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Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt

Titel: Kochlowsky 1: Vor dieser Hochzeit wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fertig.
    Wandas Bild in seiner Üppigkeit ließ das Vorbild von Goya vergessen. Es war gemalte Fleischeslust, und Wanda errötete tief, als Landauer nach dem letzten Pinselstrich – seinem Signum – sagte: »Man könnte direkt hineinbeißen!«
    »Ob ich das wirklich Jakob schenken kann?« fragte sie voller Zweifel.
    »Es wird ihn umwerfen!« Landauer trat von seinem Meisterwerk zurück. »So hat noch kein Mann seine geliebte Frau über dem Bett hängen gehabt.«
    »Es … es sollte unterm Weihnachtsbaum stehen.« Wanda Lubkenski wischte sich über die Augen. »Ob man das kann, Louis? Wenn Jakob singt: Oh, du fröhliche, oh, du selige … und dann so ein Bild?«
    »Oh, du fröhliche stimmt genau …« Landauer rieb sich die Hände.
    »Du bist ein Ferkel!« sagte Wanda böse. »Ich werde Mühe haben, Jakob zu erklären, daß du das Bild aus dem Gedächtnis gemalt hast und ich völlig angezogen auf dem Sofa gelegen habe. Ein Glück, daß wir noch vor Weihnachten heiraten.«
    »Wenn das Leo erlebt hätte«, sagte Eugen, als Landauer ihm später diese Nachricht samt einem gebratenen Huhn überbrachte. »Einer, der halbwegs sein Freund war, heiratet! Einen richtigen Freund hatte Leo ja nie! Aber bei Jakobs Hochzeit hätte er etwas unternommen! Zwischen Wanda und Leo bestand so etwas wie eine Haßliebe; wenn die sich zwei Tage lang nicht anfauchten, war die Welt nicht in Ordnung. Wir sollten es Leo mitteilen.«
    »Viel wichtiger ist: Wovon leben wir in Zukunft!«
    »Du hast Wanda von vorn gemalt, versuch, ob du sie nicht auch von hinten malen kannst.«
    »Das würde jede Leinwand sprengen, Eugen! Diese Backen …«
    »Rubens hatte weniger Skrupel und wurde damit reich! – Louis, es geht um unseren Magen! Übrigens, ich habe dem Chefredakteur der Plesser Zeitung den ersten Teil meines Romans zum Lesen gegeben.«
    »Bravo! Ein Erfolg! Er hat dich überhaupt empfangen!«
    »Nur weil ich der Bruder von Leo Kochlowsky bin. Den kennt er natürlich. Leo hatte einmal mit ihm zu tun – wegen eines Artikels über ein Jubiläum auf dem Gut. Der Chefredakteur heißt Rümmling. Leo nannte ihn natürlich Dümmling … Das bleibt haften.« Eugen lächelte schief. »Aber es öffnete mir die Tür bei der Redaktion. Man findet meinen Roman interessant.«
    »Weil Leo darin die Hauptrolle spielt – natürlich! Sie werden durch geschickte Streichungen versuchen, Leo lächerlich zu machen. Das kommt auf einen Brudermord hinaus, Eugen!«
    »Ich soll zweihundert Mark dafür bekommen. Louis, zweihundert Mark! Und Streichungen verbiete ich!«
    »Dann bekommst du keinen Pfennig! Ich habe eine andere Idee.«
    Die Idee bestand darin, daß Landauer die Tanzkursteilnehmer von Adolphe Furniere mit schnellen Strichen porträtierte und die Bildchen als Andenken verkaufte. Es war eine gute Idee; vor allem die Tanzstundendamen waren begeistert, und es gab keinen Tanzstundenherrn, der seiner Dame die Sitzung zu einer solchen Skizze abschlug. Wer hätte diese Unhöflichkeit begehen mögen, zumal zwei Stunden des Kursus reserviert waren für das Thema: Das richtige Benehmen in gehobenen Kreisen. Und dazu wollte jeder gehören.
    Eugen wiederum war dramaturgisch tätig: Er arrangierte im Rahmen ›Die Kunst in der Gesellschaft‹ sogenannte ›lebende Bilder‹, dramatische Gruppierungen, bei denen man bewegungslos, statuarisch, starren Blickes und unter Bezwingung aller Zuckungen berühmte Szenen darstellte, etwa die Versuchung des Joseph durch Potiphar, den Tod des Sokrates oder Napoleon vor Moskau.
    Die Kursteilnehmer waren begeistert. Endlich etwas Neues, Großstädtisches in Pleß! Was in Berlin, München oder Dresden möglich war, konnte man auch hier! Eugen Kochlowsky pries seine Ideen in den höchsten Tönen und kassierte pro Teilnehmer die Wahnsinnssumme von zehn Mark.
    Zu einem Skandal kam es nur einmal, als Ende Oktober im Gemeindesaal der evangelischen Gemeinde von Pleß Eugen Kochlowskys lebendes Bild ›Im Hain der Musen‹ aufgeführt wurde. In fleischfarbenen Trikots bevölkerten brave Bürgerstöchter als Musen einen Garten aus bemalten Kulissen. Von weitem sah es aus, als seien sie wirklich nackt.
    »So etwas kann auch nur von einem Kochlowsky kommen«, hieß es, aber der Zulauf zu den ›lebenden Bildern‹ war hinterher ungeheuerlich.
    Ein Nachteil allerdings war, daß man dadurch im Schloß darauf aufmerksam wurde, daß Louis und Eugen gar nicht abgereist waren, wie Reichert angenommen hatte. Gleich nach der Vorstellung, die Jakob mit

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