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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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widmen. Was war daraus geworden? Eine ganze Stadt jagte ihn davon.
    Er hielt das Pferd an, blickte über das Land und sagte dann laut zu sich selbst: »Sei ehrlich! Du bist ein wahrer Saukerl, Leo …«
    Der Umzug nach Herzogswalde ging nicht so glatt vonstatten, wie man gedacht hatte. Was hatte man anderes erwartet?
    Irgendwo hing der Möbelwaggon fest, anscheinend im Güterbahnhof von Dresden. Dagegen kam Reckhardt pünktlich mit seinem Pflegeburschen an, wurde ausgeladen, und Kochlowsky führte ihn in den Stall des neuen, großen Hauses. Der Stall war das einzige, was aus Pferdesicht bewohnbar war … Die Zimmer gähnten in kalter Leere, von einem Dienstmädchen pieksauber geputzt, und die neuen Gardinen, von einer Weißnäherin aus Herzogswalde genäht, bauschten sich im Wind, wenn die Räume gelüftet wurden. Zum Glück war es ein milder Oktober.
    Kochlowsky mietete sich mit Sophie und Wanda im einzigen Gasthaus ein, das sich ›Zum Schwanen‹ nannte und wo man ihn – noch ahnungslos – wie einen großen Herrn empfing, denn natürlich wußte jeder im Ort, daß Kochlowsky der neue Ziegeleileiter war. Seine Darlegung »Die Miete holen Sie sich von der Eisenbahn!« faßte man als Witz auf, aber Kochlowsky war viel zu erregt, um auf die völlig fehl am Platze befindlichen fröhlichen Gesichter zu achten.
    Was es heißt, einen Kochlowsky auf seine Möbel warten zu lassen, erfuhr der völlig unschuldige Bahnhofsvorsteher von Herzogswalde. Er war von Kochlowskys Ansturm und seinen Ausbrüchen so erschüttert und benommen, daß er später nicht mehr sagen konnte, was er alles hatte anhören müssen. Er behielt nur ein Wort im Ohr: »Sie Stinkdrüse!« – aber das genügte.
    Damit Reckhardt nachts nicht allein war, entschloß sich Kochlowsky, nicht bei Frau und Kind im Gasthof, sondern im Stall neben seinem Pferd zu schlafen. Im Stroh. Auch Jacky war natürlich dabei … seine Freundschaft zu Reckhardt war geradezu schicksalhaft geworden.
    Am zweiten Abend im Stall – in Dresden suchte man unterdessen nach dem Waggon, der planmäßig in Leipzig umgekoppelt worden war, aber scheinbar an den falschen Zug – erschien Baron von Finck bei Kochlowsky.
    »Das ist ja unerhört!« rief der Baron und strahlte den kauenden Reckhardt an. »Erst jetzt erfahre ich von dem Vorfall! Warum kommen Sie nicht zu mir, Kochlowsky? Selbstverständlich steht Ihnen in meinen Stallungen ein Platz zur Verfügung, und Ihre Familie wohnt bei mir auf dem Gut! Mieten sich ein Zimmer im ›Schwanen‹! So was! Und schlafen selbst auf der Erde im Stroh! Wer weiß, wann Ihre Möbel ankommen?! Kommen Sie, wir reiten zum Gut.«
    »Wir fühlen uns hier sehr wohl, Herr Baron.« Kochlowsky tätschelte Reckhardt die Kruppe. »Außerdem wird die Eisenbahn das Hotelzimmer bezahlen.«
    »Sind Sie sich da so sicher?«
    »Ich werde das durchfechten.«
    »Gegen eine Behörde, Kochlowsky?«
    »Ich habe als freier Mensch einen Anspruch auf Recht! Eine Behörde ist dazu da, dem Staat und dem Bürger zu dienen. Wer bezahlt sie denn schließlich?«
    »Aha!« Baron von Finck sah Kochlowsky prüfend an. »Sie sind ein Sozi?«
    »Ich bin ein Gegner jeglicher staatlicher Willkür.«
    »Also doch!« Baron von Finck begab sich zum Ausgang des Stalles, griff in die Rocktasche und zog eine bereits gestopfte Krummpfeife hervor. Kochlowsky gab ihm mit einem hölzernen Fidibus Feuer, den er an der Petroleumlampe entzündet hatte. »Solche Worte kenne ich. Umstürzlerisches Fanatikergewäsch! Das kennen wir von 1848 her! Kochlowsky, kommen Sie mir nicht damit! Geben Sie solche Ansichten auf … sonst werden wir nie miteinander auskommen können!«
    Entgeistert sah Kochlowsky dem Baron nach, wie er zur Straße ging, sich auf sein Pferd schwang und wegritt.
    Ein völlig anderer Wind als bisher blies ihm ins Gesicht.

XXIV
    Eine ganze Woche dauerte es, bis der Waggon mit den Kochlowsky-Möbeln endlich auf dem Abstellgleis des kleinen Bahnhofes Herzogswalde eintraf. Der Bahnvorsteher schickte einen Boten zu Kochlowsky, der sofort herbeiritt und den Waggon besichtigte.
    Die Plomben waren unversehrt, die Türen also nicht geöffnet worden. Es war anzunehmen, daß nichts gestohlen worden war.
    »Ein wirkliches Versehen«, erklärte der völlig unschuldige Bahnvorsteher von Herzogswalde. »Der Waggon ist statt nach Herzogswalde nach Eberswalde gegangen.«
    »Natürlich!« knurrte Kochlowsky böse. »Wenn man bei der Bahn Analphabeten beschäftigt …«
    »So etwas kann doch mal

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