Kochwut
ruf in Lübeck an. Die müssen uns noch ein Team und die von der Spusi herschicken.«
Nicht weit von der Stelle, an der sie sich jetzt befanden, gab es eine Tür an der rückwärtigen Wand des Kavaliershauses. Sie war der einzige Zugang auf dieser Seite und vielleicht vier Meter vom Fundort Leboutons entfernt. Angermüller beendete sein Telefonat, bückte sich und betrachtete das vertrocknete Gras genauer. Vor der kleinen Tür war es stark niedergetreten. Von dort zog sich eine nicht ganz so deutliche, aber immer noch sichtbare Schneise niedergedrückter und abgebrochener Halme zur Böschung des Hofgrabens, wo der Verletzte lag.
»Das sieht so aus, als ob man ihn hierher geschleift hat. Wahrscheinlich ist er im Haus niedergeschlagen worden. Auf den ersten Blick kann ich hier auch nirgends was entdecken, das als Tatwaffe gedient haben könnte.«
Der Kommissar richtete sich wieder auf.
»Hast du neulich von drinnen diese Tür gesehen?«
»Nö.«
»Ich auch nicht«, meinte Angermüller nachdenklich. »Aber ich bin mir fast sicher, dass die zu dem Lagerraum führen muss, wo auch die Kühlzelle steht. Mensch, Mensch, Mensch – mir dämmert was.«
»Lässt du deinen Kollegen auch an deinen Geistesblitzen teilhaben?«, fragte Jansen, stieg die Böschung hoch und besah sich ebenfalls die Schleifspur.
»Also: Nachdem Lebouton den Güldenbrook überzeugt hatte, dass der Pächter nicht für die Fleischdiebstähle infrage kommt, hatte der ja weiter nachgeforscht und tatsächlich einen anderen Verdächtigen gefunden. Er hatte Lebouton davon erzählt, und wie wir wissen, war der vollkommen anderer Meinung. Wahrscheinlich aber lag Güldenbrook mit seinem Verdacht goldrichtig. Er hat denjenigen darauf angesprochen oder ihn sogar auf frischer Tat ertappt und dafür mit seinem Leben bezahlt.«
»Okay, dann wissen wir jetzt, dass Güldenbrooks Mörder auch der Fleischdieb ist. Aber was hilft uns das?«
Jansen schien von den Ausführungen seines Kollegen nicht sonderlich beeindruckt, aber Angermüller ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Den Blick auf den Boden gerichtet, fuhr er fort, mit großer Konzentration seine Fragen zu stellen und den Faden weiterzuspinnen.
»Warum fand Lebouton den Verdacht seines Partners völlig abartig? Vielleicht weil er dieser Person noch weniger als Kalle Mientau so einen Betrug zutraute? Aber er wollte sich nicht allein auf sein Gefühl verlassen, sondern suchte hundertprozentige Gewissheit und hat deshalb selbst angefangen nachzuforschen, wie er Frau Dierksen ja auch erzählt hat. Offensichtlich ist er auch auf die richtige Fährte gelangt, sonst würde er nicht hier liegen.«
Plötzlich straffte er sich.
»Gut. Du bleibst bitte hier bei Herrn Lebouton und Frau Dierksen, Claus. Am besten forderst du auch noch ein paar Kollegen von der Streife zur Absperrung an. Der Notarzt wird ja hoffentlich bald eintreffen.«
»Und was machst du, während ich hier festfriere?«
»Ich muss jetzt mal da rein. Ich hab so eine Vermutung«, sagte der Kriminalhauptkommissar nur und ging schnellen Schrittes zu dem kleinen Durchlass in der Mauer.
Vor dem Kavaliershaus traf er auf Grit Fischer, die mal wieder gierig den Rauch einer Zigarette einsog. Er erkundigte sich bei ihr, ob die Lagerräume hier im Haus eigentlich immer abgeschlossen seien. Normalerweise schon, erklärte sie ihm, aber während der Produktion würden sie immer offen gehalten, da man ja den ganzen Tag da raus und rein müsse.
»Und was ist mit der Hintertür?«
»Welche Hintertür?«, fragte die Regieassistentin erstaunt.
»Schon gut. Ich schau mich ein bisschen um, ja?«, sagte Angermüller eilig.
»Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, antwortete sie, inzwischen schon nicht mehr ganz so freundlich.
Rasch betrat Angermüller das Kavaliershaus und begab sich, vorbei an dem sich langweilenden Sicherheitsmann, zu dem großen Lagerraum, streifte schnell die Schutzhandschuhe über und öffnete die Tür. Es dauerte einen Moment, bis die Neonbeleuchtung endlich ansprang. Der Geruch von Gemüse und Kartoffeln lag in der Luft. Eine innere Unruhe beherrschte ihn jetzt. Hier an diesem Ort liefen die Fäden zusammen. Er versuchte sich zu orientieren, in welche Richtung die Tür nach hinten liegen musste, und konnte auf den ersten Blick nichts entdecken. In der Mitte des Raumes standen die Paletten mit den Gemüsekisten, daneben die zwei geräumigen Gefriertruhen und ringsum an den Wänden angebrachte Metallregale. Doch dann fiel ihm eine
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