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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gebälk. Helles Wiehern durchbrach die fahle Dunkelheit. Es roch beißend nach Rauch.
    Der Stall mit dem in seiner Box eingesperrten Reckhardt stand in Flammen.

XXII
    Obwohl Kochlowsky mit dem festen Vorsatz nach Herzogswalde gefahren war, sich dort nie und nimmer wohl zu fühlen, gefiel ihm der kleine Ort auf den ersten Blick. Es war eine Art Straßendorf – entlang der Hauptstraße lagen links und rechts die Häuser, alle mit schönen Gärten nach hinten, und von der Mitte des Ortes ging eine breite Chaussee über Grum, Kesseldorf und Gorbitz direkt nach Dresden hinein. Die Umgebung war hügelig, mit viel Wald und Busch, mit Feldern und Bächen, und greifbar nahe lag das große Forstgebiet des Tharandter Waldes. Von ihm hatte Kochlowsky sogar schon in Pleß gehört … Tharandt mit dem Luftkurort Hartha galt als ein Gebiet, wo sich Lungenkranke durch Liegekuren neue Kraft holten.
    Von Dresden Hauptbahnhof fuhr Kochlowsky, verbunden mit mehrmaligem Umsteigen, auf Kleinbahnen bis nach Herzogswalde und stand dort ziemlich allein vor dem kleinen Bahnhofsgebäude. Vier Mitreisende waren ebenfalls ausgestiegen, wurden erwartet und klapperten in Fuhrwerken an ihm vorbei. Eine Kutsche war weit und breit nicht zu sehen. In Herzogswalde war man auf die Ankunft von Fremden nicht vorbereitet. Und wenn, dann war man angemeldet. Wer kommt schon ohne Ankündigung nach Herzogswalde?
    Kochlowsky ging in den Bahnhof zurück zum Schalter und klopfte gegen die Scheibe. Der Beamte, der gerade ein Butterbrot aß – der nächste Zug kam erst in drei Stunden, es war also die Zeit der Erholung – blickte kurz auf, nickte und aß weiter. Kochlowsky knirschte mit den Zähnen, nahm die Faust und hämmerte gegen die Scheibe. Es war eine Frage von Sekunden, wann sie zerspringen würde.
    Der Beamte seufzte, legte seine dicke Brotschnitte auf den Tisch, stärkte sich noch mit einem kräftigen Schluck Kaffee aus der Thermosflasche und schob dann das Schalterfenster hoch.
    »Schmeckt's?« bellte Kochlowsky.
    »Danke. Gekochter Schinken. Eigene Schlachtung. – Sie sind fremd hier? Ich kenne Sie nicht.«
    »Sie werden mich noch kennenlernen«, sagte Kochlowsky dunkel. »Gibt es hier keine Pferdedroschken?«
    »Nee …«
    »Wie kommt dann ein Reisender von Herzogswalde zum Beispiel nach Heizdorf?«
    »Mit der Droschke …«
    »Ja, bin ich denn verrückt?« schrie Kochlowsky. »Sie haben doch gerade gesagt …«
    »Man muß sie bestellen!«
    »Und wo macht man das?«
    »Bei mir.«
    Kochlowsky holte tief Atem. Nicht in den Fehler wie in Wurzen verfallen, dachte er, sich beruhigend zuredend. Nicht brüllen! Leo, versuche, gelassen zu sein!
    »Dann möchte ich eine bestellen«, sagte er gepreßt.
    »Wohin?«
    »Zum Haus des Herrn Baron von Finck …«
    »Zum Rittergut?« Der Bahnbeamte beäugte Kochlowsky abschätzend. Gäste des Barons wurden vom Gut abgeholt. Geschäftemacher fuhren nicht zum Gut, sondern zur Rentmeisterei oder zur Ziegelei. »Sie wollen zu Herrn Hammerschlag?«
    »Wer ist denn das?«
    »Der Rentmeister.«
    »Ich will zum Baron von Finck!« schrie Kochlowsky.
    »Sind Sie sicher?«
    Kochlowsky nahm all seine Kraft zusammen, um nicht loszutoben. Er griff stumm nach dem Schiebefenster, riß es herunter, knallte es zu und verließ den Bahnhof.
    Der Bahnbeamte starrte ihm entgeistert nach, nahm dann sein Schinkenbrot zur Hand und biß einen Brocken davon ab. »Na, so was!« sagte er kauend. »Wie ungeduldig Menschen sein können …«
    Kochlowsky hatte Glück. Am Bahnhof vorbei zockelte ein Flachwagen mit klappernden; leeren Milchkannen. Der Fuhrmann, weißhaarig und ausgezehrt, schrie sofort »Brrr!«, als Kochlowsky ihm in den Weg trat.
    »Sind Sie lebensmüde?« rief er mit alterszitternder Stimme.
    »Haben Sie Zeit?« fragte Kochlowsky und trat an den Kutscherbock.
    »Um Sie zum Friedhof zu bringen – nee …«
    »Ich muß zu Baron von Finck.«
    »Ich ooch …«
    »Welch ein Glück! Nehmen Sie mich mit?«
    »Nee!«
    »Warum nicht?«
    »Ich kenne Sie doch gar nicht. Wenn Sie mir auf dem Weg zum Baron eins über den Nischel hauen …«
    »Was soll ich mit leeren Milchkannen?«
    »Aber dat Pferd.«
    »Das ist dreiundzwanzig Jahre alt. Ich habe kein Altersheim.«
    »Zweiundzwanzig …« Der Fuhrmann grinste breit. »Sie kennen wat von Pferden, wat? Steigen Sie auf! Wie heißen Sie denn?«
    »Leo Kochlowsky.«
    »Anjenehm. Ich bin Fritze Blohme.«
    Kochlowsky kletterte neben Blohme auf den Bock und stellte seine Reisetasche nach hinten

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