Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön
habe Sie gewarnt, Herr Baron«, sagte Kochlowsky stockend.
»Gewarnt! Vor einem Pferd? Lächerlich!«
Kochlowsky trat zurück und stellte sich neben Douglas. Unruhig strich er über seinen Bart. Was jetzt geschehen würde, war keine gute Ausgangssituation für ein Einstellungsgespräch. Die neue Stelle in der Ziegelei von Herzogswalde war schon im voraus belastet mit einer Blamage des Barons. Vergessen wir Herzogswalde, Leo …
Baron von Finck war ein gelenkiger, gestählter, flotter Alter. Erstaunlich schnell saß er im Sattel und zog die Zügel straff, so daß Reckhardts Kopf nicht nach oben zucken konnte. Gleichzeitig zeigte ihm der Schenkeldruck: Hier ist dein Herr!
Wie bei Baron von Üxdorf ging jetzt auch bei Baron von Finck alles sehr schnell. Reckhardt von Luisenhof stand ein paar Sekunden starr wie ein Standbild, man sah kein Atemwölkchen mehr, kein Blähen der Nüstern, kein Zittern der Flanken, kein Spiel der Ohren – alles an ihm schien versteinert. Aber plötzlich, als Baron von Finck schon siegessicher und breit lächelnd zu Kochlowsky hinunterblickte, hob sich, wie von einer unsichtbaren Stahlfeder emporgeschleudert, der rotbraune, wundervolle Pferdekörper in die Luft, mit allen vier Beinen sich abschnellend und gleichzeitig buckelnd sich zusammenziehend. Hier gab es kein Halten mehr. Im weiten Bogen flog Baron von Finck durch die Luft. Kochlowsky umklammerte mit beiden Händen seinen Bart. Graf Douglas sagte geradezu freundlich »Hoppla!«, und dann landete der Baron sehr unsanft auf einer geschnittenen Taxushecke und brach in den Busch ein. Kochlowsky rannte sofort zu ihm hin und half ihm aus den Zweigen. Das Pferd stand wieder ruhig auf dem Weg und blähte nur etwas die Nüstern.
»So ein Satan!« keuchte Baron von Finck, als er aus der Hecke geklettert war. Er stützte sich auf Kochlowskys Schultern und ordnete sein Äußeres. »Das ist ja ein leibhaftiger Satan …«
»Darum passen wir auch so gut zueinander.«
Von Finck sah Kochlowsky kurz an, ließ ihn los und hinkte einen Schritt von ihm weg.
»Wann können Sie bei mir anfangen, Kochlowsky?«
»Jederzeit, Herr Baron.«
»Am 1. November?«
»Selbstverständlich.«
»Kommen Sie doch mal nach Herzogswalde, und sehen Sie sich den Betrieb an.«
»Gern.«
»Es wird Ihnen gefallen. Das schöne Dresden liegt ganz in der Nähe. Für Sie wird ein Haus freigemacht werden, mit einem Stall! Dieses Aas von Pferd bringen Sie natürlich mit! So etwas! Mich hat vorher noch nie ein Pferd abgeworfen!«
Baron von Finck nickte Kochlowsky zu, hinkte zu Graf Douglas, faßte bei ihm unter und ließ sich dann ins Schloß zurückführen.
Kochlowsky wartete, bis die beiden auf der Hauptallee waren, stieg dann auf Reckhardt, tätschelte ihm den Hals und sagte: »Du bist ein verdammter Halunke!« Dann ritt er zurück zum Eingang des Schlosses. Dort schien Kammerdiener Luther auf ihn gewartet zu haben. Er kam sofort aus dem Portal.
»Noch nichts!« rief er schadenfroh. »Sie müssen noch warten! Noch lange nichts. Jetzt ist erst die Mittagstafel gedeckt …«
»Wenn Blödheit fröhlich macht, müßtest du einen Veitstanz tanzen!« sagte Kochlowsky, tippte sich gegen die Stirn und ritt davon.
Sprachlos starrte ihm Luther nach. Er versetzt den Grafen … das hat noch keiner gewagt. Aber auch später begriff Luther nicht, warum Douglas nicht im Laufe des Tages sagte: »Kochlowsky kann jetzt kommen.« Er schien ihn tatsächlich vergessen zu haben. Aber als Luther den Grafen daran erinnerte, winkte er nur stumm ab.
Sophie lief Kochlowsky entgegen, als sie ihn von weitem kommen sah. Ihr gelbblondes Haar flatterte aufgelöst um ihren schmalen Kopf. Jacky, der Spitz, raste kläffend voraus.
»Was ist, Leo?« rief sie atemlos, blieb stehen und drückte beide Hände auf ihren gesegneten Leib. »Was hat der Baron gesagt? Leo …«
»Ich bin engagiert«, sagte Kochlowsky und stieg vom Pferd. »Ende Oktober ziehen wir nach Herzogswalde …«
»Oh, Gott sei Dank!« Sie lehnte sich an Kochlowsky, und plötzlich rannen Tränen über ihr blasses Gesicht. »Ich hatte solche Angst vor der Zukunft. Nun ist alles gut. Gott hat meine Gebete erhört …«
»Das ist noch nicht sicher.« Kochlowsky legte den Arm um sein kleines Frauchen, drückte ihren Kopf an sich und sah über ihr Haar hinweg hinüber zu Reckhardt von Luisenhof. »Ich bin mir nicht ganz im klaren, ob er mich engagiert hat oder das Pferd … Er hat mich nicht einmal gefragt, wieviel Gehalt ich wert
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