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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Tageszeitung und trat auf den Vorplatz. Aus dem dem Bahnhof gegenüberliegenden Hutgeschäft – Modes à la Paris versprach ein Schild über der Tür – kam in diesem Augenblick Blandine Rechmann, die französische Frau des Revierförsters, und nickte Leo zu. Ihr rotes Haar, eine wahre Pracht, quoll unter dem breitkrempigen Hut hervor. Eine Frau von betörender Schönheit, und man rätselte in Wurzen, weshalb sie gerade den biederen Rechmann geheiratet hatte und wie sie es aushielt in der Stille und Einsamkeit des Forsthauses. Man munkelte so einiges von Liebhabern in Leipzig, aber Genaues wußte keiner.
    Kochlowsky zog ehrerbietig seine Pelzmütze, machte dabei eine kurze Verbeugung und hinterließ auf Blandines Gesicht ein verständnisvolles Lächeln. Er blickte ihr nach, wie sie auf hohen Stiefelabsätzen über die schneebedeckte Straße trippelte, in einen geschlossenen Jagdwagen stieg, den ein Forsteleve lenkte, und wegfuhr. Sie kam an dem noch immer vor dem Bahnhof stehenden Kochlowsky vorbei, winkte ihm aus dem Wagen zu und spitzte die Lippen wie zu einem Kuß.
    Kochlowsky war etwas verwirrt. Er strich sich über den Bart, kratzte sich den Nasenrücken, dachte an die feuerroten Haare und erinnerte sich, daß von der Försterei eine Bestellung über zweitausend Vollziegel vorlag. Kochlowsky beschloß, sich um diese Lieferung persönlich zu kümmern. Der individuelle Kundendienst war bisher sowieso zu wenig gepflegt worden – das mußte anders werden.
    Mit einigen heimlichen Gedankenwünschen bezüglich Blandine Rechmann beschäftigt, betrat er sein Büro in der Ziegelei, wärmte sich am eisernen Ofen etwas auf, rieb die Hände gegeneinander und klopfte sich dann auf die trotz Pelzmantel erstarrten Körperteile. Leopold Langenbach stand an seinem Pult und schrieb einen Brief an einen Kunden; er malte schwungvolle Buchstaben und war stolz darauf, daß am Ende jeder Brief wie ein kleines Kunstwerk aussah. So etwas machte Eindruck auf die Kunden.
    »Wir haben aus Wurzen vier Lieferstornierungen erhalten«, sagte Langenbach, als Kochlowsky am gegenüberstehenden Pult seinen Platz bezogen hatte. »Offiziell wegen Baustopp der Kälte wegen, aber hintenherum habe ich gehört: ›Wir kaufen nichts mehr bei einem, der Nackte auf der Bühne ausstellt.‹«
    »Wer hat das gesagt?« Kochlowsky sah Langenbach mit hartem Blick an.
    »Das ist doch unwichtig!«
    »Für mich nicht, Herr Langenbach.« Kochlowskys Stimme schwoll an wie zu seinen besten Zeiten in Pleß. »Sie nennen mir sofort die Namen!«
    »Warum? Was hätte das für einen Sinn? Wollen Sie herumfahren und jeden anschnauzen?«
    »Was ich tue, verantworte ich auch. Aber Sie sind zu feige dazu, Sie Duckmäuser!«
    »Ich will das überhört haben …«, sagte Langenbach ernst und gefaßt.
    »Dann war's nicht laut genug«, brüllte Kochlowsky. »Sie Duckmäuser!«
    Leopold Langenbach tat das Klügste, was er tun konnte. Er verließ sein Stehpult und ging hinaus.
    Aber damit bremst man einen Kochlowsky nicht. Leo wartete eine Weile, stampfte dann hinüber zur Buchhaltung und riß die Tür auf. Oberbuchhalter Plumps addierte gerade im Journal eine lange Zahlenkolonne, kam beim Anblick Kochlowskys aus der Reihe und schnufte laut auf.
    »War Herr Langenbach hier, Herr Schnupf?« schrie Kochlowsky.
    Plumps zog den Kopf ein, sah sich nach allen Seiten um, bevor er zu antworten wagte: »Nein, ich habe keinen Herrn Schnupf gesehen. Wollte er Sie sprechen?«
    »Darauf habe ich gewartet.« Kochlowsky starrte den armen Plumps mit geradezu mörderischen Blicken an. »Läuft als Bazillenschleuder herum und wird auch noch renitent. Merken Sie sich eins, Herr Schnupf: Ab sofort betreten Sie mein Kontor nur noch mit einem Nasenschutz. Mit einer Gesichtsmaske.«
    »Das … das ist kein Schnupfen, Herr Kochlowsky«, stotterte Plumps. Der Federhalter rutschte ihm aus den Fingern und rollte auf die Dielen. »Es … es sind die Nerven, nicht ansteckend, keinesfalls ansteckend …«
    Sein erneutes Aufschnupfen war wie eine Demonstration. Ebenso demonstrativ prallte Kochlowsky zurück. »Ekelerregend!« brüllte er. »Und zehn Kinder haben Sie. Bei Ihnen läuft's wohl aus allen Öffnungen …«
    Ehe sich der arme Plumps mit der Aufwallung eines kleinen Heldenmutes wehren konnte, war Kochlowsky aus der Buchhaltung gestürmt und suchte weiter nach Langenbach. Die drei anderen Buchhalter an den Stehpulten starrten ihren Oberbuchhalter erschrocken an.
    Plumps klappte sein großes Journal zu,

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