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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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…«
    »Das hat mit mir überhaupt nichts zu tun, Ludwig.«
    »Als Sie vor über sechs Jahren hier ankamen, herrschten hier Zustände wie in einer Wildnis. Wir waren die Affen, Hammerschlag schwang die Peitsche und ließ uns tanzen. Was ist seitdem in Herzogswalde nicht alles geschehen!«
    In diesem Augenblick klopfte es kurz, die Tür flog gegen die Wand, und Hammerschlag trat in den Raum. Zum erstenmal seit fünf Jahren standen sie sich gegenüber, sichtlich erstarrt, überrumpelt und eine Weile ratlos, wie sie sich verhalten sollten. Förster Ursprung drehte sich weg zum Fenster und blickte in den Forsthof hinaus.
    »Bravo!« brach Kochlowsky das Schweigen. »Sie haben gelernt anzuklopfen.«
    »Ich wußte nicht, daß Sie da sind«, knurrte Hammerschlag zurück.
    »Ich hole mir meine Weihnachtsgans.«
    »Beim Förster?«
    »Die Gänse in Ihrem Stall sind mir zu schwindsüchtig.«
    »Sie Alleswisser! Sie Besserwisser!« Hammerschlag holte tief und schnaufend Luft. Er hatte sich in den zurückliegenden fünf Jahren kaum verändert, nur das Haar war eisgrau geworden. Aber es stand ihm gut. »Wie ist das mit der Viehzucht?«
    »Obstplantagen brauchen intensive Pflege und sind vom Wetter abhängig. Kühe, abgehärtete Kühe wachsen fast von allein. Sie sollten wetterharte polnische Rinder nehmen.«
    »Eher verrecke ich!«
    »Das ist Ihr persönliches Vergnügen. Immerhin werde ich zwanzig Mark für einen schönen Kranz opfern.«
    »Was bilden Sie sich eigentlich ein? Sind Sie dem lieben Gott aus der Mantelfalte gerutscht … und alle anderen Idioten?! Fast vierzig Jahre bin ich nun in der Landwirtschaft …«
    »Und davon haben Sie die letzten sechs oder sieben verschlafen. Um uns herum bricht sich ein neues Jahrhundert Bahn, getragen von unglaublichen Ideen; Dinge werden möglich, wovon man früher nicht zu träumen gewagt hätte … aber bei Baron von Finck baut man weiter Kartoffeln an wie zu Zeiten Friedrichs des Großen. Aber das ist Ihr Problem! Ludwig, gehen wir, die Gans aussuchen.«
    Ohne Hammerschlag weiter zu beachten, ging Kochlowsky an ihm vorbei aus dem Haus. Förster Ursprung folgte ihm, ein wenig verstört murmelnd: »Einen Augenblick, Herr Hammerschlag. Nur einen kurzen Augenblick. Ich bin schnell wieder da …«
    Auf der Rückfahrt zur Ziegelei, in einer Kurve des verschneiten Waldwegs, mußte Kochlowsky seinen Wagen anhalten. Ein Pferdeschlitten versperrte ihm den Weg. In dicke Pelze gehüllt, saß Hammerschlag im Schlitten und wartete auf Kochlowsky.
    Kochlowsky stieg aus, nahm die Peitsche mit und näherte sich dem Schlitten. Hammerschlag hatte die Pelzmütze tief über den Kopf gezogen, die Augen schauten gerade noch heraus.
    »Hier sind wir allein und unbeobachtet«, sagte er.
    »Was soll's sein? Fäuste oder Peitsche? Eine Pistole habe ich nicht bei mir.«
    »Du bist und bleibst ein Idiot, Leo. Wo bekomme ich polnische Rinder her?«
    »Da kenne ich vorzügliche Züchtungen.« Kochlowsky trat an den Schlitten heran, riß Hammerschlag die Mütze vom Kopf, schlug sie ihm zweimal ins Gesicht, und dann lachten sie plötzlich beide, faßten sich an den Händen und schüttelten sie. Es war eine Freude zwischen ihnen, für die ihr Lachen viel zu schwach war.
    »Wie sagen wir es der übrigen Welt?« fragte Hammerschlag und stülpte seine Pelzmütze wieder über den Schädel. »Sie verliert den Glauben.«
    »Wir werden am Sonntag beide beim Stammtisch erscheinen und brüderlich saufen. Dann gibt es keine Fragen mehr.«
    Und so geschah es auch. Herzogswalde begriff für einen Augenblick die Welt nicht mehr. Auch Sophie war ratlos … Bis drei Uhr nachmittags hatte sie das Mittagessen warmgehalten, als sie eine fremde Kutsche vorfahren sah. Wanda und Jacky, der Spitz, sprangen heraus, und Wanda rief schon im Vorgarten:
    »Mutti! Mutti! Papa ist besoffen …« Mühsam schleppte Hammerschlag den torkelnden Kochlowsky ins Haus und ließ ihn auf das Sofa plumpsen. Fassungslos starrte Sophie die beiden Männer an.
    »Sie …«, sagte sie dann gedehnt. »Was ist denn passiert?«
    »Was soll schon passiert sein? Ein kleiner Sonntagsumtrunk. Pardon, schöne Frau, Männer haben das manchmal nötig.«
    »Haben Sie mal auf die Uhr geguckt?«
    »Nee. Warum?«
    »Drei Uhr. Und Leo sinnlos betrunken! Mein schönes Mittagessen …«
    »Was gibt es, holde Frau?«
    »Spanferkel, in Bier gebacken … und …«
    »Akzeptiert. Wundervoll! Her damit, Leos Portion fresse ich mit auf …«
    Die Welt mochte sich verändert haben

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