und im Gegensatz zu dir hat sie immer gesagt: Er ist stumm, aber irgend etwas bereitet er vor. Er kommt wieder, oder er holt mich. Wir müssen lernen, was Warten ist …« Reichert schluckte mehrmals. »Sie ist ein Engel.«
    »Ich könnte jetzt, in diesem Augenblick, den, der die Briefe unterschlagen hat, ermorden. Neununddreißig Briefe!« sagte Kochlowsky ruhig. »Wie kann ich Sophie sehen?«
    »Heute nicht mehr.«
    »Warum nicht?«
    »Sie schläft längst oben in ihrer Kammer.«
    »Hole sie, Jakob. Bitte, hole sie hierher. Bei dem Hochzeitstrubel fällt das nicht auf. Ich muß morgen zurück nach Ratibor. – Bitte, Jakob … wenn du mein Freund bist.«
    Reichert zögerte einen Augenblick. Er sah hinüber zu Wanda, die wütend unter dem Plumeau lag und Kochlowsky gerade jetzt zur Hölle wünschte. Aus der Scheune drangen Musik und Gesang zu ihnen in die Wohnung. Die Feier konnte noch Stunden dauern.
    »Du hast mich mal einen elenden Kuppler genannt«, sagte Reichert langsam. »Und jetzt soll ich tatsächlich kuppeln?«
    »Ich werde Sophie heiraten, das weißt du!«
    »Solange sie nicht großjährig ist, wird man das verhindern. Willst du noch vier Jahre warten?«
    »Darüber will ich mit Sophie sprechen. Ob sie das will – und kann! Ich bin bereit zu warten.«
    »Mein Gott, er liebt sie wirklich!« sagte Wanda laut. Kochlowsky sah sie mit gesenktem Kopf an.
    »Es ist beglückend, daß auch ein Trampel wie du zu denken anfängt«, sagte er dann, ganz der Alte. »Reg dich nicht auf und spring nicht aus dem Bett, ich bin ein Ästhet.«
    Reichert schlug stumm die Hände zusammen und verließ die Wohnung. Kochlowsky erhob sich von der Bettkante, ging zum Fenster und blickte in die eisige Nacht und über das tiefverschneite Land.
    »Ich danke dir, Wanda«, sagte er plötzlich.
    Sie zuckte hoch und starrte seinen breiten Rücken an. »Was ist denn das wieder für eine Gemeinheit?«
    »Ist denn alles gemein, was ich sage?«
    »Grundsätzlich!«
    »Ich danke dir, daß du dich so um Sophie angenommen hast. Daß du sie wie eine Mutter umhegst. Daß sie mit allem Kummer zu dir kommen kann. Daß sie einen Halt an dir hat. – Ende der Gemeinheit!«
    »Verzeih, Leo.« Wanda zog das Plumeau bis unter das Kinn. Sie war beschämt. »Das sind ganz neue Töne bei dir …«
    »Vergiß sie wieder!«
    »Wie kommst du mit Hubert Seppenthal auf Gut Lubkowitz aus?«
    »Gut …«
    »Das ist doch nicht möglich!«
    »Seppenthal ist seit sechs Wochen krank. Magenkrämpfe.«
    »Und wer leitet jetzt das Gut?«
    »Dämliche Frage! Ich!«
    »Die Frage war wirklich dämlich«, sagte Wanda und lächelte. »Was konnte man anderes erwarten?«
    »Da kommt sie!« sagte Kochlowsky plötzlich mit belegter Stimme. »Sie rennt Jakob voraus … durch den Schnee. Er kommt kaum mit. So ein Leichtsinn! Hat nichts auf dem Kopf. Bei diesem Frost! Läuft da mit

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