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Köhler, Manfred

Köhler, Manfred

Titel: Köhler, Manfred Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irrtümlich sesshaft
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behauptest, ich sei nur halbherzig beim Projekt dabei gewesen, aber mir war die Reise auch aus anderen Gründen wichtig und hat mir viel gegeben. Und ums Finanzielle ging es mir ja nie, allenfalls um die Chance, weitere Bücher zu machen.“
    „So war es doch eigentlich auch bei mir. Finanziell, ich schätze, dass ich da sogar mit dem Kalender besser dran bin.“
    „Na, dann ist doch alles in Ordnung.“
    „Ja, wahrscheinlich.“
    Sie saßen sich verlegen gegenüber.
    „Komisch“, sagte Lothar Sahm schließlich, „dass wir uns nicht vor den Reisen so ausgesprochen haben, ich meine, was jedem wichtig ist und was jeder erwartet. Vielleicht wäre dann alles harmonischer verlaufen.“
    „Wer weiß.“
    Sie schwiegen eine Weile. Er meinte schließlich, etwas Verbindendes sagen zu müssen.
    „Wir sind nämlich eigentlich gar nicht so unterschiedlich.“
    „Finde ich auch, wir sind ja doch meistens ganz gut miteinander ausgekommen.“
    „Genau. Wir haben nur viel zu viel Zeit damit verschwendet, lauter kleine Steinchen an Unähnlichkeiten zu sammeln und daraus mit der Zeit eine große Mauer zwischen uns zu bauen.“
    Sie schraubte genervt die Augen zur Decke.
    „Siehst du, das ist genau das, was deine Texte so schwer verdaulich macht, diese seltsamen Vergleiche, die keiner nachvollziehen kann.“
    „Also, anschaulicher geht es doch wohl nicht!“
    „Anschaulich ist nicht gleich gut.“
    „Ich schreibe also schlecht.“
    „Das habe ich nicht gesagt.“
    „Aber du meinst es!“
    „Nein. Im Gegensatz zu deiner Meinung über mich war ich immer grundsätzlich mit deiner Arbeit einverstanden.“
    „Was heißt denn: im Gegensatz?“
    „Du hast meine Arbeit nie ernst genommen. Wahrscheinlich ist es dir deshalb so schwer gefallen, sie als Grundlage für deine Arbeit zu nehmen.“
    „Aber das stimmt doch gar nicht!“
    „Doch, das hast du sogar mal gesagt.“
    „Das habe ich nie gesagt. Wann denn?“
    „Damals in Watson Lake.“
    „Was soll ich denn da gesagt haben?“
    „Du hast geschnaubt.“
    „Ich habe geschnaubt?“
    „Ja, als ich mich verspätet hatte in diesem Canyon und dir sagte, es sei wegen meiner Arbeit gewesen.“
    „Und da soll ich geschnaubt haben?“
    „Und zwar sehr spöttisch.“
    „Das hast du dir eingebildet!“
    „Schon gut, es ist inzwischen egal.“
    „Du, ich kann mich da wirklich nicht erinnern.“
    „Okay.“
    Also, wenn das alles ist, was uns zu sagen bleibt, dachte Lothar Sahm, uns aus der Luft gegriffene Vorwürfe um die Ohren zu hauen – dann lieber gar nichts sagen. Er schwieg, und sie stimmte in sein Schweigen ein. Immer mal wieder schauten sie sich kurz in die Augen, nur für Sekunden, fast erschrocken darüber, als sei das schon zu viel Intimität. Scheinbar interessiert ließ Ellen den Blick durchs Wohnzimmer wandern, und als sie alles gesehen hatte, ihr nichts mehr zu sagen einfiel und sie ihm nicht mehr ins Gesicht schauen wollte, stand sie auf, reichte ihm über seinen Couchtisch hinweg die Hand zu einem knappen kameradschaftlichen „Mach’s gut!“. Der erste Händedruck seit der Anfangszeit ihrer Partnerschaft, und immer noch zuckte er beim Anblick ihrer ausgestreckten Finger instinktiv zusammen, indes: Er spürte ihre Hand kaum, kalt und kraftlos lagen ihre Finger zwischen seinen. Rasch ließ er wieder los. Keiner von beiden hatte sein Saftglas angerührt. Ellen hinkte zur Tür. Lothar Sahm hätte der Abschied nichts ausgemacht, wäre ihm sogar eine Erleichterung gewesen, eine reine Formalie als offizieller Abschluss einer Zusammenarbeit, die längst abgeschlossen war, wäre da nicht ihre Behinderung gewesen.
    „Ellen?“, sagte er leise, bevor sie die Tür erreicht hatte. Sie drehte sich um. „Ist es das nun wert gewesen?“
    „Was meinst du?“
    „Na, das alles, dieser dauernde Streit und... du weißt schon, alles was zerstört wurde für nichts und wieder nichts.“
    „Ich weiß nicht, was du meinst.“
    „Ich meine deinen Fuß.“
    „Ach, du willst jetzt hören, dass du Recht hattest und ich mir durch meine Sturheit meine Gesundheit ruiniert habe?“
    „Es tut mir einfach weh, dich so zu sehen. Vielleicht ist es noch nicht zu spät für eine Operation. Warst du hier in Wallfeld beim Arzt seitdem?“
    „Ich bin schon operiert worden.“
    „Was – echt? Und?“
    „Nicht am Fuß. Vor sieben Jahren, ein Trümmerbruch in der Schulter, ich bin auf einer Eisplatte ausgerutscht. Ehrlich gesagt, seitdem steh ich nicht besonders auf

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