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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bin.«
    In den Lübschützer Tonwerken regierte Leopold Langenbach nun wieder allein. Aber es war alles nicht mehr so wie früher … Zwar war Ruhe eingekehrt, man hörte Kochlowskys mächtiges Organ nicht mehr, niemand wurde mehr angebrüllt, keiner sagte zu dem dicken, schnufenden Plumps mehr ›Herr Schnupf‹, und es ging auch keiner mehr durch die Hallen und kniff den jungen, quietschenden Arbeiterinnen in den prallen Hintern. Die Kutscher vermißten Kochlowsky ebenso wie die Tonstecher in den Gruben, und die Käufer der Großhändler fragten betroffen: »Wo ist Herr Kochlowsky? Was, er hat gekündigt? Das gibt's doch nicht! Wir haben uns schon so darauf gefreut, wieder mit ihm Krach zu kriegen. Seine Schimpfworte waren schon fast ein Exportartikel! Wer außer Kochlowsky kann zum Beispiel ein Wort bilden wie ›Mastdarmtrompete‹?«
    Graf Douglas ließ den Förster Willy Cranz zu sich kommen. Aber die Aussprache brachte nicht viel. Nein, Cranz hegte keinen Groll mehr gegen Kochlowsky, er war sogar bereit, ihm öffentlich die Versöhnungshand zu reichen – schließlich ist Eifersucht verzeihbar, auch wenn sie unberechtigt ist –, aber die Bürger von Wurzen würden nie und nimmermehr einen Kochlowsky unter sich dulden.
    »Die Leute gehen mich einen Dreck an!« sagte Graf Douglas in bester Kochlowsky-Manier. »Mit Geschwätz kann ich meine Tonwerke nicht ausbauen!«
    An einem Freitagvormittag brachte ein reitender Bote einen Brief des Grafen zu Kochlowsky. Er war gerade im Stall, striegelte Reckhardt, hatte die Boxe neu ausgestreut und den Mist zur Kuhle gefahren.
    »Du kannst gleich auf die Antwort warten«, sagte Kochlowsky, als der Bote wieder gehen wollte. »Einen Augenblick!«
    Er ging zurück in den Stall, setzte sich auf die Haferkiste, las den Brief, nahm einen dicken Zimmermannsstift und schrieb quer über des Grafen Zeilen:
    »Nein!«
    Mehr nicht. Verwirrt nahm der Bote den Brief wieder an sich und ritt schnell davon. Aus der rückwärtigen Tür kam Sophie gelaufen – sie kam eine Minute zu spät.
    »Das war doch ein Reiter des Grafen?« rief sie aufgeregt.
    »Ja …«
    »Was wollte er?«
    »Er hat ein Schreiben gebracht. Vom Grafen!«
    »Mein Gott, so red doch, Leo!« Sophie rang nervös die Hände. »Wo ist es?«
    »Im Geschäftsleben sagt man: Urschriftlich zurück! – Er hat es wieder mitgenommen.«
    »Du … was hast du jetzt wieder getan?« Sie ballte zum erstenmal, seit er sie kannte, die kleinen Fäuste und schüttelte sie. »Was hast du wieder getan, Leo? Was wollte der Graf von dir?«
    »Er hat mir wieder die Tonwerke angetragen … mit doppeltem Gehalt. Als alleiniger Geschäftsführer. Langenbach soll Repräsentant im Außendienst werden.« Kochlowsky griff wieder nach Striegel und Bürste. »Ich habe ein dickes Nein über den Brief geschrieben …«
    »Nein …« Sie holte tief Atem und fuhr sich mit beiden Händen durch die blonden Haare. »Nein hast du geschrieben? Bist du denn noch zu retten?«
    »Ich habe meinen Stolz, und den verkaufe ich nicht für Silberlinge! Man hat mich wie einen Aussätzigen rausgeworfen … jetzt können sie vor meiner Tür tanzen, ich blicke nicht mal hin!«
    »Wir hätten das alles behalten können, Leo. Das Haus, den Garten … Wandas Heimat! Warum kannst du nicht ein klein wenig nachgeben … das müssen doch alle! Bist du denn der Herr dieser Welt?«
    »Ich bin Leo Kochlowsky!« sagte er laut und schlug Bürste und Striegel gegeneinander. »Der Tag, an dem ich vor einem anderen Menschen krieche, wird auch mein letzter sein! Außerdem soll Herzogswalde ein schöner Flecken sein … und das königliche Dresden liegt in der Nähe.«
    Am 2. Oktober 1890 reiste Kochlowsky zur Besichtigung seiner neuen Arbeitsstelle nach Herzogswalde. Sophie gab ihm einen Talisman mit … ein kleines Bild von Wanda, das Louis Landauer gemalt hatte. »Denk bei allem an uns …«, sagte sie bei der Übergabe.
    Kochlowsky war gerührt, küßte sein kleines Frauchen und sein Kind und ließ sich zum Wurzener Bahnhof fahren.
    In der Nacht zum 3. Oktober begann Jacky, der Spitz, plötzlich zu bellen und zu winseln, sprang zu Sophie ins Bett und leckte ihr das Gesicht. Ein paarmal wehrte sie ihn ab, aber als sie sah, daß Jacky immer wieder zur Tür rannte und bellte, zurückkam, leckte und zurück zur Tür ging, sprang sie auf, warf den Morgenrock über und ließ Jacky zur Gartentür hinaus.
    Mit einem Aufschrei prallte sie zurück. Durch die Nacht zuckte Feuerschein und knisterte

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