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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wanda besuchte und wo er sich schämte, Wanda so viele anscheinend nackte Mädchen vorzuführen, erschien er hinter der Bühne und schäumte: »Wieso seid ihr nicht in Nikolai? Ich habe euch doch abfahren sehen!«
    »Es gibt auch Züge, die nach Pleß gehen!« sagte Landauer witzig. »Wir kamen zu der Ansicht, daß Pleß ein gutes Pflaster für die Kunst ist.«
    »O Gott! Mir schwant etwas!« stöhnte Reichert und faßte sich an den Kopf.
    »Nein!« Eugen drückte ihn auf einen Stuhl. »Leo ist nicht heimlich hier! Ehrenwort. Wir haben seit zwei Monaten nichts mehr von ihm gehört.«
    Auch Wanda, die wenig später hinter die Bühne kam, tat so vollendet verblüfft über Eugens und Landauers Anwesenheit, daß ihr Reichert ihr Entsetzen sofort glaubte. Im evangelischen Gemeindesaal rumorte noch immer das Publikum – man konnte sich nicht über die ›Musen‹ beruhigen. Vor allem die Mütter und Väter der jungen Darstellerinnen waren atemlos vor Scham. Trikot hin, Trikot her – man hatte alles gesehen! Beine, Schenkel, Bauch, Busen, Hinterbacken … wie nackt! An diesen Ruch der Großstadt mußte Pleß sich erst gewöhnen …
    »Wo ist Leo?« rief Wanda mit dramatischer Stimme. »Wo versteckt er sich?«
    »Er ist in Ratibor«, sagte Reichert beruhigt. »Keine Sorge, Wanda.«
    »Und was machen die hier?«
    »Wir haben eine Marktlücke entdeckt!« erklärte Eugen Kochlowsky. »Es hat keinen Sinn, auf den Durchbruch in der großen Kunst zu hoffen. Wir haben uns entschlossen, jetzt nur noch kommerziell zu denken. Wanda, ich habe bisher zehn Pfund zugenommen. Ist das ein glückliches Leben!«
    Von jetzt an war es möglich, wieder offiziell im Schloß zu erscheinen, bei Wanda in der kleinen Wohnung zu sitzen und so köstlich zu essen wie die fürstlichen Herrschaften. Vor allem, als die Wild-Saison begann, erschienen Eugen und Landauer jeden zweiten Tag bei Reichert oder Wanda Lubkenski und füllten sich die Mägen mit Rehpfeffer, Hirschlende oder Wildschweinrücken. Dazu gab es grüne Klöße, kindskopfgroße Ballen aus rohen Kartoffeln mit in Butter gerösteten Weißbrotwürfeln in der Mitte.
    Eugen Kochlowsky konnte Anfang Dezember seine Jacken nicht mehr zuknöpfen.
    Und von Leo kam kein Wort, kein Lebenszeichen. Niemand konnte das verstehen, sogar Wanda nicht.
    »Er hat in Ratibor längst eine Neue«, meinte Wanda bitter. »Was sage ich? Drei, vier, sechs Neue! Der klatscht in die Hände, und schon fallen die Röcke …«
    »Er liebt mich …«, sagte Sophie sanft wie immer.
    »Und schweigt?«
    »Wer weiß, was er vorbereitet?«
    »Muß man deswegen stumm sein?« Reichert war in Hochstimmung. In neun Tagen war seine Hochzeit mit Wanda. Der Fürst hatte ihnen im Remisenhaus eine schöne Wohnung gegeben, vier große Zimmer, gleich neben den Fahrzeugen und den Zugpferden. Ein Garten gehörte dazu und als Deputat ein Schwein pro Jahr, eine Sonderzuwendung von Seiner Durchlaucht.
    Jakob Reichert hatte sich auf eine große Hochzeitsfeier vorbereitet, so, wie sie auf dem Land üblich ist: vierundzwanzig Stunden lang saufen, fressen und tanzen. Er erwartete fast hundert Gäste, alle aus dem Personal des Schlosses und des Gutes. Das würde ein Tag werden!
    »Vergiß Leo«, sagte Reichert väterlich. »Sophie, er ist für immer weg …«
    »Nein. Er kommt wieder! Er hat es versprochen!«
    »Das ist das einzige, was nachdenklich stimmt«, sagte Eugen. »Wenn mein Bruder ein Versprechen gibt, löst er es auch ein! Da ist er wie ein Elefant – die vergessen auch nichts, und wenn es fünfzig Jahre dauert!«
    »So lange wird Sophie nicht warten!« scherzte Reichert.
    »Ich werde warten«, sagte sie leise. »Was wißt ihr denn, was Liebe ist?«
    »Leo würde jetzt sagen: Aber du Rotznase weißt es!«
    »Wie schön wäre es, wenn er jetzt hier säße und ›Rotznase‹ zu mir sagte!« Sophie sah verträumt an Wanda und Reichert vorbei zum Fenster. Es schneite seit fünf Tagen. Pleß versank unter weißen Bergen. »Eugen, willst du mir einen Gefallen tun?«
    »Jeden …«
    »Bring Leo mein Bild nach Ratibor.«
    »Das wäre total verrückt!« sagte Reichert grob.
    »Ich habe es für ihn malen lassen, er soll es bekommen, und wenn niemand hinfährt, bringe ich es ihm selbst.«
    »Weißt du, was dann die Fürstin mit dir machen wird?« fragte Wanda, atemlos vor Entsetzen.
    »Das ist mir egal. Ich komme danach doch nicht mehr zurück …«
    »Du willst einfach weg? Flüchten? Deine Stelle aufgeben?«
    »Ja!«
    »Deine ganze

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